Personalmagazin 6/2018 - page 25

25
06/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
tensweisen im selben Maße (nur mit
umgekehrten Vorzeichen) mit Leistung
verknüpft sind, dann sollten Personaler
sowohl positive Verhaltensweisen bei
Führungskräften aufbauen, als auch ne-
gative Verhaltensweise abbauen. Beide
Ansätze sollten sich komplementär ergän-
zen, denn blinde Flecken wie das Dulden
von stark destruktiven Verhaltensweisen
können sich über mehrere Hierarchieebe-
nen ausbreiten, wie Studien belegen.
Ein Fragebogen zur Einschätzung
Um das Modell der integrativen Führung
in der Praxis der Führungskräfteent-
wicklung anwenden zu können, wurde
ein Fragebogeninstrument entwickelt,
mit dem sich die einzelnen Führungs-
und Kommunikationsverhaltensweisen
messen lassen. Um den Fragebogen zur
integrativen Führung, kurz FIF, mög-
lichst praktikabel und ökonomisch zu
halten, wurde er auf insgesamt vier
Module aufgeteilt, die zum Beispiel bei
Mitarbeiterbefragungen
unabhängig
voneinander eingesetzt werden können.
Soll beispielsweise Führungskräften ein
Feedback zu ihrem transformationalen
und transaktionalen Verhalten gegeben
werden, so reicht es aus, wenn die Mitar-
beiter lediglich Modul A des Fragebogens
bearbeiten. Soll hingegen ein umfassen-
des Bild über Führungs- und Kommuni-
kation erreicht werden, so können alle
vier Module gemeinsam eingesetzt wer-
den (siehe auch Tabelle).
Bisher gab es vereinzelte Instru-
mente zur Erfassung jeweils einzel-
ner Führungsstile, die im integrativen
Führungsmodell enthalten sind, zum
Beispiel der „Multifactor Leadership
Questionnaire“ (MLQ) zur Messung der
transformationalen und transaktionalen
Führung. Mit dem Fragebogen zur inte-
grativen Führung, der als Papier- und als
Online-Variante verfügbar ist, steht nun
erstmals ein Instrument bereit, welches
alle integrativen Führungsverhaltens-
weisen beinhaltet, und gleichzeitig die
Anwendung dieser Verhaltensweisen
durch Kommunikationsstile erleichtert.
Für die Weiterbildung nutzen
Der Fragebogen zur integrativen Füh-
rung (FIF) kann erstens für die Personal-
auswahl von (Nachwuchs-) Führungs-
kräften genutzt werden. Beispielsweise
können im Assessment Center Bewerber
auf Führungspositionen mithilfe des FIF
bewertet werden. Dabei beurteilen Per-
sonaler oder Manager das Verhalten der
Bewerber, die eine führungsnahe Situa-
tion in einem Rollenspiel durcharbeiten.
Zweitens kann der FIF bei der Ent-
wicklung von Führungskräften, zum
Beispiel durch Feedbackprozesse oder
Leistungsbeurteilungen eingesetzt
werden. Besonders in Trainings- oder
Coachingmaßnahmen kann der FIF
Aufschluss darüber geben, welche Füh-
rungsverhaltensweisen eine Führungs-
kraft bereits gut beherrscht und bei
welchen Verhaltensweisen noch Verbes-
serungsbedarf besteht. Die Erfahrung
zeigt, dass dabei besonders der Abgleich
zwischen dem Selbstbild der Führungs-
kraft und dem Fremdbild der geführten
Mitarbeiter wichtig ist. Denn dieser
Abgleich offenbart, wo sich die Füh-
rungskraft realistisch einschätzt, und
wo sie sich zu positiv oder zu negativ
bewertet. Seit Längerem ist in der Wis-
senschaft bekannt, dass eine möglichst
geringe Differenz zwischen Fremd- und
Selbstbild positiv für die Leistung der
Geführten ist.
Da der FIF alle 17 Verhaltensweisen der
integrativen Führung abbildet, kann der
PROF. DR. JENS ROWOLD
ist Diplom-Psychologe und
Inhaber des Lehrstuhls für
Personalentwicklung und
Veränderungsmanagement an der Techni-
schen Universität Dortmund.
Führungskraft ein sehr differenziertes
Feedback gegeben werden. Wie bereits
oben beschrieben, kann zudem die Perso-
nalabteilung vorher festlegen, welche der
vier FIF-Module (siehe Tabelle) aus Sicht
des Unternehmens oder des jeweiligen
Führungsleitbilds relevant sind.
Da der FIF umfangreich normiert ist,
können bei Feedbackgesprächen aussa-
gekräftige Vergleichswerte zurückge-
meldet werden. Der Feedbacknehmer
bekommt also Ergebnisse, die sein per-
sönliches Ergebnis in Bezug zum Ver-
halten von anderen Führungskräften
stellt. Dadurch bekommen die quantita-
tiven Ergebnisse eine höhere Relevanz
als bei anderen Instrumenten, die ent-
weder keine Normen oder Benchmarks
haben. Die Normierung wurde beim FIF
sowohl für die Selbstbild-Version als
auch für die Fremdbild-Version des FIF
durchgeführt.
Da die meisten (circa zwei Drittel) der
Veränderungsprozesse durch eine zu ge-
ringe Mitarbeitermotivation scheitern,
kann der FIF drittens eingesetzt werden,
um vor und während Veränderungspro-
zessen den beteiligten Führungskräften
Möglichkeiten zur Mitarbeitermotivati-
on aufzuzeigen. Da die FIF-spezifischen
Führungsverhaltensweisen eng mit der
Mitarbeitermotivation verknüpft sind,
eignen sie sich, um Maßnahmen zur Be-
gleitung von Veränderungsprozessen zu
identifizieren, wie die Kommunikation
einer veränderungsspezifischen Vision
oder die Unterstützung von Mitarbeitern
im laufenden Arbeitsprozess.
Destruktive Führung
beeinflusst Leistung ge-
nauso wie positive. Wird
destruktives Verhalten
geduldet, kann es sich
über die Hierarchieebe-
nen hinweg ausbreiten.
LITERTURTIPP
Der Fragebogen mit der ausführlichen
Beschreibung ist 2017 im Hogrefe-
Verlag erschienen unter dem Titel „FIF –
Fragebogen zur Integrativen Führung“.
1...,15,16,17,18,19,20,21,22,23,24 26,27,28,29,30,31,32,33,34,35,...84
Powered by FlippingBook