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07/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Das Interview führte
Reiner Straub.
bleibt aber eine Illusion. Es geht für uns
darum, die Wettbewerbsfähigkeit durch
die vernetzte Produktion zu steigern.
Kürzlich wurde etwa unser Homburger
Werk mit einem Preis ausgezeichnet.
Wir konnten dort mit „Industrie 4.0“ die
Montagevorräte um 30 Prozent reduzie-
ren und die Produktivität um 10 Prozent
steigern. Mit unseren Arbeitnehmerver-
tretern arbeiten wir eng zusammen, um
solche Erkenntnisse zu nutzen und die
künftige Arbeitswelt gemeinsam zu ge-
stalten.
personalmagazin:
Was zeichnet Ihre innova-
tive Arbeitskultur aus?
Kübel:
Die Grundlage ist unsere werte-
orientierte Führungskultur. Wir leben
keine Präsenz-, sondern eine Ergebnis-
kultur. Dazu bieten wir über 100 ver-
schiedene Arbeitszeitmodelle an, damit
die Mitarbeiter Beruf und Privates ver-
einbaren können. Unsere Diversity-
Strategie wertschätzt Unterschiede in
Alter, Nationalität und Geschlecht. Dazu
kommt die Vernetzung der Mitarbeiter.
Wir kommunizieren nicht mehr allein
über Hierarchien, sondern setzen bei der
Zusammenarbeit verstärkt auf soziale
Netzwerke. Wir haben in Renningen ei-
nen neuen Forschungscampus für 1.700
Mitarbeiter gebaut, sie vernetzen sich
nach außen mit Hochschulen und For-
schungseinrichtungen weltweit. Agile
Organisationsmodelle ergänzen die Lini-
enorganisation. Alles zusammen schafft
eine Arbeitskultur, die jährlich tausende
Patente und neue Produkte hervorbringt.
personalmagazin:
Das Projekt Enterpri-
se 2.0, mit dem Sie neue Formen der
Zusammenarbeit fördern, hat Bosch auf
Youtube vorgestellt. Welche Rolle spielt
bei solchen Zukunftsprojekten HR?
Kübel:
Ziel des Projektes ist es, Bosch zu
einem hochvernetzten Unternehmen zu
entwickeln. Unser Personalbereich ver-
steht sich als Business Partner, der dazu
entscheidende Impulse zur Gestaltung
der Führungs- und Arbeitskultur liefert.
Speziell bei Fragen der Führung und Zu-
sammenarbeit begleiten viele Mitarbei-
ter aus dem Personalbereich das Projekt.
personalmagazin:
Agile Organisations-
konzepte gelten als zukunftsweisend,
scheitern aber häufig in der Umsetzung.
Wie sieht das bei Bosch aus?
Kübel:
Das ist ein wichtiger Punkt. Des-
halb unterstützt der Personalbereich die
Umsetzung bei uns sehr eng. Ein Bei-
spiel: Wir wollten die Akzeptanz von fle-
xiblen Arbeitsmodellen erhöhen. Dazu
haben wir vor drei Jahren das Verände-
rungsprojekt MORE, das steht für „Mind-
set Organization Executives“, gestartet,
um Führungskräften zu ermöglichen,
eigene Erfahrungen in Sachen Führen in
Teilzeit oder Arbeiten im Homeoffice zu
sammeln. Vorbehalte sollten abgebaut
werden, sie sollten flexibles Arbeiten
selbst erleben. Weltweit haben schon
mehr als 1.000 Führungskräfte teilge-
nommen, gut 80 Prozent behalten im
Anschluss ihr neues Arbeitsmodell bei.
personalmagazin:
Welche Auswirkungen
hat die Digitalisierung auf den Personal-
bereich selbst?
Kübel:
Für die Mitarbeiter der Personal-
abteilung bleibt der persönliche Kontakt
zu den Führungskräften und Mitarbei-
tern ein wichtiger Erfolgsfaktor. Gleich-
wohl vereinheitlichen auch wir weltweit
unsere Personalprozesse und setzen auf
IT-Systeme. Beispielsweise lassen sich
Mitarbeitergespräche, das Kompetenz-
management, also etwa das Planen von
Weiterbildungen, aber auch die Perso-
nalakte bei uns online abbilden. Das bie-
tet mehr Komfort. Wir wollten damit ur-
sprünglich in 21 Ländern starten, doch
letztlich haben es rund 70 Länder einge-
führt. Die Nachfrage nach digitalisierten
Arbeitsabläufen war größer als zunächst
erwartet. Das zeigt, wie sich die Perso-
nalarbeit in der digitalen Welt ändert
und wie positiv unsere Mitarbeiter die-
ser Veränderung gegenüberstehen.
personalmagazin:
Kritiker werfen HR vor,
die Digitalisierung zu verschlafen und
deshalb an Bedeutung zu verlieren. Wie
ist Ihre Einschätzung?
Kübel:
Bei Bosch kann ich keinen Bedeu-
tungsverlust erkennen. Die Rolle des
Personalwesens bei Bosch war, ist und
wird auch in der Zukunft stark bleiben.
In jeder Geschäftsführersitzung stehen
Personalthemen auf der Tagesordnung.
Die Personalarbeit ist Teil des Geschäfts.
Sie hat für die Gestaltung der Zukunft
eine große Bedeutung.
personalmagazin:
Sie selbst haben viele
Jahre in der Linie gearbeitet und waren
für Geschäftsbereiche verantwortlich.
Braucht man Erfahrung in der Linie, um
gute Personalarbeit zu machen?
Kübel:
Aus persönlicher Erfahrung kann
ich sagen, dass jeder Wechsel den Blick
weitet. Bei Bosch gibt es grundsätzlich
Karrierebausteine, die solche Wechsel
gezielt vorsehen. Wir sind überzeugt,
dass jeder Mitarbeiter, der Karriere ma-
chen will, nicht nur in einem Fachge-
biet Erfahrungen sammeln soll. Das gilt
sowohl für die Führungs-, Projekt- wie
auch die Fachkarriere. Zudem empfeh-
len wir, Station im Ausland zu machen.
personalmagazin:
Was hat Sie persönlich
gereizt, von der Business-Verantwortung
in den Personalbereich zu wechseln?
Kübel:
Für mich ist der Reiz der Perso-
nalarbeit, mit Menschen zu arbeiten.
Ich will ein Beispiel nennen: Wir geben
unseren Mitarbeitern die Möglichkeit,
sich innerhalb des Unternehmens wei-
terzuentwickeln. Vier unserer aktuellen
Geschäftsführer sind als Trainees bei
Bosch eingestiegen und haben es bis
in die Geschäftsführung geschafft. Der
Personalbereich ist dafür verantwort-
lich, dass wir die richtigen Frauen und
Männer einstellen, an Bosch binden und
weiter qualifizieren – und zwar auf al-
len Ebenen. Das ist eine entscheidende
Zukunftsaufgabe. Denn unsere Mitar-
beiter schaffen letztendlich die Technik
fürs Leben unserer Kunden.