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RECHT
_GEMEINSCHAFTSBETRIEB
personalmagazin 04/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Die besseren Argumente sprechen
gegen das Vorliegen einer Betriebsände
rung, denn eine solche ist ohne spürbare
Änderungen auf betrieblicher Ebene
kommt schlicht nicht denkbar.
Keine Umgehung des AÜG?
In diversen Verfahren vor dem Arbeits
gericht Trier, die auf die Ersetzung der
Zustimmung des Betriebsrats zu einer
beabsichtigten Einstellung bei der B-
GmbH gerichtet waren, haben in der
Folge sämtliche Kammern entschieden:
Durch den wechselseitigen Personalein
satz im Gemeinschaftsbetrieb liegt weder
ein Verstoß gegen tarifliche Bestimmun
gen (mangels Tarifbindung der B-GmbH)
noch eine rechtsmissbräuchliche Umge
hung der Vorschriften des AÜG vor.
Die Interessenlage der Arbeitnehmer
im (gewillkürten) Gemeinschaftsbetrieb
sei nicht mit der Interessenlage der Par
teien bei der Arbeitnehmerüberlassung
vergleichbar. Während der Leiharbeitneh
mer typischerweise mit wechselnden Ein
satzorten, wechselnden Tätigkeiten, einer
räumlichen Entfernung zum Vertragsar
beitgeber sowie einem hohen Lohn- und
Bestandsrisiko konfrontiert sei, ist dies
bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer im
Gemeinschaftsbetrieb gerade nicht der
Fall. Die Arbeitsbedingungen im Gemein
schaftsbetrieb seien vielmehr durch ihre
Kontinuität geprägt. Die Arbeitnehmer
übten dort eine gleichbleibende Tätig
keit, bei gleichbleibenden betrieblichen
Ansprechpartnern aus (Stichwort: Aus
übung des arbeitsvertraglichen Wei
sungsrechts). Mangels vergleichbarer
Interessenlage sei eine Übertragung des
Schutzzwecks des AÜG nicht geboten.
Die Entscheidung wurde durch das
LAG Rheinland-Pfalz (Az. 4 TaBV 9/17)
bestätigt und die vom Betriebsrat einge
legte Beschwerde gegen den Beschluss
des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.
Vorbeschäftigung bei Befristung?
Parallel dazu haben die Arbeitnehmer,
die nunmehr bei der B-GmbH zu verän
derten Bedingungen weiter beschäftigt
wurden, ebenfalls Klagen erhoben. Diese
waren gerichtet auf die Feststellung ei
nes unbefristeten Arbeitsverhältnisses,
da aufgrund der Vorbeschäftigung keine
wirksame sachgrundlose Befristung des
Arbeitsverhältnisses möglich sei.
Das Vorbeschäftigungsverbot des §
14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG steht jedoch
einer weiteren sachgrundlosen Befris
tung bei dem jeweils anderen Partner
des Gemeinschaftsbetriebs nicht grund
sätzlich entgegen. Nach dem ausdrück
lichen Wortlaut des § 14 Absatz 2 Satz
2 TzBfG ist eine (sachgrundlose) Befris
tung nur dann nicht zulässig, wenn mit
demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein
befristetes oder unbefristetes Arbeits
verhältnis bestanden hat.
Überwiegend wird angenommen, dass
mit dem Arbeitgeber der jeweilige Ver
tragsarbeitgeber in Bezug genommen
wird. Durch den Zusammenschluss im
Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebs
geht die Eigenschaft als Vertragsar
beitgeber jedoch gerade nicht verloren;
dies wird insoweit auch durch die Recht
sprechung zur Nichtanwendbarkeit des
(unternehmensübergreifenden) Gleich
behandlungsgrundsatzes im Gemein
schaftsbetrieb gestützt.
Den Einzelfall prüfen
Im Einzelfall kann jedoch nicht ausge
schlossen werden, dass eine unmittel
bare Anschlussbeschäftigung von den
Arbeitsgerichten als rechtsmissbräuch
lich angesehen wird. Aber selbst wenn:
Ausgeschlossen ist eine Weiterbeschäf
tigung der Arbeitnehmer zu den tarif
lichen Bedingungen der A-GmbH, da
für die Frage der Rechtmäßigkeit der
Befristung lediglich auf die letzte Be
schäftigung bei der B-GmbH abzustel
len ist. Vor diesem Hintergrund hat das
LAG Rheinland-Pfalz (Az. 4 Sa 136/17)
auch im Rahmen der Berufungsinstanz
die Klage auf Feststellung eines unbe
fristeten Arbeitsverhältnisses mit der
A-GmbH abgewiesen.
Die gegen die Befristung des Arbeits
verhältnisses klagenden Arbeitnehmer
haben sich unter anderem auf den Stand
punkt gestellt, dass sich eine Fortsetzung
des Arbeitsverhältnisses mit der A-GmbH
hilfsweise aus einer entsprechenden An
wendung des § 15 Absatz 5 TzBfG ergeben
würde. Wird danach das Arbeitsverhältnis
mit Ablauf der Zeit, für die es eingegan
gen wurde, mit Wissen des Arbeitgebers
fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte
Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber
nicht unverzüglich widerspricht.
Die Arbeitnehmer haben diesbezüglich
vorgebracht, dass sie ihre Tätigkeit – trotz
des Arbeitsvertrags mit der B-GmbH – tat
sächlich auch weiterhin für die A-GmbH
erbracht haben. Die neuen Arbeitsverträ
ge mit der B-GmbH seien lediglich zum
Schein abgeschlossen worden und damit
gemäß § 117 Absatz 1 BGB nichtig.
Diesem Ergebnis steht jedoch bereits
der Wortlaut des § 15 Absatz 5 TzBfG ent
gegen. Aufgrund des Abschlusses eines
neuen Arbeitsvertrags mit dem neuen
Vertragsarbeitgeber kann regelmäßig
nicht konkludent angenommen werden,
dass der Arbeitnehmer trotz seiner ak
tuell bestehenden arbeitsvertraglichen
Verpflichtung lediglich das „alte Arbeits
verhältnis“ fortsetzen wollte. Vor diesem
Hintergrund ist für eine Anwendung des
§ 15 Absatz 5 TzBfG kein Raum.
Auch die Grundsätze des § 117 Absatz
1 BGB sind auf die vorliegende Konstel
lation nicht übertragbar. Typischerwei
se dient ein Scheingeschäft dazu, das
Bei Befristungen ist es
im Einzelfall nicht aus
zuschließen, dass eine
direkte Anschlussbe
schäftigung im Gemein
schaftsbetrieb rechts
missbräuchlich ist.