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MANAGEMENT
_PERSONALDIAGNOSTIK
personalmagazin 07/15
P
ersönlichkeitsfragebogen erfreu-
en sich wachsender Beliebtheit.
80 Prozent von 245 befragten
deutschsprachigen Unterneh-
men setzen laut einer Onlinebefragung
aus dem Jahr 2013 personaldiagnostische
Verfahren ein. Entsprechend werben
zahlreiche Anbieter von Persönlichkeits-
fragebogen um die Gunst der potenziellen
Kunden. Der Markt ist aber weitgehend
intransparent. Gelungenes Marketing tritt
oft an die Stelle solider Informationen. So
ist es dem Webauftritt einiger Anbieter
zufolge möglich, dass Mitarbeiter mit-
hilfe der Fragebogen ihre Persönlichkeit
gezielt entwickeln können. Sie lernen so,
glaubt man der Werbung, besser zu kom-
munizieren und effektiver zu führen.
DIN-Standards sind bekannt
Im vorliegenden Beitrag soll es jedoch
nicht darum gehen, ob und in welchem
Ausmaß derartige Werbeversprechen
eingehalten werden. An anderer Stelle
wurde bereits publiziert, wie man die
Qualität eines Persönlichkeitsfrage-
bogens beurteilt. Das Diagnostik- und
Testkuratorium hat die gängigen Qua-
litätsstandards, wie zum Beispiel die
Standards der DIN 33430 zur Personal-
beurteilung, zu einem System verdichtet
und Beurteilungsrichtlinien verabschie-
det (zu finden unter
Neben diesen allgemeinen Qualitätskri-
terien gilt, dass im beruflichen Kontext
nur Informationen erhoben und bewertet
werden sollen und dürfen, die in einem
Von
Pascale Stephanie Bothe
und
Martin Kersting
Bezug zu den beruflichen Anforderun-
gen stehen. Bei Persönlichkeitsfragebo-
gen wie den „Reiss Profilen“, bei denen
man Informationen zu Dimensionen wie
Eros oder Essen erhält, dürfte es grund-
sätzlich schwerfallen, diesen Bezug
herzustellen. Fragebogen, zu denen die
beurteilungsrelevanten Informationen
wie Reliabilität und Validität nicht vor-
liegen, sollte man nicht einsetzen.
Qualität der Gutachten im Fokus
Im vorliegenden Artikel widmen wir uns
einer anderen, bislang vernachlässigten
Frage: Wie werden die Ergebnisse von
Persönlichkeitsfragebogen aufbereitet?
Wie sehen die Gutachten aus? Schließ-
lich ist die Qualität der Fragebogen eine
notwendige, aber nicht hinreichende Vo-
raussetzung, um die mit ihrem Einsatz
verbundenen Ziele zu erreichen. Um
Menschen zu motivieren, sich konstruk-
tiv mit den auch kritischen Ergebnissen
auseinanderzusetzen, müssen die Er-
gebnisse zutreffend sein und zugleich
annehmbar vermittelt werden.
Wir möchten mit dem vorliegenden
Beitrag dazu anregen, das Thema der
Aufbereitung der Ergebnisse von Per-
sönlichkeitsfragebogen künftig stärker
zu beachten und zu beforschen. In einer
ersten Annäherung haben wir uns die
Gutachten zu einigen Persönlichkeits-
fragebogen angeschaut. Dabei haben
wir keine Mustergutachten der Anbieter
analysiert, sondern echte Gutachten, so-
dass die Daten der Studie unmittelbar
aus der Personalpraxis stammen. Die
Gutachten haben wir aufgrund eines
Aufrufs erhalten, der auch im Personal-
magazin erschienen ist.
Von den 23 Gutachten, die uns zur Ver-
fügung gestellt wurden, mussten wir vier
von der Analyse ausschließen, da sie ent-
weder unvollständig waren oder es sich
nur um Mustergutachten oder vorläufige
Versionen handelte. 19 Gutachten, jedes
von einem anderen Anbieter, wurden in
die Analyse mit einbezogen. Die Auswahl
der Verfahren ist somit nicht von uns ge-
steuert und keinesfalls repräsentieren die
ausgewählten Verfahren den Markt. Un-
sere Analysen und die abgeleiteten Aus-
sagen beschränken sich auf das jeweils
zugrunde liegende einzelne Gutachten.
Wir nehmen beispielsweise nicht in An-
spruch, über „das“ Hogan-Gutachten zu
sprechen. Hogan bietet, wie andere An-
bieter auch, zahlreiche Gutachtenvarian
ten an. Uns liegt nur ein Gutachten vor.
Im gleichen Sinn ist zu beachten,
dass sich die Gestaltung der Gutachten
über die Zeit hinweg verändert haben
kann, wir analysieren nur das zu einem
definierten (und von uns benannten)
Zeitpunkt erstellte Gutachten und be-
Das Ergebnis ist entscheidend
STUDIE.
Persönlichkeitsfragebogen können nützliche Informationen liefern. Doch
dafür müssen auch die zugehörigen Gutachten den Mindeststandard aufweisen.
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Diese Frage wurde bis-
her oft vernachlässigt:
Wie werden die Ergeb-
nisse von Persönlich-
keitsfragebogen auf-
bereitet und in einem
Gutachten dargestellt?