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06/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Das Interview führte
Daniela Furkel.
CONSTANZE BUCHHEIM
ist Gründerin der
Personalberatung I-Potentials. In dieser
Rolle hat sie das Wachstum vieler Start-ups
begleitet und Organisationskonzepte für das
Innovationszeitalter entwickelt.
Buchheim:
Diese ist mit der Übersetzungs-
leistung verbunden. Die Kunden sagen:
Wir brauchen jemanden, der uns hilft,
unser klassisches Unternehmen zu digi-
talisieren. Es geht darum, als Organisati-
on innovativer, schneller und beweglicher
zu werden und die Zukunftsfähigkeit zu
erhalten. Und es geht um die Frage: Wel-
che Person hole ich ins Unternehmen, die
den kulturellen Wandel begleiten kann?
personalmagazin:
Wie wirkt sich das auf
Executive Search aus?
Buchheim:
Wir können nicht mehr einfach
nur die fachliche Eignung als Auswahl-
kriterium nehmen. Stattdessen müssen
wir in der Diagnostik stärker auf persön-
liche und kulturelle Komponenten achten
– sowohl bei den Kandidaten als auch
bei den Unternehmen. An dieser Stelle
kommt die ständige Diskussion ins Spiel,
bei wem Digitalisierung aufgehängt ist.
Wenn ich das Thema an den CTO hänge,
betrachte ich nur die Technikkomponen-
te. Das Unternehmen wird vielleicht geni-
ale digitalisierte Prozesse haben, aber die
Menschen nicht mitnehmen, weil es die
Kultur nicht verändert. Aus meiner Sicht
setzt der echte Wandel dann ein, wenn
die obersten Köpfe des Unternehmens
verstanden haben, dass Digitalisierung
das gesamte Geschäft betrifft, und das
Thema ganzheitlich betrachten.
personalmagazin:
Wie wird sich die Zusam-
menarbeit zwischen Personalberatungen
und Unternehmen verändern?
Buchheim:
Was wir jetzt schon sehen, ist
eine deutlich stärkere Ergebnisgetrie-
benheit aufseiten der Unternehmen. Die
Branche kommt ja aus dem „Old Boys‘
Network“. Diese Beziehungsrelevanz
löst sich zunehmend auf. Das soll nicht
heißen, dass Vertrauen und Beziehung
in dem Geschäft, in dem wir tätig sind,
nicht mehr wichtig sind. Aber ich muss
in dieser Beziehung auch liefern. Mache
ich das nicht, wird diese Beziehung ge-
kappt. Aber auch die Unternehmen ge-
raten in Zugzwang, weil sie sich deutlich
schneller entscheiden und auch mal auf
Kompromisslösungen einlassen müssen,
wenn der Markt niemanden hergibt.
personalmagazin:
Wie sehen solche Kom-
promisse aus?
Buchheim:
Um einen Kompromiss vorzu-
schlagen, müssen wir wissen, warum die
passenden Kandidaten den Job nicht wol-
len. Ist das Gehalt zu niedrig? Liegt es am
Standort? Werden die Kanäle richtig aus-
gesteuert und mit dem richtigen Budget
belegt? Liegt es an der Attraktivität der
Arbeitgebermarke? Um den Knackpunkt
zu identifizieren, tracken wir die Absage-
gründe in unserem CRM-Tool, sodass wir
unsere Kunden datengetrieben beraten
können. Dann können sie sich basierend
auf Kennzahlen selbst entscheiden, wo
sie etwas ändern wollen, um die Position
letztlich zu besetzen.
personalmagazin:
Heißt das, dass gutes
Controlling für erfolgreiche Executive-
Search-Arbeit unerlässlich ist?
Buchheim:
Eine datengesteuerte Suche,
bei der Kennzahlen erhoben werden, die
aussagen, warum die Kandidaten kon-
vertieren oder warum nicht, ist grundle-
gend. Nur so kann die Personalberatung
erkennen, welche Anpassungen nötig
sind. Der Handlungsdruck ist hoch. Das
heißt, wir als Berater müssen schneller
werden und viel stärker dirigieren kön-
nen. Auf der anderen Seite muss der
Kunde schneller und kompromissberei-
ter in seiner Entscheidung werden.
personalmagazin:
Ist Executive Search heu-
te, im Zeitalter von Active Sourcing, über-
haupt noch so stark gefragt wie bisher?
Buchheim:
Beim Aufkommen von Xing
und Linkedin wurde gesagt: Jetzt ster-
ben alle Headhunter. Aber das stimmt
natürlich nicht. In dem Moment, in dem
jeder Active Sourcing betreiben kann,
tun dies auch alle. Dann ist das Problem
nicht mehr die Identifikation, sondern
das Überzeugen der Kandidaten. Für die
Executive-Search-Firmen steht die Frage
im Vordergrund, wie sie es schaffen, die
Kandidaten, die für ein Unternehmen
wirklich relevant sind, in den Prozess zu
bekommen. Dafür braucht es ein struk-
turiertes Vorgehen mit individueller An-
sprache und stetigen Follow-ups. Zudem
hat die bereits erwähnte Beratungskom-
ponente extrem an Bedeutung gewonnen,
weil viele Unternehmen Hilfe dabei benö-
tigen, ein Kandidatenprofil zu erstellen.
personalmagazin:
Wie viel Active Sourcing
in sozialen Netzwerken wie Xing und Lin-
kedin beinhaltet Executive Search heute?
Buchheim:
Noch relativ viel. Aber ähnlich
wie im Handel wird auch bei Executive
Search der Omnichannel-Ansatz wichti-
ger. Ich muss genau wissen, für welche
Position ich welche Kanäle sinnvoll nut-
zen kann. Manche Suchaufträge kann ich
ganz über mein eigenes Netzwerk und
bei Xing und Linkedin erledigen, ande-
re werde ich nur über Netzwerkempfeh-
lungen in Ergänzung mit webbasierter
Suche hinbekommen. Dabei kommt eine
interessante Neuerung ins Spiel, die in
Deutschland noch kaum verbreitet ist:
Sourcing-Hacks. Diese Hacks sind eine
Reihe neuer Methoden und Tools, die
Sourcer nutzen, um Kandidaten zu errei-
chen, die man über die klassischen Wege
und gängigen sozialen Netzwerke nicht
findet. Da verbirgt sich ein großes Inno-
vationspotenzial für das Headhunting.