Personalmagazin 4/2018 - page 68

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RECHT
_SCHWELLENWERTE
personalmagazin 04/18
Weniger „anwenderfreundlich“ zeigt
sich der Gesetzgeber bei Schwellen­
werten außerhalb der Betriebsverfas­
sung. Indem er mitunter den Begriff
des „Arbeitgebers“ verwendet, gibt er
keine klare Antwort auf die Frage, ob
der Betrieb oder das Unternehmen der
richtige Anknüpfungspunkt ist. Als Bei­
spiele hierfür können der Schwellenwert
zum Rechtsanspruch auf Verringerung
der Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und
Befristungsgesetz oder die Vorschriften
zum Pflegezeitanspruch dienen.
In diesen Fällen bleibt nur der Blick
in die einschlägige Kommentierung, um
herauszufinden, welcher Auslegung bei
einem Streit um den Schwellenwert die
Arbeitsgerichte voraussichtlich folgen
werden. Im Zweifel ist jedoch damit zu
rechnen, dass mit dem Anknüpfungs­
punkt „Arbeitgeber“ eher das Unterneh­
men als der Betrieb gemeint sein soll.
Um die Verwirrung komplett zu ma­
chen: Es kann darüber hinaus Fälle
geben, bei denen weder an den Betrieb
noch an das Unternehmen, sondern an
eine andere Einheit anzuknüpfen ist. So
beispielsweise bei Schwellenwerten im
Bereich der Arbeitssicherheit, die sich
an der „Arbeitsstätte“ orientieren.
Herausforderung 2:
Einzubeziehende Personen feststellen
Meist wird für die Feststellung eines
Schwellenwerts auf Arbeitnehmer abge­
stellt. Nicht selten wird aber stattdessen
der Beschäftigte genannt. In diesem Fall
sind zum Beispiel auch arbeitnehmer­
ähnliche Selbstständige einbezogen.
Wichtig ist zudem der Blick auf mögli­
che Ausnahmen bei der Feststellung der
Betriebsgröße, beispielsweise die Frage,
ob Auszubildende auch einzubeziehen
sind.
Für jeden Schwellenwert gesondert zu
beantworten ist ebenfalls, ob beim Zäh­
len der Arbeitnehmer die vorhandenen
Teilzeitbeschäftigten nach dem Kopf­
prinzip uneingeschränkt oder nur antei­
lig einzurechnen sind. Eine nur anteilige
Berücksichtigung muss sich dabei aus
der jeweiligen Schwellenwertdefinition
ergeben. Dabei ist zudem zu beachten,
dass es hier noch unterschiedliche Ab­
stufungsvorgaben geben kann.
Herausforderung 3:
Der zu betrachtende Zeitraum
Schließlich ist auch noch der Zeitraum
für die Bestimmung der Arbeitnehmer­
zahl von Bedeutung. Bei den meisten
relevanten Schwellenwerten handelt es
sich um die „in der Regel“ beschäftigten
Arbeitnehmer. Besonderes Augenmerk
ist hier auf die Einbeziehung von befris­
tet Beschäftigten und von Aushilfskräf­
ten zu legen.
Abzustellen ist auf die Beschäftigungs­
lage, die im Allgemeinen für den Betrieb
kennzeichnend ist, ob die Arbeitskraft
also zum „normalen Geschäftsbetrieb“
zählt. Wichtig für mögliche Streitfälle
ist insoweit, dass eine Abweichung der
tatsächlichen Mitarbeiteranzahl von der
„Regelmitarbeiterzahl“ begründet wer­
den kann.
Anzahl der regelmäßig be-
schäftigten Arbeitnehmer
Vorschriften
im BetrVG
Auswirkung auf die Mitbestimmung
bis 20
§ 99 Abs. 1
§ 111 Abs. 1
Keine Mitbestimmung bei Einstellung, Eingruppie-
rung, Umgruppierung und Versetzung*;
Keine Informations- und Sozialplanpflicht bei
Betriebsänderungen *
ab 21
§ 110 Abs. 2
Mündlicher Bericht über wirtschaftliche Lage und
Entwicklung des Unternehmens*
ab 101
§ 106 Abs. 1
Pflicht zu Bildung eines Wirtschaftsausschusses*
ab 201
§ 27 Abs. 1
Ein Betriebsausschuss muss zwingend gebildet
werden (wenn neun Betriebsräte vorhanden);
Damit ist die Delegation von eigenständigen
Aufgaben auf einen Ausschuss möglich.
ab 301
§ 111 Abs. 1
Satz 2
Anspruch des Betriebsrats auf Hinzuziehung eines
Beraters bei Betriebsänderungen*
ab 501
§ 95 Abs. 2
Erweiterte Mitbestimmung in personellen Angele-
genheiten durch Initiativrecht des Betriebsrats auf
Abschluss von Auswahlrichtlinien
ab 1001
§ 110 Abs. 1
Pflicht zum schriftlichen Bericht über die wirtschaft-
liche Lage und Entwicklung des Unternehmens*
SCHWELLENWERTE IM BETRVG
Die Tabelle zeigt: Nicht nur bei der Größe des Betriebsratsgremiums spielt die Mitarbei-
teranzahl eine Rolle. Auch beim Inhalt der Mitbestimmungspflichten nach dem Betriebs-
verfassungsgesetz (BetrVG) sind Schwellenwerte zu beachten.
* Hier gilt nicht der Betrieb, sondern das Unternehmen als
Anknüpfungspunkt
THOMAS MUSCHIOL
ist
Rechtsanwalt im Arbeits- und
betrieblichen Sozialversiche-
rungsrecht in Freiburg.
Tabelle
Wann Arbeitnehmer Anspruch auf
Teilzeitarbeit haben (HI1811509)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
1...,58,59,60,61,62,63,64,65,66,67 69,70,71,72,73,74,75,76,77,78,...84
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