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MANAGEMENT
_WISSENSCHAFTSTRANSFER
personalmagazin 08/15
I
n der vergangenen Personalmaga-
zin-Ausgabe haben wir an dieser
Stelle darüber berichtet, wie Per-
formance-Management-Systeme
ausgestaltet sein sollen, damit die Un-
ternehmensleistung steigt. Eine ähnli-
che Zielsetzung verfolgen die Autoren
unseres diesmaligen Top-Journal-Ar-
tikels: Was müssen Unternehmen tun,
damit es zu kollektivem Engagement in
Organisationen kommt – das heißt, dass
sich alle Mitarbeiter für die Firma ins
Zeug legen, um mehr Wert zu schaffen?
Konkret untersucht die Studie anhand
von 900 Beschäftigten aus 83 Banken,
wie kollektives organisationales Enga-
gement entsteht und sich positiv auf die
Unternehmensleistung auswirkt.
Was man sich merken sollte
Kollektives organisationales Engage-
ment liegt dann vor, wenn sich alle
Mitarbeiter physisch, kognitiv und
emotional für die Organisation in den
Von
Martin Claßen
und
Christian Gärtner
Arbeitsalltag einbringen. Die Voraus-
setzungen dafür kann das Management
schaffen, indem es auf drei Handlungs-
feldern tätig wird: Arbeitsplatzgestal-
tung, Personalstrategie und -praktiken
sowie transformationale Führung. Je
nachdem wie gut das Management
diese Hebel strategiekonform umsetzt,
steigt die Unternehmensleistung – via
kollektivem Engagement – stärker oder
nicht (siehe Grafik). Die durchgeführte
Regressionsanalyse bestätigt diesen Zu-
sammenhang.
Schon das kleine Statistik-Einmaleins
lehrt, dass eine Korrelation keine Kau-
salität ist. Deshalb muss der Wirkungs-
zusammenhang zwischen kollektivem
Engagement und positiver Wertschöp-
fung noch extra erläutert werden. Die
Autoren argumentieren über einen sich
selbst verstärkenden Mechanismus: Es
besteht insbesondere bei kleinen und
mittleren Unternehmen (KMU) eine
gute Chance, dass sich Mitarbeiter bei
jenen „anstecken“, die bereits großes
Engagement zeigen. Förderlich für die-
se motivierende Ansteckung ist, dass in
Organisationen soziale Vergleichspro-
zesse stattfinden, nach dem Credo: was
machen die fleißigen Kollegen und was
bekommen sie dafür? Dieser Vergleichs-
druck erschwert es Mitarbeitern, beim
kollektiven Mitmachen nicht mitzuma-
chen und in die Faulheit auszubüchsen.
Für wen oder was das Ganze gilt
Die Forscher weisen darauf hin, dass
die Ursache-Wirkungsbeziehungen nur
zum Teil auf empirischen Daten be-
ruhen und zum anderen auf theoreti-
schen Argumenten. Zudem wurde die
Unternehmensleistung nur anhand des
„Return on Assets“ gemessen. Dieser
mag für die untersuchten Firmen zwar
relevant sein, für andere Branchen zäh-
len vielleicht andere Finanzkennzahlen
oder gar Kunden- und Mitarbeiterzu-
friedenheitsmaße. Immerhin basieren
die Ergebnisse auf der Erforschung von
KMU, was eine Vergleichbarkeit mit den
meisten Unternehmen gewährleistet –
in den USA sogar mit über 99 Prozent
der Firmen, wie die Autoren betonen.
Dieser Wert ist hierzulande schätzungs-
weise ähnlich hoch.
Der wichtigste und der nachdenk
lichste Satz der Studie
Der wichtigste Satz lautet: „Kollektives
organisationales Engagement ist eine
einzigartige, wertschöpfende organi-
sationale Fähigkeit und viele Gründe
sprechen dafür, dass Firmen mit star-
kem kollektivem organisationalen En-
gagement erfolgreicher sind als andere“
(Seite 119).
Der nachdenklichste Satz lautet:
„Künftige Studien sollten die Langzeit-
wirkungen erforschen, um die kausalen
Zusammenhänge besser testen zu kön-
nen“ (Seite 129).
Konsequenzen für HR-Management
Die drei Faktoren Arbeitsplatzgestal-
tung, Personalstrategie und -praktiken
sowie transformationale Führung beto-
nen wichtige Handlungsfelder des HR-
Managements. Insbesondere wirken
sich Maßnahmen in diesen Bereichen
auf drei Bedingungen aus, die für Enga-
Leistung im Kollektiv
SERIE.
Wie schaffen es Personaler, dass sich alle Mitarbeiter engagieren? Eine US-
Studie zeigt die Bedingungen und Wirkungen von kollektivem Engagement auf.
Laut den Autoren der
US-Studie besteht gera-
de in KMU die Chance,
dass sich Mitarbeiter
von Kollegen anstecken
lassen, die bereits gro-
ßes Engagement zeigen.