personalmagazin 08/15
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ORGANISATION
_PERSONALDIENSTLEISTUNG
Konzepte für den Nachwuchs
SERIE.
Rekrutieren, begleiten, abschließen: Das strategische Konzept der „Personal-
dienstleistung 2.0“ schafft neue Lösungsansätze – auch für die Ausbildung.
munikationskenntnisse oft nicht ausbil-
dungsfähig. Sie sind dadurch entweder
gar nicht vermittelbar, brechen nach
kurzer Zeit ab oder können aufgrund
mangelhafter Grundfertigkeiten in den
Betrieben kaum eingesetzt werden.
Probleme im Bildungssystem
Schlechte Noten, Widerworte, Unpünkt-
lichkeit – immer häufiger zweifelnUnter-
nehmen an der Durchführbarkeit ihres
Ausbildungsauftrags. Fast ein Viertel
der Betriebe bildet heute gar nicht mehr
aus, weil sie die erhöhten Anforderun-
gen nicht leisten können oder das zu
hohe Abbruchrisiko scheuen. Laut Bun-
desinstitut für Berufsbildung betrug die
Vertragslösungsquote bei Auszubilden-
den ohne Hauptschulabschluss 2013
rund 38 Prozent – nahezu das Dreifache
von Auszubildenden mit Studienberech-
tigung (2013 knapp 14 Prozent).
Was vielen Betrieben fehlt, sind ganz-
heitliche Ausbildungskonzepte und die
Kapazität, um sich auch auf Auszubil-
dende mit schwierigen Grundvoraus-
setzungen einzulassen. Dabei dürfte
feststehen: Auch aus benachteiligten
Jugendlichen können gute Auszubilden-
de werden und sie bleiben es, wenn die
Rahmenbedingungen stimmen.
Neue Strukturen für die Ausbildung
Lösungsansätze kommen auch aus den
Reihen der Personaldienstleister. Als
langfristige strategische Partner im
Sinne der „Personaldienstleistung 2.0“
gehen diese das Thema Ausbildung vor
dem Hintergrund der Bildungsmisere
und der schrumpfenden Anzahl guter
Bewerber ganzheitlich an. Im engen und
auf Dauer angelegten Dialog mit Unter-
nehmen, Verbänden und öffentlichen
Institutionen schaffen sie neue Zugänge
und unterstützende Strukturen für die
Ausbildung: von der Akquise geeigneter
Bewerber über das begleitende Coaching
sowie die pädagogische Begleitung bei
Problemen im Betrieb oder die Beratung
bei persönlichen Themen bis hin zur
Prüfungsvorbereitung und Hilfestellung
für eine erfolgreiche Übernahme. Auch
die Ausbildung im Verbund, bei der der
jeweilige Arbeitgeber als Ausbildungs-
pate mit Übernahmeberechtigung eini-
ge Risiken und Verantwortungsbereiche
auslagern kann, ist ein zukunftsweisen-
des Modell. Während Unternehmen und
Wirtschaftsverbände als Multiplikato-
ren fungieren, übernehmen Personal-
dienstleister die oben beschriebene Or-
ganisation, Begleitung und inhaltliche
Vorbereitung.
Praxisbeispiel „Reaktiva“
Nachdemdie Ausbildungsaktivität in der
Region Ostwestfalen-Lippe 2006 trotz
hohem Lehrstellenbedarf und langfris-
tiger Förderkarrieren von Jugendlichen
Von
Thomas Voß
N
och nie wurden seit der Wie-
dervereinigung so wenige
Ausbildungsstellen besetzt
wie im Jahr 2014. Nur 522.000
neue Ausbildungsverträge wurden ge-
schlossen, 100.000 weniger als 2007. Die
Zahl der Neuverträge könnte 2015 dem
aktuellen Berufsbildungsbericht des Bun-
desbildungsministeriums zufolge gar auf
unter 510.000 sinken (mehr zum Thema
Ausbildung lesen Sie auch ab Seite 16).
Abgesehen vom demografischen
Wandel, der in den kommenden Jahren
zunehmend Einfluss auf die Ausbil-
dungszahlen haben wird, ist das Thema
Bildung aktuell ein kritischer Faktor
zwischen Wirtschaft und Politik. Eine
der größten Herausforderungen ist die
Differenz zwischen dem, was Betriebe
suchen, und dem, was viele Jugendliche
mitbringen. Seit Jahren fordern Unter-
nehmer eine Gesamtstrategie für eine
umfassende Bildung von Persönlich-
keit und Berufsfähigkeit. Insbesondere
Hauptschulabgänger sind wegen Schwä-
chen in zentralen Bildungsbereichen wie
unzureichender Mathematik- und Kom-
SERIE PERSONALDIENSTLEISTUNG 2.0
•
Ausgabe 08/2015: Ausbildung als
strategischer Faktor
•
Ausgabe 09/2015: High Professionals –
Vielfalt als Herausforderung
•
Ausgabe 10/2015: Die Veränderungen
in der Branche der Personaldienstleister
In Zusammenarbeit mit