personalmagazin 07/2015 - page 21

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07/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
strukturierten Interviews durchlaufen;
zuweilen ein halbes Jahr lang. Hier wie
anderswo stützt sich Google vor allem
auf Daten. Hat etwa ein Googler ein Peer-
Interview mit einem Bewerber durchge-
führt, muss er dies anhand bestimmter
Kriterien dokumentieren, bevor eine
Gruppe unparteiischer Mitarbeiter die
Einstellungsentscheidung trifft.
Auch bei allen anderen Alltagsaufga-
ben lautet das Führungscredo, die Mitar-
beiter so wenig wie möglich zu managen,
sie stattdessen selbst so viele Entschei-
dungen wie möglich treffen zu lassen –
schließlich kennen sie ihre Aufgabe am
besten. Die Freiheit der Mitarbeiter zieht
sich bis hin zum Thema Gehalt: Jeder
Mitarbeiter darf jedem anderen jederzeit
einen (firmenfinanzierten) Geldpreis von
175 US-Dollar zukommen lassen und ihn
auch für eine Beförderung vorschlagen.
Nicht nur Regenbogen und Einhörner
Doch nicht alles bei Google beruht auf
Mitarbeiterentscheidungen: Bei jeder
Einstellung ist CEO Larry Page der fina-
le Gutachter. Können sich Mitarbeiter
bei Meinungsverschiedenheiten nicht
einigen, wird der Konflikt stufenweise
nach oben eskaliert. „Hierarchie ist bei
Entscheidungen wichtig“, schreibt Bock.
„Es ist die einzige Möglichkeit, ein Patt
aufzulösen, was am Ende des Tages eine
der primären Führungsaufgaben ist.“
Auch bei der Gehaltshöhe geht es we-
nig basisdemokratisch zu: Bock spricht
sich explizit dafür aus, die Mitarbeiter
ungleich zu bezahlen, also Top-Per-
former weitaus besser zu vergüten als
andere Mitarbeiter. Ganz im Sinne der
googleschen Fehlerkultur, die auch Pro-
jekte fördert, deren Erfolg ungewiss ist,
belohnt Google zuweilen auch Mitarbei-
ter, die „brilliant gescheitert“ sind.
Überhaupt nimmt das Scheitern in
Bocks Buch großen Raum ein. Den Schat-
tenseiten des New-Work-Ansatzes bei
Google widmet er sogar ein ganzes Kapi-
tel mit dem schönen Titel „Es gibt nicht
nur Regenbogen und Einhörner“. Hier
geht Bock etwa darauf ein, dass Googler
ihre Freiheit zuweilen missbrauchen.
Jedes Jahr gebe es etwa ein größeres Da-
tenleck, und jedes Mal werde der Mitar-
beiter gefeuert – egal, ob er absichtlich
oder unabsichtlich dafür verantwortlich
ist. Dennoch ist das Google-Management
bereit, den Preis der Freiheit zu bezah-
len: „Die Kosten eines Datenlecks sind
gering im Vergleich zu der Offenheit,
die wir alle genießen.“ Ein weiterer
wunder Punkt: Wer seinen Mitarbeitern
uneingeschränkte Freiheit gibt, muss
zuweilen mit einem Wust von Ideen und
Meinungen kämpfen. Das macht einen
Konsens schwierig und raubt Zeit, Geld
und Nerven. Google versucht, dem etwa
mit einem jährlichen „Frühjahrsputz“
beizukommen, bei dem der CEO top-
down entscheidet, welche Projekte be-
endet und welche weitergefüht werden.
Mittel zum Zweck – und Selbstzweck
Die Beispiele zeigen: Zwar ist nicht al-
les beim New-Work-Konzept à la Google
neu; manches mutet gar traditionell
an und vieles ist einfach datenbasierte
HR-Arbeit. Grundlegend ist dabei, die
Zusammenarbeit konsequent auf eine
Vertrauenskultur aufzubauen.
Gänzlich ohne Lavalampen, Sitzsä-
cke und Co. kommt diese freilich nicht
aus: Bock macht sich dafür stark, Mit-
arbeitern auch äußerliche Annehmlich-
keiten zu bieten wie Services auf dem
Firmengelände – vom Friseurbus über
die Reinigung hin zur Maniküre im Kon-
ferenzraum –, um die Effizienz und Inno-
vationsfähigkeit der Googler zu steigern.
Aber auch einfach so, um ihnen das Le-
ben leichter zu machen. Denn: Mitarbei-
ter gut zu behandeln, so Bock, sei beides
– Mittel zum Zweck und Selbstzweck.
Mehr Eindrücke von der Arbeitsumge-
bung bei Google bekommen Sie in der
Bildergalerie in der App. Dort finden
Sie auch ein Video, in dem Laszlo Bock
seine New-Work-Prinzipien erläutert.
Laszlo Bock ist Senior Vice President of People Operations bei Google Inc. in
Mountain View, Kalifornien. Er ist im Jahr 2006 zu den „Googlern“, wie Goog-
le-Mitarbeiter sich selbst nennen, gestoßen. Zuvor war der gebürtige Rumäne
als Personaler bei General Electric und Berater bei McKinsey & Company tätig.
BILDERGALERIE
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