Personalmagazin 4/2018 - page 67

67
04/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
unterschiedlichen Regeln folgen kann.
Sie kann zum Beispiel auch solche Per­
sonen umfassen, die nicht Arbeitneh­
mer, sondern sonstige „Beschäftigte“
sind. Am weitesten geht dabei noch die
Zählweise der Betriebsverfassung, bei
der auch regelmäßig beschäftigte Leih­
arbeitnehmer bei der Bestimmung des
Schwellenwerts einzubeziehen sind.
Ebenfalls Systemlosigkeit herrscht bei
der Frage, ob teilzeitbeschäftigte Arbeit­
nehmer gesondert zu bewerten sind oder
der Schwellenwert allein durch eine Be­
trachtung nach „Köpfen“ zu erfolgen hat.
Für die Praxis bedeutet dies: Das Er­
stellen und Aktualisieren einer allge­
meingültigen „Betriebsgrößenliste“ zum
Abgleich mit Vorschriften zu Schwellen­
werten ist ein untauglicher Versuch. Viel­
mehr müssen aufgrund der heterogenen
Voraussetzungen für jeden einzelnen
Schwellenwert separate Aufstellungen
geführt werden. Dabei können sich fol­
gende, bereits angedeutete Herausforde­
rungen stellen:
Herausforderung 1:
Die Organisationseinheit feststellen
Zunächst muss ergründet werden, wel­
che organisatorische Einheit der An­
knüpfungspunkt für die Schwellenwert­
betrachtung ist. An dieser Stelle zeigt
sich, dass der Begriff „Kleinbetrieb“ in
die Irre führen kann.
Soweit in der entsprechenden Vor­
schrift der Betrieb ausdrücklich als
Referenzpunkt genannt wird, ist die
Verwendung des Begriffs „Kleinbetrieb“
stimmig, weil die arbeitstechnische Or­
ganisationseinheit zugrunde zu legen ist.
Diese Betrachtung wird insbesondere im
Bereich des Betriebsverfassungsrechts
deutlich, bei dem der Betrieb eindeutig
als gesetzlicher Regelfall benannt ist.
Die Fälle, in denen ausnahmsweise das
Unternehmen als Anknüpfungspunkt
dienen soll, sind in den jeweiligen Vor­
schriften ausgewiesen.
Anzahl der Arbeitnehmer
oder Beschäftigten
Vorschrift
Auswirkung
Zählweise
Anknüpfungspunkt
bis 10
§ 23 KSchG
Keine Geltung des Kündigungs-
schutzgesetzes (KSchG)
Teilzeitbeschäftigte anteilig;
Keine Anrechnung von
Auszubildenden
Betrieb
ab 11
Abschnitt 4.2.
ArbStättV
Einrichtung eines Pausenraums
Kopfprinzip
Arbeitsstätte
ab 16
§ 8 Abs. 7 TzBfG Anspruch auf Teilzeit
Kopfprinzip:
Keine Anrechnung von
Auszubildenden
Unternehmen
ab 16
§ 3 Abs. 1 Satz
2 PflG
Rechtsanspruch auf Pflegezeit
Kopfprinzip;
Gezählt werden Beschäftigte (dazu
zählen auch arbeitnehmerähnliche
Selbstständige)
Unternehmen
ab 20
§ 154 SGB IX
Beschäftigungspflicht von
schwerbehinderten Menschen
Sonderfall: Ermittlung der Anzahl der
Arbeitsplätze (im Sinne des § 156 SGB IX)
Unternehmen
ab 21
§ 11 ASiG
Bildung eines
Arbeitsschutzausschusses
Teilzeitbeschäftigte anteilig
Betrieb
ab 26
§ 2 Abs. 1 S4
FPfzG
Rechtsanspruch auf
Familienpflegezeit
Wie bei der allgemeinen Pflegezeit;
Aber: Keine Anrechnung von
Auszubildenden
Unternehmen
bis 30
§§ 1, 3 AAG
Erstattungsanspruch für
Entgeltfortzahlung (U1-Verfahren)
Teilzeitbeschäftigte anteilig;
Keine Anrechnung von
Auszubildenden;
Keine Anrechnung von
schwerbehinderten Menschen
Betrieb
ab 201
§ 12 Entgelt-
transparenz-
gesetz
Individueller Auskunftsanpruch zur
Überprüfung der Einhaltung des
Entgeltgleichheitsgebots
Kopfprinzip
Betrieb
SCHWELLENWERTE AUSSERHALB DER BETRIEBSVERFASSUNG
QUELLE: THOMAS MUSCHIOL
Die in der Tabelle aufgeführte Auswahl an Schwellenwerten außerhalb des Betriebsverfassungsrechts (siehe auch die Tabelle zu den
Schwellenwerten innerhalb des BetrVG) zeigt, dass sich eine allgemeingültige Definition eines Kleinbetriebs sowie eine Festlegung auf eine
bestimmte Mitarbeiterzahl aus den jeweiligen Vorschriften nicht ableiten lässt. Das liegt vor allem an den – je nach Gesetz – unterschiedli-
chen Gründen, weshalb Arbeitgeber erst ab einer bestimmten Mitarbeiteranzahl mit arbeitsrechtlichen Pflichten belastet werden sollen.
1...,57,58,59,60,61,62,63,64,65,66 68,69,70,71,72,73,74,75,76,77,...84
Powered by FlippingBook