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ORGANISATION
_GESUNDHEITSFÖRDERUNG
personalmagazin 12/16
in aller Regel aber nicht erforderlich. Ei-
ne ausreichende Rechtsgrundlage ergibt
sich also nicht allein aus dem Gesetz.
Eine Betriebs- beziehungsweise
Dienstvereinbarung zwischen Arbeitge-
ber und Betriebs- oder Personalrat kann
auch verbindliche Normen für alle Ar-
beitnehmer eines Betriebs formulieren.
In einer solchen Vereinbarung können
Details hinsichtlich des Datenumgangs
innerhalb des Unternehmens für die
Arbeitnehmer spezifiziert werden. Im
höchstpersönlichen Bereich der Erfas-
sung von Gesundheitsdaten für Zwecke
der BGF sollte allerdings jeder betroffene
Beschäftigte selbst einwilligen. Mit einer
entsprechenden Einwilligung drückt der
Beschäftigte imVorfeld sein Einverständ-
nis mit der Datenerhebung, -nutzung
und -verarbeitung aus. Da dieser Aspekt
für die praktische Durchführung von ge-
sundheitsförderlichen Maßnahmen in
Unternehmen und Behörden besondere
Relevanz besitzt, wird er im nachfol-
genden Kapitel detailliert ausgeführt.
Kernstück der Information ist die
Einwilligung durch die Mitarbeiter
Kernstück der Information sowie der Ein-
bindung von Beschäftigten bildet die um-
fassende Einwilligung, die dem gesamten
Datenumgang eine sichere Rechtsgrund-
lage verleiht. Im Kontext der digitalen
BGF müssen bei der Einwilligung beson-
dere Herausforderungen berücksichtigt
werden, schließlich handelt es sich um
sensible Daten zum mehr oder weniger
guten Gesundheitszustand, die in einem
Umfeld erfasst werden, in dem Leistung
beziehungsweise Leistungsfähigkeit eine
ganz entscheidende Rolle spielen. Hinzu
kommt, dass es insbesondere bei digita-
len Lösungen eine Vielzahl an beteiligten
Parteien gibt (unter anderem Arbeit-
nehmer, Arbeitgeber, BGF-Dienstleister,
Smartphone-Hersteller, Telekommunika-
tionsanbieter, App-Programmierer), was
die Frage aufwirft, wer hinsichtlich des
Datenumgangs über welche Rechte und
Möglichkeiten verfügt. In Bezug auf die
Gestaltung einer Einwilligung sind zu-
nächst fünf allgemeine Anforderungen
zu erfüllen (zur näheren Definition dieser
Begriffe siehe Kasten rechts):
• Freiwilligkeit
• Bestimmtheit
• Angemessenheit
• Widerruflichkeit
• Informiertheit
Insbesondere an die Frage, ob der Ein-
willigende tatsächlich ausreichend in-
formiert wurde, werden hohe Anforde-
rungen gestellt. Im Einzelnen sollten bei
der Information die folgenden Aspekte
genau spezifiziert werden:
Zweck der BGF-Maßnahme: Die bloße
Information, dass es sich um eine ge-
sundheitsfördernde Maßnahme handelt,
ist nicht hinreichend. Stattdessen sollte
detailliert ausgeführt werden, welche Ab-
sicht hinter den einzelnen Maßnahmen
steht. Wird etwa ein Aktivitäts-Tracker
eingesetzt, so sollten die Betroffenen in-
formiert werden, ob dies lediglich zum
Zwecke einer individualisierten Rück-
meldung erfolgt, ob diese Informationen
in einen Bericht für das Unternehmen
einfließen oder ob beispielsweise die Ge-
samtschrittzahl aller Beschäftigten am
Unternehmensstandort A mit jener vom
Standort B verglichen wird.
Art der Daten und Umgang damit: Es
sollte dargestellt werden, welche Daten
auf welche Art und Weise erhoben und
wie diese nachfolgend verarbeitet werden.
Dazu zählt die Information, um welche
Datenkategorien (zum Beispiel Fragen
zum Aktivitätsverhalten) oder welche Da-
tenfelder (zum Beispiel Messung mittels
Schrittzähler) es sich handelt. Ebenso
sollte ausgeführt werden, ob die Daten
von Betroffenen selbst geliefert (zum
Beispiel durch Beantwortung von Fragen
auf dem Smartphone), automatisch er-
fasst (zum Beispiel zu Fuß zurückgelegte
Strecke mittels GPS) oder womöglich von
Dritten eingegeben werden (zum Beispiel
Chancen digitaler BGF
Risiken digitaler BGF
Erschließung neuer, bisher vernachlässigter
Zielgruppen
•
Außendienstmitarbeiter
•
Beschäftigte an kleinen Standorten
•
Beschäftigte auf Reisen oder im Homeoffice
•
junge, technologieaffine Beschäftigte
Datensicherheit und Datenschutz
•
Unklarheit bezüglich des Speicherorts der
Daten und des Zugriffs darauf
•
Art und Umfang der erfassten Daten
•
Dauer der Datenspeicherung
•
Datennutzung und Datenmissbrauch durch
den Arbeitgeber oder Dritte
Vernetzung von individueller und unterneh-
merischer Gesundheitsförderung
Überforderung der Nutzer mit Technik und im
Umgang mit eigenen Gesundheitsdaten
Elemente mit Gamification-Ansatz ermögli-
chen Abteilungswettbewerbe oder Standort-
vergleiche
Weitere Zunahme des ohnehin hohen
Medienkonsums
Mögliche Nutzung als Controlling-Instrument Fragwürdige Qualität und Messgenauigkeit
vieler Angebote
Steigerung der Arbeitgeberattraktivität
ÜBERBLICK
Während die Befürworter der digitalen BGF in erster Linie die vielfältigen Potenziale
dieser Entwicklung ins Feld führen, bringen die Kritiker vor allem Bedenken hinsichtlich
der Datensicherheit und des Datenschutzes zum Ausdruck.