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12/16 personalmagazin
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J
etzt wird er also kommen, der neue
§ 611a BGB mit einer kodifizierten
Definition des Arbeitnehmers. Die
Vorschrift ist zwar aus vorhandener
Rechtsprechung zusammengeschnip
selt. Aber: Sie ist gut gemacht und ohne
die Fehler der vorherigen Versionen.
Ist sie also unschädlich, aber eben auch
überflüssig? Vielleicht wird dieses Urteil
der Regelung nicht gerecht. Richtig ist:
Der Gesetzgeber will damit keine Ände
rung der Rechtslage herbeiführen. Aber
er hat die Chance genutzt, Irritationen zu
begegnen. Der vorschnellen Eingemein
dung von Selbstständigen in den Arbeit
nehmerstatus wird eine Absage erteilt.
Schließlich haben zuletzt einige Unter
nehmen, vielleicht aus übervorsichtigem
Willen zur Compliance heraus, Aufträge
Von
Gregor Thüsing
an Selbstständige storniert. Die Angst war
groß, dass das Verrichtete inWahrheit die
Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers ist.
Davon waren auch Aufgaben erfasst, die
bislang völlig unverdächtig waren. Die
Folge: Eine „Flucht in die Leiharbeit“ –
auch wenn es diese gar nicht gebraucht
hätte. Bislang selbstständige Hochqua
lifizierte standen so vor der Wahl: eine
GmbH gründen und sich von dieser über
lassen lassen oder den Auftrag verlieren.
Gesetzgeber stützt das BAG
Nun wählte der Ausschuss für Arbeit
und Soziales bei der AÜG-Novelle zu
Recht klare Worte (siehe Kasten). Die
Beschlussempfehlung gehört – als letzte
Äußerung des Bundestags im Gesetzge
bungsverfahren – zu den Materialien,
die bei der Ermittlung des Willens des
Gesetzes zwingend heranzuziehen sind.
Der Gesetzgeber erkennt, dass auch
in der Personalarbeit Augenmaß gefragt
ist. Wer selbstständig ist, darf also auch
so behandelt werden, gerade die Bezug
nahme auf die Artistenentscheidung des
Bundesarbeitsgerichts zeigt dies. Hier
hatte das BAG die Selbstständigkeit ei
ner Artistengruppe bestätigt, obwohl die
Tätigkeit vollständig im (Zirkus-)Betrieb
des Auftraggebers ausgeführt wurde – in
Zusammenarbeit mit anderen Artisten
und ohne jeden Entscheidungsspiel
raum hinsichtlich Inhalt und Zeitpunkt
der Diensterbringung. Diese Rechtspre
chung hat nun den gesetzgeberischen
Ritterschlag erfahren. Und was für Ar
tisten recht ist, kann für Berater und IT-
Ingenieure nur billig sein.
Es bleibt also dabei: Maßgeblich ist
die persönliche Abhängigkeit, die ty
pologisch anhand von Hilfsindizien
begründet werden muss. Es gibt keine
notwendigen und keine hinreichenden
Kriterien. Und: Die Sichtung des Einzel
falls ist erforderlich. Schon Alfred Hueck
stellte in seinem Lehrbuch von 1928 zum
Kriterium der persönlichen Abhängig
keit fest, es sei zuzugeben, „dass dieses
Merkmal nicht ein ganz scharfes ist“,
doch sei an ihm festzuhalten, weil „ein
besseres Kriterium bisher nicht nachge
wiesen ist“. Das gilt noch heute, wo das
neue Recht nun Anker für die Entwick
lung der Rechtsprechung sein kann.
Freie Wissensarbeiter gestärkt
MEINUNG.
Nicht schädlich, nicht hilfreich: So bewertete Gregor Thüsing in der April-
Ausgabe die gesetzliche Arbeitnehmer-Definition. Den neuen Versuch sieht er positiv.
PROF. DR. GREGOR THÜSING
ist Direktor des Instituts für
Arbeitsrecht an der Universität
Bonn.
Der Bundestagsausschuss wählte in der Beschlussempfehlung (BT-Drucks. 18/10064,
Seite 13 f.) klare Worte, die auch zur Auslegung des Gesetzes heranzuziehen sind.
Der Ausschuss stellte fest: „Das Gesetz ziele nicht darauf ab, die unternehmerische Tätig-
keit beispielsweise von Beratungsunternehmen einzuschränken. Die Neuregelung solle
dem sachgerechten Einsatz von Werk- und Dienstverträgen in den zeitgemäßen Formen
des kreativen oder komplexen Projektgeschäfts nicht entgegenstehen [...]. Dabei solle zum
Beispiel eine für die Tätigkeit eines Beraters typische Bindung hinsichtlich des Arbeitsorts
an eine Tätigkeit im Betrieb des beratenen Unternehmens allein regelmäßig keine per-
sönliche Abhängigkeit gegenüber letzterem begründen. Vielmehr solle [...] eine wertende
Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, ob unter Berücksichtigung aller maßgebenden
Umstände des Einzelfalls eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers erfolgt.“
Zeitgemäße Formen nicht verhindern
PARLAMENT