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RECHT
_MUTTERSCHUTZ
personalmagazin 12/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
wird in Form einer Rechtsgrundverwei-
sung die arbeitsrechtliche Beurteilung
des bisherigen Adressatenkreises – näm-
lich Arbeitnehmerinnen – ausgeweitet.
Das stellt eine tief greifende Änderung
dar, durchbricht sie doch – für das Mu-
SchG – den Grundsatz, dass der arbeits-
rechtliche Arbeitnehmer unabhängig
vom sozialversicherungsrechtlichen Be-
schäftigtenbegriff zu bestimmen ist. An-
ders ausgedrückt: Über die Anwendung
des MuSchG bestimmt künftig eine so-
zialversicherungsrechtliche Definition.
Ausweislich der Gesetzesbegründung
hatte der Gesetzgeber dabei die Fälle der
GmbH-Gesellschafter im Fokus. Hier ist
es durchaus üblich, dass diese arbeits-
rechtlich als Selbstständige, sozialversi-
cherungsrechtlich aber als Beschäftigte
gelten – sofern sie nicht aufgrund einer
gesellschaftsvertraglichen Mehrheits-
beteiligung oder einer anderen gesell-
schaftsrechtlichen Vereinbarung als
echte Unternehmer auch im Sinne der
Sozialversicherung einzustufen sind.
Die Erweiterung des Arbeitnehmer-
begriffs auf Beschäftigte im Sinne der
Sozialversicherung ist auch Folge einer
Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs (EuGH). Dieser hatte im Fall
„Danosa“ den Schluss gezogen, dass ein
Mitglied der Unternehmensleitung einer
Kapitalgesellschaft als Arbeitnehmer
anzusehen ist, wenn es seine Tätigkeit
für eine bestimmte Zeit nach der Wei-
sung oder unter der Aufsicht eines an-
deren Organs dieser Gesellschaft ausübt
und als Gegenleistung für die Tätigkeit
ein Entgelt erhält. Angestellte Fremd-
geschäftsführerinnen beziehungsweise
Geschäftsführerinnen, die an der Gesell-
schaft keine Mehrheitsbeteiligung oder
Sperrminorität besitzen, sind nach dem
Verständnis des EuGH damit Arbeitneh-
merinnen und unterliegen daher auch
den Regelungen des MuSchG.
Neu: Arbeitnehmerähnliche Personen
Frauen, die wegen ihrer wirtschaftlichen
Unselbstständigkeit als „arbeitnehmer-
ähnliche Personen“ anzusehen sind, wer-
KEINE ARBEITNEHMERIN, ABER BESCHÄFTIGTE
Im Fall der Buchhalterin handelt es sich sozialversicherungs- und arbeitsrechtlich um
eine echte Selbstständige. Im Einzelfall kann dennoch das MuSchG anwendbar sein.
Schwangere
Frau
Deutsche
Rentenversicherung
Arbeitsgericht
Die Arbeitsgerichte gehen hier
im Regelfall nicht von einem
Arbeitnehmerstatus aus.
Eine Beschäftigte ist jetzt aber
„Frau“ im Sinne des neuen
Mutterschutzgesetzes
Die Sozialversicherungsträger
gehen aufgrund einiger BSG-
Entscheidungen in der Regel von
einem Beschäftigtenstatus aus.
Alle Frauen in einer Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV.
Auch „Nichtarbeitnehmer“ können sich künftig auf Kündigungsschutz während der
Schutzfristen berufen, wenn sie Beschäftigte sind. Sie bekommen dann einen Zuschuss
zum Mutterschaftsgeld und Mutterschutzlohn im Falle von Beschäftigungsverboten.
„Ich bin Geschäfts
führerin einer GmbH,
an der ich mit 48
Prozent beteiligt bin.“
Im Beispiel der GmbH-Geschäftsführerin unterscheiden sich Arbeitnehmer- und Beschäf
tigtenstatus. Künftig gilt Sozialversicherungsrecht für die Anwendung des MuSchG.
den künftig auch in den Schutzbereich
des neuen MuSchG einbezogen. Dies
sind Personen, die unstreitig Selbststän-
dige sind, also weder arbeitsrechtlich als
Arbeitnehmer einzustufen sind, noch
in einem sozialversicherungsrechtli-
chen Beschäftigungsverhältnis stehen.
Den Begriff des arbeitnehmerähnlichen
Selbstständigen gibt es schon immer im
Arbeitsrecht. Er bewirkt, dass bestimm-
te Selbstständige in den Schutzbereich
einiger arbeitsrechtlicher Gesetze ein-
bezogen werden – zum Beispiel in den
des Bundesurlaubsgesetzes. Der Begriff
Schwangere
Frau
Deutsche
Rentenversicherung
Arbeitsgericht
Arbeitsrechtlich ist die Buchhal
terin selbstständig, aber eine
arbeitnehmerähnliche Person
– und daher nur in einzelne
Arbeitsgesetze einbezogen.
Sie ist jetzt auch „Frau“ im
Sinne des Mutterschutzgesetzes
(§ 1 Abs 2 Satz 1).
Die Sozialversicherungsträ
ger haben im Einzelfall die
Selbstständigkeit akzeptiert
(LSG NRW, Urteil vom
22.6.2016, L 8 R 1013/15).
Sie kann sich künftig zum Beispiel auch auf Kündigungsschutz berufen, erhält aber keinen
Zuschuss zum Mutterschaftsgeld und Mutterschutzlohn bei einem Beschäftigungsverbot.
Sie kann künftig ihre Leistung während der Schutzfristen und während eines Beschäfti
gungsverbots einstellen, ohne dass sie damit vertragsbrüchig wird.
„Ich bin Buchhalterin
mit eigenem Büro und
im Wesentlichen nur für
eine große Steuerbera
tergesellschaft tätig.“
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