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07/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Das Interview führte
Kristina Enderle da Silva.
Zugehör:
Wir haben angefangen, die
Teamleiterpositionen
abzuschaffen.
Noch gibt es einige, da nicht alle Teams
schon so weit sind, dass sie selbst Ver-
antwortung übernehmen. Aber wir ar-
beiten daran, dass wir mehr und mehr
Teamleiter auch in andere Bereiche
transferieren. Dort übernehmen sie
fachliche Aufgaben.
personalmagazin:
Warum ist das wichtig?
Zugehör:
Das entspricht der Scrum-Logik:
Die Aufgaben der Führungskraft sind
dabei auf verschiedene Schultern ver-
teilt: Es gibt den „Product Owner“, der
zusammen mit dem Kunden die Priori-
täten für den nächsten Sprint festlegt.
Das Team selbst stimmt sich darüber
ab, wie viel Arbeitsvolumen es überneh-
men möchte. Da sagt kein Chef, wie viel
das Team zu erledigen hat. Daneben gibt
es noch den „Scrum Master“. Dieser hat
die Aufgabe zu beobachten, ob das Team
die Prozesse einhält, zum Beispiel, ob
die täglichen Stand-ups stattfinden.
Oder er greift ein, wenn ein Product Ow-
ner das Team zu Aufgaben drängen will.
personalmagazin:
Gab es Kündigungen, als
Sie auf Scrum umgestellt haben?
Zugehör:
Ja, im Vertrieb sind uns Leute
abgesprungen. Sie haben sich in unse-
rer neuen Struktur nicht wohl gefühlt.
Es gibt gerade im Vertrieb relativ viele
Leute, die einfach keine Teamplayer
sind. Aber um eine Enterprise-Software
zu verkaufen, ist es extrem wichtig, sich
Unterstützung von Kollegen zu holen.
Das kann eben nicht jeder. Ähnlich ist
das beim Thema Verantwortung.
personalmagazin:
Inwiefern?
Zugehör:
Ich bin immer wieder über-
rascht, wie groß die Herausforderung
für viele Mitarbeiter ist, eigenverant-
wortlich zu arbeiten. Das ist aber essen-
ziell für unsere Organisation: Wenn wir
als Geschäftsführung Verantwortung
abgeben, müssen die Mitarbeiter auch
bereit sein, diese Verantwortung zu
übernehmen.
personalmagazin:
Überfordert das nicht
einfach viele Menschen?
Zugehör:
Das kann schon sein, dass das
einige überfordert. Darum achten wir
schon im Recruiting darauf, Mitarbeiter
zu gewinnen, die eigenverantwortlich
arbeiten können und wollen. Aber wir
sehen es auch als unsere Aufgabe, die
Mitarbeiter dazu zu befähigen, sich da-
hin gehend weiterzuentwickeln. Dafür
braucht es viel Transparenz. Schließlich
kann jemand nicht eigenständig etwas
entscheiden, wenn er gar nicht weiß,
was unsere Vision und Ziele sind. Es
braucht den nötigen Weitblick. Darum
veranstalten wir einen „Review Day“, zu
dem alle Mitarbeiter und auch Kunden
eingeladen sind. Dort stellen wir unsere
Vision und auch erfolgreiche Projekte
vor. Außerdem veranstalten wir monat-
lich „Company Meetings“, bei denen
alle Mitarbeiter Fragen stellen können
– auch anonym. Wir, die Geschäftsfüh-
rung, beantworten alle oder geben sie
auch an Mitarbeiter, die sich dazu bes-
ser auskennen, weiter. Zudem veröffent-
lichen wir immer die wichtigsten Kenn-
zahlen für das Unternehmen.
personalmagazin:
Unsere Bundesarbeits-
ministerin hat Sie zum Auftakt ihrer
Kampagne zu Arbeiten 4.0 besucht.
Inwiefern ist Ihre Arbeitsweise auch ein
Marketinginstrument?
Zugehör:
Wir machen das alles nicht nur,
weil es draußen gut ankommt. Aber das
ist ein schöner Nebeneffekt, der uns na-
türlich auch nutzt – gerade im Employer
Branding: Wir schalten heute praktisch
keine Stellenanzeigen mehr. Die meis-
ten neuen Mitarbeiter kommen über
die Netzwerke unserer Arbeitnehmer zu
uns.
personalmagazin:
Welche weiteren positiven
Effekte hat Ihre Arbeitsweise für Sie?
Zugehör:
Da gibt es viele Gründe. Ich
denke, das ist die Arbeitsweise, die den
meisten Menschen mehr Spaß macht.
Die Arbeit wird sinnstiftender, die Mit-
arbeiter können sich stärker beteiligen
und damit steigt auch die Performance.
Unsere Teams können inzwischen einen
wesentlich höheren Komplexitätsgrad
in ihren Aufgaben bewältigen – das
messen wir in Komplexitätspunkten für
einzelne Aufgaben. Aber selbst wenn
die Performance nicht in der Art steigen
würde, würden wir das weiterführen –
weil es einfach mehr Spaß macht.
ORGANIGRAMM
QUELLE: MOVINGIMAGE24
Das Organigramm von Movingimage24 soll verdeutlichen: COO und CEO stehen ganz
unten – sie geben Entscheidungskompetenzen ab. Ziel ist es, Hierarchien abzubauen.
Customer
COO
CEO
Business Administration
Customer Relations Management
Marketing, Sales,
Business Development
Software Development & Infra-
structure Video Production
Product & Project
Management