12
SZENE
_DIGITALISIERUNG
personalmagazin 07/15
Wert auf eine gute Vereinbarkeit. Wir
wollen nicht, dass unsere Mitarbeiter
ihr Privatleben am Arbeitsplatz verbrin-
gen. Sie sollen bewusst auch abschalten
können und nach Hause gehen. Das ent-
spricht unseren Wertvorstellungen.
personalmagazin:
Im Silicon Valley wird
von disruptiven Veränderungen geredet,
die auf etablierte Märkte und Unterneh-
men zukommen. Bringt die Digitalisie-
rung auch eine radikale Veränderung für
das Unternehmen Bosch mit sich?
Kübel:
Nein, ich sehe die Veränderungen
als einen evolutionären Prozess. Wir
sind vielmehr ein Gestalter des Wan-
dels. Bosch ist als Technologieführer in
etablierten und neuen Märkten erfolg-
reich. Unsere innovative Arbeitskultur
und unsere Mitarbeiter sind die Basis,
Produkte für die künftig vernetzte Welt
zu schaffen.
personalmagazin:
Der Arbeitsdirektor von
Volkswagen rechnet damit, dass durch
die Digitalisierung jeder zweite Arbeits-
platz in den Fabriken wegfällt. Gibt es
solche Szenarien auch für Ihre Fabriken?
Kübel:
Wir sehen in der vernetzten Pro-
duktion eine große Chance, weil wir
eine Doppelstrategie verfolgen. Bosch ist
nicht nur Leitanwender, sondern auch
Leitanbieter. Einerseits entwickeln und
vermarkten wir Industrieausrüstung für
vernetzte Fabriken. Andererseits setzen
wir diese Technologien weltweit in unse-
ren Werken ein. Als Arbeitgeber haben
wir damit einen Wettbewerbsvorteil und
nutzen die Erfahrungen für unsere Per-
sonalarbeit. Die menschenleere Fabrik
„Wertorientierte Arbeitskultur“
INTERVIEW.
Bosch zählt zu den Vorreitern bei Industrie 4.0 und sieht sich gut gerüstet
für den Wettbewerb mit Google & Co. – auch bei der Arbeits- und Innovationskultur.
personalmagazin:
Bosch verändert wahr-
nehmbar seine Unternehmenskultur:
Ergebnis- statt Präsenzkultur, die Mitar-
beiter können während der Arbeit soziale
Medien nutzen. Orientieren Sie sich bei
der Veränderung an den Unternehmen
im Silicon Valley?
Christoph Kübel:
Bei Bosch nutzen wir Im-
pulse von außen, orientieren uns aber
an unseren Werten, unserem Auftrag
und an unserem Leitmotiv „Technik fürs
Leben“. Als internationales Technolo-
gie- und Dienstleistungsunternehmen
leben wir von der Kreativität und dem
Know-how unserer hochqualifizierten
Mitarbeiter. Wir wollen mit unseren
Produkten und Dienstleistungen die Le-
bensqualität der Menschen verbessern
und helfen, natürliche Ressourcen zu
schonen. Unsere Arbeitskultur ist ein
wichtiger Impulsgeber für diese Inno-
vationskraft. Deshalb entwickeln wir
die Arbeitskultur ständig weiter. Unsere
Personalstrategie schafft dafür die Rah-
menbedingungen. Übrigens, auch an
unseren Standorten im Silicon Valley.
personalmagazin:
Sie wollen in diesem Jahr
12.000 Akademiker einstellen. Auf dem
Arbeitsmarkt konkurrieren Sie aber mit
Google und Co. Was sagen Sie Bewerbern,
warum sie zu Bosch kommen sollen?
Kübel:
Bosch ist heute schon ein Soft-
wareunternehmen. Wir beschäftigen
45.000 Mitarbeiter in Forschung und
Entwicklung, ein Drittel davon arbei-
tet bereits im Software- und IT-Umfeld.
3.000 Spezialisten arbeiten an Lösungen
für das Internet der Dinge. Von unseren
geplanten Neueinstellungen entfallen
rund 30 Prozent auf Fachkräfte mit Soft-
warekompetenz. Auf dem Arbeitsmarkt
haben wir einiges anzubieten. Wir sind
ein finanziell unabhängiges Unterneh-
men und können langfristige Strategien
umsetzen. Wir bieten Menschen sinn-
stiftende Aufgaben und die Chance, an
der Gestaltung der vernetzten Welt mit-
zuarbeiten. Und unsere Mitarbeiter fin-
den Freiraum für Kreativität und auch
Start-up-ähnliche Strukturen.
personalmagazin:
Wenn Sie den Unter-
schied zum Silicon Valley in einem Satz
darstellen müssten, was antworten Sie?
Kübel:
Bei Bosch finden Sie auch die
Start-Up-Mentalität, aber in Sachen Be-
ruf und Privatleben legen wir großen
CHRISTOPH KÜBEL
ist Arbeitsdirektor der
Robert Bosch GmbH und setzt bei der Perso-
nalstrategie auf einen evolutionären Wandel.