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07/17 personalmagazin
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In diesen Fällen liegt rechtlich – je-
denfalls dann, wenn das Betriebsrats-
mitglied sein Kommen gegenüber dem
Betriebsratsvorsitzenden angekündigt
hat – kein Verhinderungsfall im Sinne
des Betriebsverfassungsgesetzes vor.
Das Gleiche gilt für den Fall des Ru-
hens des Arbeitsverhältnisses – insbe-
sondere bei einer Abwesenheit in der
Elternzeit. Auch hier liegt die Entschei-
dung in der Hand des Betriebsratsmit-
glieds, ob es seine Betriebsratstätigkeit
fortsetzt oder nicht. In dieser Situation
ist ein Rückgriff auf den Begriff der be-
zahlten Freistellung – der Betriebsrat
hat ja seine Arbeit nicht unterbrochen
– nicht möglich. Daher greift hier der
Grundsatz, dass die Betriebsratstätigkeit
rein ehrenamtlich und daher unbezahlt
durchgeführt wird.
Wie ist aber die Rechtslage, wenn ein
Betriebsratsmitglied sein Amt außerhalb
seiner Arbeitszeit ausübt, also beispiels-
weise nach Feierabend noch an einer
Besprechung teilnimmt oder in der Spät-
räte auf den Lohnlisten der Unterneh-
mer stehen. Er muss sich daher fragen,
wie der Begriff der Unentgeltlichkeit zu
verstehen ist. Die Antwort: Unter Unent-
geltlichkeit im Sinne des BetrVG ist zu
verstehen, dass für die Betriebsratstätig-
keit selbst kein Entgelt gezahlt werden
darf. Dass ein Betriebsrat gleichwohl
die Zeiten seiner Betriebsratstätigkeit
vergütet bekommt, wird durch die Frei-
stellungsregelung in § 37 Abs. 2 BetrVG
erreicht. Darin heißt es, dass „Mitglieder
des Betriebsrats von ihrer beruflichen
Tätigkeit ohne Minderung des Arbeits-
entgelts zu befreien sind“.
Betriebsratsvergütung:
Wenig Probleme – im Normalfall
Nach alledem mag der geneigte Leser
denken, dass Probleme bei der Entgelt-
abrechnung hier gar nicht auftreten
können. Der Theorie der Unentgelt-
lichkeit mag er zudem die Bemerkung
entgegensetzen: „Ich muss doch ein-
fach das Gehalt weiterzahlen.“ Wird
mit diesem Einwand der Grundsatz der
Unentgeltlichkeit und die Einstufung
der Betriebsratsarbeit als Ehrenamt für
den Betriebspraktiker also zu „unnüt-
zem Wissen“? Oder noch schlimmer:
Führt es nicht eher die Beteiligten in
die Irre, wenn im Zusammenhang mit
der Lohnfindung von „unentgeltlicher
Betriebsratstätigkeit“ die Rede ist? Ein
berechtigter Einwand, der immer dann
gilt, wenn es um den sogenannten Nor-
malfall geht. Also der Sachverhalt, in
dem ein Mitarbeiter ein festes Gehalt
bezieht, seine Arbeitszeit gelegentlich
für Betriebsratssitzungen unterbricht
und am Monatsende seine vereinbarte
Lohnauszahlung vorfindet.
Wie immer besteht in der betrieblichen
Praxis die Welt aber nicht nur aus Nor-
malfällen, sondern ist gespickt mit Son-
derfällen. Diese können damit beginnen,
dass Betriebsratstätigkeit außerhalb der
persönlichen Arbeitszeit durchgeführt
wird, sich über Fragen der Abwesenheit
wegen Schulungsmaßnahmen hinziehen
und sich schließlich noch auf Probleme
der Vergütung für Betriebsratstätigkeit
während Krankheits- oder Urlaubszeiten
erstrecken. Streitfragen sind bei all die-
sen Sonderfällen mit dem scheinbaren
Grundsatz der „bezahlten Freistellung
von der Arbeitspflicht“ nicht zu lösen.
Sonderfall: Betriebsrat in der Freizeit,
Elternzeit oder bei Krankheit
Gerade in Sonderfällen muss sich der
Betriebspraktiker zur rechtlich richti-
gen Lösung zwangsläufig mit dem Be-
griff des „unentgeltlichen Ehrenamts“
auseinandersetzen. Insbesondere in
den Fällen der freiwilligen Teilnahme
an Betriebsratssitzungen bei Fehlzeiten
ist dies von Bedeutung.
Wenn also ein Mitglied des Betriebs-
rats trotz krankheitsbedingter Ar-
beitsunfähigkeit oder während seines
Urlaubs für die Teilnahme an einer Be-
triebsratssitzung im Betrieb auftaucht,
dann wirkt sich die strikte rechtliche
Trennung von „richtiger“ Arbeit zu eh-
renamtlicher Betriebsratstätigkeit aus.
Eine große praktische Bedeutung hat die grundsätzliche Einstufung der Betriebsratstä-
tigkeit als unbezahltes Ehrenamt auch für den Bereich der Bewertung als Arbeitszeit.
Grundsätzlich, da sind sich die Experten einig, unterliegt die Betriebsratstätigkeit
nicht den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes. Nach einer aktuellen Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18.1.2017, Az. 7 AZR 224/15) kann sich jedoch ein
Betriebsrat auf „die Wertung“ des Arbeitszeitgesetzes dann berufen, wenn er eine
Nachtschicht ausfallen lässt, weil es ihm nicht möglich ist, zwischen dem Ende der
Nachtschicht und dem Beginn einer anberaumten Betriebsratssitzung eine ausreichende
Ruhezeit einzulegen. Bei der Beurteilung, ob dem Betriebsratsmitglied in einer solchen
Situation die Fortsetzung der Arbeit in der Nachtschicht wegen der bevorstehenden Be-
triebsratstätigkeit unzumutbar sei, ist das Arbeitszeitgesetz zwar nicht direkt anzuwen-
den, aber dessen Wertung bezüglich einer ausreichenden Ruhezeit zu berücksichtigen.
Was die Entgeltseite betrifft, so hat diese Entscheidung folgende Nebenwirkung: Ob-
wohl die Zeiten der ausgefallenen Nachtschicht nicht deckungsgleich mit der konkreten
Betriebsratstätigkeit sind, zählen sie als Zeiten, die „wegen der Betriebsratstätigkeit“
ausgefallen sind. Da somit hier das uneingeschränkte Lohnausfallprinzip greift, konnte
das Betriebsratsmitglied auch erreichen, dass ihm die entgangene Nachtschichtzulage
gezahlt werden musste.
Keine Arbeit, kein Arbeitszeitgesetz
EHRENAMT