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04/18 personalmagazin
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Auf der Grundlage einer schriftlichen
Führungsvereinbarung schlossen sich
die A-GmbH und die B-GmbH mit Wir
kung zum 1. April 2016 zu einem Ge
meinschaftsbetrieb zusammen und
einigten sich darauf, zukünftig das
Werk P gemeinsam zu führen. Dem
entsprechend wurde der geänderte
Geschäftszweck der B-GmbH, der nun
ebenfalls auf die Entwicklung und Pro
duktion von Beschlägen gerichtet war,
in das Handelsregister eingetragen.
Gleichzeitig wurde die einheitliche
Leitung des Gemeinschaftsbetriebs
entsprechend der Regelungen der Füh
rungsvereinbarung installiert. Die we
sentlichen Arbeitgeberfunktionen, wie
beispielsweise Einstellungen, Entlas
sungen, Versetzungen, Krankmeldung
und Urlaubsgewährung wurden nun
mehr unternehmensübergreifend von
der einheitlichen Leitung des Gemein
schaftsbetriebs entschieden.
Ab dem 1. Juli 2016 wurden Arbeit
nehmer, deren befristete Verträge mit
der A-GmbH ausgelaufen waren, er
neut sachgrundlos und zu geänderten
außertariflichen Bedingungen bei der
B-GmbH im Werk P weiterbeschäftigt.
Der Betriebsrat des Werks verlangte da
raufhin die Unterlassung des weiteren
Vollzugs des Gemeinschaftsbetriebs und
widersprach jeglichen Neueinstellungen
im Gemeinschaftsbetrieb aufgrund
eines behaupteten Verstoßes gegen die
Bestimmungen des Tarifvertrags sowie
des AÜG. Die zuvor bei der A-GmbH be
schäftigten Arbeitnehmer haben zudem
gerichtlich die Feststellung beantragt,
dass aufgrund der Weiterbeschäftigung
im Werk P ein unbefristetes Arbeitsver
hältnis mit der A-GmbH bestehe.
Der nunmehr auch für die B-GmbH
zuständige Betriebsrat bekämpfte den
Gemeinschaftsbetrieb gleich an zwei
Fronten: Zum einen durch die Gel
tendmachung eines Anspruchs auf
Unterlassung der Fortführung des Ge
meinschaftsbetriebs wegen des Zusam
menschlusses mit der B-GmbH (§ 111
Nr. 3 BetrVG; Zusammenschluss mit
anderen Betrieben oder die Spaltung
von Betrieben) unter Missachtung der
Beteiligungsrechte des Betriebsrats.
Zum anderen blockierte der Betriebsrat
den Gemeinschaftsbetrieb, indem die
ser bei jeglichen (Neu-)Einstellungen
der B-GmbH seine Zustimmung zu der
beabsichtigten personellen Maßnahme
verweigerte. Beide Strategien führten
letztlich nicht zu dem – vom Betriebs
rat – gewünschten Ziel. Dennoch bleibt
prinzipiell festzuhalten, dass jedes Un
ternehmen seine individuelle Konstel
lation vorab genau prüfen lassen sollte.
Pro und Contra Betriebsänderung
Grundsätzlich besteht Einigkeit da
hingehend, dass die Gründung eines
Gemeinschaftsbetriebs durch den Zu
sammenschluss von zwei bestehenden
Betrieben die tatbestandlichen Voraus
setzungen des § 111 Nr. 3 BetrVG er
füllen kann. Dabei ist der Begriff des
„Betriebs“ anerkanntermaßen von dem
Begriff des „Unternehmens“ zu trennen.
Der Betrieb dient einem arbeitstechni
schen Zweck, das Unternehmen regel
mäßig einem wirtschaftlichen Zweck.
Im vorliegenden Fall bestand jedoch
die Besonderheit, dass bei der B-GmbH
vor der Gründung des Gemeinschafts
betriebs keinerlei operativer Betrieb
bestand. Weder verfügte sie vor dem
Zusammenschluss über Betriebsmittel
noch über Arbeitnehmer – und damit
über keinen eigenen Betrieb. Sie war
eine „leere Hülle“, eine bloße Vorratsge
sellschaft, die erst seit der Invollzugset
zung des Gemeinschaftsbetriebs einen
eigenen arbeitstechnischen Zweck – den
Betrieb des Werks P – verfolgt.
Das LAG Rheinland-Pfalz hat die Fra
ge der Betriebsänderung im Rahmen des
vorbezeichneten Unterlassungsverfah
rens letztlich offengelassen. Es hat den
Anspruch des Betriebsrats im Ergebnis
deshalb abgelehnt, weil – unabhängig
von der ebenfalls streitigen Anerken
nung eines allgemeinen Unterlassungs
anspruchs des Betriebsrats – jedenfalls
kein Anspruch auf „Rückgängigma
chung“ des bereits vollzogenen Gemein
schaftsbetriebs bestünde.
Zusammenfinden für den gemeinsamen Betriebszweck:
Ein Gemeinschaftsbetrieb kann die Personalkosten senken.
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In Rechtsprechung und
Literatur ist anerkannt:
Rechtstechnisch schlie
ßen sich ein Gemein
schaftsbetrieb und das
Vorliegen von Arbeit
nehmerüberlassung aus.