Personalmagazin 6/2018 - page 14

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personalmagazin 06/18
TITEL
_ZEITENWENDE IM PEOPLE BUSINESS
die Digitalisierung der Prozesse, die Di-
gitalisierung des Geschäftsmodells und
die kulturelle Transformation. Zur Digi-
talisierung der Prozesse sage ich: Jede
Automatisierung ist ein Segen. Wenn ich
technische Unterstützung für Sourcing,
Identifizierung und Selektion habe, kann
ich mich stärker auf die Beratung kon-
zentrieren. Tools machen unsere Arbeit
besser, weil die Leistung des Personal-
beraters nicht mehr im reinen Identifi-
zieren von Kandidaten liegt. Früher war
das tatsächlich ein schwieriger Part, weil
man die Kandidaten nur per Telefon iden-
tifizieren konnte. Heute kann im Grunde
jeder auf Xing und Linkedin gehen.
personalmagazin:
Was bedeutet die Digita-
lisierung der Geschäftsmodelle für die
Personalberater?
Buchheim:
Heute entstehen laufend neue
Rollen, Funktionen, Tätigkeiten und
Geschäftsmodelle. An dieser Stelle müs-
sen sich Personalberater permanent
weiterentwickeln und mit den Markt-
gegebenheiten beschäftigen, weil sie
ansonsten ihren Kunden nicht helfen
können. Denn der Kunde hat selbst
schon den Überblick über die Vorgänge
am Markt verloren und kommt zu uns,
weil er zunächst Organisationsberatung
braucht. Das heißt, der Personalberater
wird mehr und mehr zu einem Überset-
zer der Business-Strategie in eine Peo-
ple-Strategie im digitalen Kontext. Das
muss eine moderne Personalberatung
heute leisten können.
personalmagazin:
Das führt zum dritten
Punkt: die kulturelle Transformation.
„Automatisierung ist ein Segen“
INTERVIEW.
Moderne Personalberatungen benötigen nicht nur zeitgemäße Tools und
Kennzahlen, sondern müssen auch ihre Prozesse anpassen, sagt Constanze Buchheim.
personalmagazin:
Sie betreiben Executive
Search für digitale Unternehmen. Was
machen Sie anders als traditionelle
Headhunter?
Constanze Buchheim:
Wir haben Executive
Search von Anfang an digital gedacht.
Vor gut zehn Jahren war ich HR-Manage-
rin in einem schnell wachsenden Start-
up. Diese Rolle wollte ich bald abgeben,
weil sie interimistisch war. Das war aber
nicht möglich, da ich keinen HR-Mana-
ger gefunden habe. Und die Kandidaten,
die uns Personalberater vorschlugen,
passten einfach überhaupt nicht in die
Wachstumsdynamik eines Digitalun-
ternehmens. Da haben wir gesagt: Wir
müssen das selber machen.
personalmagazin:
Das war der Start in Ihre
Laufbahn als Personalberaterin?
Buchheim:
Ja. Ich habe relativ schnell ge-
merkt, dass ich mit meinen zwei Jahren
Berufserfahrung in diesem noch neuen
Digitalsegment als Einäugige unter den
Blinden unterwegs war. Deshalb habe ich
2009 eine Personalberatung gegründet,
die sich damit auseinandersetzte, was di-
gitales Talent ist, wer in diese Unterneh-
men passt, was Digitalkultur bedeutet
und wie Menschen in diesen Unterneh-
men zusammenarbeiten. So sind wir mit
der deutschen Start-up-Szene gewach-
sen. Als viele deutsche Start-ups aus der
Gründerphase herausgewachsen waren
und ihre Führungsebene neu besetzten,
sind wir immer stärker in Richtung Exe-
cutive Search gegangen. Später fragten
uns auch die tradierten Unternehmen
an, digitale Talente für sie zu suchen.
Hierbei stellten wir fest: Nicht das Finden
und Identifizieren der Kandidaten ist das
Problem, die Herausforderung liegt viel-
mehr darin, dass die Kandidaten nicht in
diese Unternehmen gehen wollen.
personalmagazin:
Wie haben Sie reagiert?
Buchheim:
Es ist nicht damit getan, in die-
se Unternehmen jemanden reinzusetzen,
der nur sechs Monate bleibt und danach
frustriert geht. Vielmehr gilt es, eine
integrierte Perspektive einzunehmen:
Wie müssen Organisationen im digitalen
Zeitalter aufgestellt sein? Was bedeutet
das für die Talententwicklung? Wie sieht
die Kultur aus, in der diese Talente zu-
sammenarbeiten? Immer wichtiger wur-
de die Beratung, um zu erarbeiten, wer
überhaupt ein Talent ist, das zum Unter-
nehmen passt, und in welcher Kultur es
eingebunden wird.
personalmagazin:
Wie digital aufgestellt
sollte ein Executive-Search-Unternehmen
heute sein?
Buchheim:
Was heißt digital aufgestellt?
Grundsätzlich gibt es drei Komponenten:
„Tools machen unsere
Arbeit besser, weil die
Leistung nicht mehr im
reinen Identifizieren
von Kandidaten liegt,
sondern vor allem auch
in der Beratung.“
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