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ORGANISATION
_AUSLANDSENTSENDUNG
personalmagazin 08/15
V
iele international tätige Un-
ternehmen beschäftigen sich
verstärkt mit der Frage, welche
Rolle ihre internationale Mobi-
lität für die Unternehmensstrategie spielt
und wie die Global-Mobility-Abteilung
ausgerichtet sein soll. In der Praxis läuft
die Bearbeitung der gesamten Bandbreite
strategischer und operativer Themen, die
mit internationalen Mitarbeitereinsät-
zen einhergehen, in der Mobility-Abtei-
lung zusammen. Komplexe und schwer
voneinander abgrenzbare Themen wie
Einreisebestimmungen, steuer- undsozial
versicherungsrechtliche Auswirkungen,
interkulturelle Herausforderungen, fami-
liäre Angelegenheiten, Umzugsorganisa-
tion, Gehaltsanpassungen, Karriereziele
der Mitarbeiter sowie Unternehmens- und
Abteilungsziele werden allein im „Mobili-
ty-Silo“ bearbeitet. Dieses Silo gilt es zu
durchbrechen.
Zusammenarbeit statt Silodenken
Im Rahmen des jährlichen „Global Mobi-
lity Survey“ von Ernst & Young wurden
mehrere Hundert Unternehmen aus al-
len Kontinenten zu ihrem Global-Mobi-
lity-Management befragt. Die jüngste
Global-Mobility-Studie zeigt dabei eine
Zweiteilung zwischen den wenigen Un-
ternehmen (26 Prozent), die strategisch
einen proaktiven, vorausschauenden
Ansatz in ihrem Global-Mobility-Mana
gement verfolgen, und denen, die ihre
Mitarbeiter eher bedarfsorientiert und
„ad hoc“ ins Ausland entsenden. Dabei
Von
Ulrike Hasbargen, David J. Rooney
und
Melanie Feistauer
Keine Mobilität ohne Strategie
LEITFADEN.
Zwei Studien zeigen die Bedeutung eines strategischen Global-Mobility-
Managements, offenbaren Praxisfallen und geben Tipps zur Umsetzung.
bedeutet ein strategischer Ansatz, das
gesamte Global-Mobility-Programm un-
ter die Lupe zu nehmen und zu Beginn
dieser Reise die übergeordneten Unter-
nehmensziele in den Blick zu nehmen,
um sie mit Global Mobility zu verknüp-
fen. Global Mobility und seine Stake-
holder, insbesondere die entsendenden
Geschäftsbereiche, müssen eng zusam-
menarbeiten und sich überlegen, wie
Global Mobility als Mittel zur Erreichung
von Unternehmens- und Abteilungszie-
len genutzt werden kann. Wir empfeh-
len, sich dieser Frage zu stellen, bevor
Policies oder wesentliche Prozesse an-
gepasst werden, denn die Strategie be-
stimmt das „Was“ und das „Wie“.
Doch was genau bedeutet strategische
Global Mobility? In unseren Augen einen
holistischen Ansatz mit Blick auf das ge-
samte Global-Mobility-Management. Ein-
facher gesagt: Es ist eine Reise, vor deren
Antritt das Unternehmen diese Fragen
geklärt haben sollte: Warum? Was? Wie?
Warum? Die Frage nach den Zielen
Wer sein Global-Mobility-Management
überdenken und vorausschauender ge-
stalten möchte, sollte sich zu Beginn
dieses Projekts folgende Frage stellen:
Warum wollen wir Mitarbeiter interna-
tional einsetzen und welche Ziele ver-
folgen wir damit? Im Rahmen dieser
Überlegung ergeben sich häufig weite-
re Fragen, die darauf abzielen, sich als
international tätiges Unternehmen eine
„Global-Mobility-Identität“ zu geben
(siehe Kasten „Selbsttest“).
Die Surveys zeigen, dass einige führen-
de Unternehmen das Potenzial von Global
Mobility als strategisches Werkzeug für
den Aufbau und die Förderung eines Ta-
lentpools erkannt haben. Nichtsdestotrotz
tun sich Unternehmen schwer damit,
Global Mobility und Talent Management
strategisch miteinander zu verknüpfen.
So berichten lediglich 58 Prozent der Un-
ternehmen, dass sie ein globales Talent
Management-Programm aufgestellt ha-
ben, das Global Mobility zumindest auf
dem Papier miteinbezieht. Im Vergleich
zum Vorjahr (51 Prozent) lässt sich damit
zwar ein positiver Trend verzeichnen, die
Praxis birgt allerdings nach wie vor er-
hebliches Verbesserungspotenzial.
Zunehmend, so zeigt sich, wird die Ar-
beit in oder die Leitung von internationa
len virtuellen Teams ebenso als
„internationale Erfahrung“ angesehen
wie ein Auslandseinsatz im klassischen
Sinne. Ob eine solche Erfahrung wichtig
für die Personalentwicklung ist, ist ei-
ne Frage der Unternehmenskultur und
-ziele, die mit Global Mobility verknüpft
sind. Und auch die Frage nach der Diver-
sität sollte gestellt werden: Durchschnitt-
lich mehr als vier Mal so viele Männer wie
Frauen gehen, so die Survey-Ergebnisse,
für Projekteinsätze (circa drei bis zwölf
Monate) ins Ausland. Bei Langzeitentsen-
dungen (drei bis fünf Jahre) liegt die Ver-
teilung sogar bei 85 Prozent Männern zu
15 Prozent Frauen.
Diese zentralen Fragen können nicht
allein von der Global-Mobility-Abteilung
beantwortet werden. Vielmehr ist das
Feedback von Global-Mobility-Stake-
holdern gefragt, um ein möglichst aus-
sagekräftiges Bild darüber zu erhalten,
welche Bedürfnisse es rund um Aus-