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07/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
sondern einer, der die Instrumente der
agilen Arbeitsweise kennt und Hinder-
nisse wie Termin- oder Denkblockaden
organisatorisch aus dem Weg räumt.
Die Arbeitsschritte von der Geschäfts-
idee bis zur Kundenfreundlichkeit bau-
en hier nicht aufeinander auf, sondern
werden parallel vorangetrieben.
Das Team für den Online-Wein-Shop,
der mit den Großen der Branche wie Ha-
wesko und Jaques‘ Wein-Depot konkur-
riert, hat eine schmale Säule mit Handy
neben seinen Arbeitstischen installiert,
auf dem jeder, der vorbeikommt, die Be-
dienfreundlichkeit testen kann. Und am
Wine-Wednesday werdenWeine probiert.
Alle zwei Wochen stellen die Teams ih-
re Projekte in öffentlichen Meetings vor.
Zumindest wenn es mit der eigenen Ar-
beit harmoniert, kann jeder Beschäftigte
die Präsentation in der Arena verfolgen
– einem Eck mit weißen Sitzbänken und
einem Bildschirm, über den Charts flat-
tern. Wissen und Ideen sollen nicht ge-
hortet, sondern offen verbreitet werden.
„Just do it“ heißt die Devise, ein
Index erfasst die „Happiness”
Bei Rewe digital gibt es keine fixierten
Arbeitszeiten, im Homeoffice schaffen
darf jeder, wenn es passt. Alle Mitarbei-
ter haben ein Mobiltelefon, alle Termine
werden über Google erfasst, es gibt ein
Wiki. Just-do-it heißt die Devise. „Die Ar-
beitszeit wird mit Sinnhaftem gefüllt“,
so der Personalmann optimistisch. Tat-
sächlich sitzen überall Grüppchen und
stecken die Köpfe zusammen oder kom-
munizieren über ihre Bildschirme hin-
weg. Alle vier Wochen wird der Happi-
ness-Index veröffentlicht.
Kaffee, Wasser und Obst sind kosten-
frei. Einen Betriebsrat haben die Mitar-
beiter nicht gewählt, die Tarifverträge
des Konzerns gelten nicht. Ohnehin sind
E-Commerce-Mitarbeiter hoch dotiert,
weil sie rar sind. Die Bewerber fragen
nach persönlichen Freiheiten und Eigen-
verantwortung. Jobticket, 30 Tage Urlaub
und Plätze in der Rewe-Kita Lino sowie
an der konzerneigenen Akademie sind
Bonbons für Mitarbeiter, die berufser-
fahren sind, das Unileben einige Jahre
hinter sich haben und sich für länger ein-
richten. Personalentwicklung ist geplant,
aber „die Mitarbeiter entwickeln sich
selbst weiter, weil sie technikaffin sind
und die Technik sich kontinuierlich ver-
ändert“, meint Personalchef Leinesser.
Personalabteilung im Open Office
Hauptaufgabe der Personaler ist seit
dem Start 2013 und dem Umzug ins
Carlswerk 2014 die Rekrutierung von
Mitarbeitern. Die Abteilung mit drei
Mitarbeitern und zwei Studierenden hat
ihr Großraumeck mit einem Stoppschild
gekennzeichnet – Datenschutz im Open
Office. An der Wand hinter den Perso-
nalerschreibtischen hängen Klebezettel
in ordentlichen Reihen, auf denen die
potenziellen Mitarbeiter stehen – geglie-
dert nach dem Stand der Bewerbung: Te-
lefoninterview, Erstgespräch mit Team-
leiter und Fachabteilung, Zweitgespräch
mit dem Geschäftsführer des Bereichs.
Wer besteht, dessen Post-it wandert in
die nächste Spalte. Das Verfahren ist zeit-
intensiv. Und: Die Probezeit wird ernst
genommen. „Wir sind ein Start-up für
Erwachsene“, so Leinesser, der StudiVZ
und Pixelpark begleitete. „Wir brauchen
Mitarbeiter, die gerne selbstständig den-
ken, aber auch Verantwortung für ihren
Beitrag übernehmen.“ Teamtermine
zu versäumen, würde die gemeinsame
Sache ebenso bremsen wie ein starkes
Freizeitbedürfnis an Sonnentagen. Und
damit jeder neue Mitarbeiter weiß, wie
das Geschäft funktioniert und sich nicht
in technischen Spielereien verliert,
fährt er einen Tag lang mit auf Ausliefe-
rungstour. Mit dem Rewe-Lieferwagen.
© RALF BAUER
Platz für Besprechungen:
Auch in dem Netz oben
kann man die Gedanken
frei schweben lassen.
RUTH LEMMER
arbeitet als freie Journalis-
tin in Düsseldorf.