personalmagazin 8/2015 - page 43

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08/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
gement notwendig sind: Sinnhaftigkeit,
psychologische Sicherheit und psycho-
logische Verfügbarkeit. Beispielsweise
fühlen sich Mitarbeiter bedeutender,
wenn sie sich als Teil eines großen Gan-
zen sehen, was durch Arbeitsplatzge-
staltung und Führungsverhalten beein-
flusst werden kann: Mitarbeiter erleben
den Sinn ihrer Arbeit vor allem dann,
wenn sie Feedback über die Wirkung ih-
rer Tätigkeit erhalten und eine überzeu-
gende Vision vor Augen haben. Ein wei-
teres Beispiel: Eine Personalstrategie,
die unbefristete Arbeitsverträge forciert
und bei den Vergütungs- und Beförde-
rungspraktiken auf Leistung ebenso viel
Wert legt wie auf Entwicklung und Fair-
ness, trägt zu gefühlter Sicherheit bei.
Sind die ersten Maßnahmen imple-
mentiert, gilt es für das Management
vor allem auf die Passung zur Strategie
zu achten, denn dieser Faktor wird als
entscheidend identifiziert. Ist auf allen
Handlungsfeldern ein Anfang gemacht,
profitiert das Management von der posi-
tiven Ansteckungsdynamik, denn ähn-
lich wie beim viralen Marketing sind
Aufwand und Kosten überschaubar, die
Verbreitung hingegen geschieht schnell
und weitläufig.
Die Studie aus Sicht der HR-Praxis
weitergedacht
Im Grunde weiß man das: Es gibt flei-
ßige und es gibt faule Organisationen.
Wenn kollektives Engagement ein wich-
tiger Faktor für die Unternehmensleis-
tung ist, der sich in seiner Ausprägung
zwischen Firmen unterscheidet, dann
liegt es nahe, den klassischen Manage-
ment-Dreischritt zu vollziehen: Messen,
Analysieren und Verbessern. Messen
lässt sich der Grad an kollektivem En-
gagement zum Beispiel durch die in der
Studie verwendeten Fragebögen. Ag-
gregiert könnte das zum Beispiel einen
„Organizational Engagement Index“ mit
Werten von null bis zehn ergeben. Aller-
dings weiß man als Manager dann noch
nicht, wie aus einer Zwei eine Fünf oder
aus einer Sechs eine Acht wird. Also
heißt es analysieren, an welchen Stell-
schrauben es noch hakt und wie sich
Änderungen auswirken. Dazu gibt die
Studie wertvolle Hinweise, weil sie Fak-
toren und deren Wirkungsbeziehung
offenlegt.
Das Modell ist zudem einfach gehal-
ten und mit Maßnahmen illustriert. Auf
diese Weise können schnell Ideen für
Verbesserungen gefunden werden. De-
ren Umsetzung wiederum ist allerdings
nicht einfach, weil es für Veränderungs-
prozesse keine einfachen Blaupausen
gibt. Und selbst wenn man es geschafft
hat, dass sich alle für die Firma ins Zeug
legen, gilt es zu vermeiden, was wir den
„Jürgen-Klopp-Effekt“ oder auch „BVB-
Effekt“ nennen: auf Dauer kann keine
Organisation hoch engagiert und hoch
erregt sein, weil sie sonst überhitzt und
die Mitarbeiter physisch, kognitiv oder
emotional ausbrennen. Dann wird aus
der von den Wissenschaftlern betonten
Ansteckungschance die im Volksmund
bekannte Ansteckungsgefahr.
MARTIN CLASSEN
führt seit
2010 sein Beratungsunter-
nehmen People Consulting.
DR. CHRISTIAN GÄRTNER
ist Assistenz-Professor an der
Universität der Bundeswehr
in Hamburg.
Zu oft hakt es immer noch am Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis.
Darum stellen der Berater Martin Claßen und der Wissenschaftler Christian Gärtner in den
folgenden Ausgaben des Personalmagazins betriebswirtschaftliche Studien aus den USA
mit ihren Kernergebnissen vor und ziehen Schlussfolgerungen für das deutsche Perso-
nalmanagement. In diesem Serienteil geht es um die Studie „Collective Organizational
Engagement: Linking Motivational Antecedents, Strategic Implementation and Firm Level
Performance“ von Murray R. Barrick, Gary R. Thurgood, Troy A. Smith and Stephen H.
Courtright. Sie ist 2015 in „Academy of Management Journal, Vol. 58, No. 1“ erschienen.
SERIE
Arbeitsplatzgestaltung, Personalstrategie und -praktiken sowie transformationale Füh-
rung sind die drei wichtigen Hebel für kollektives Engagement.
QUELLE: NACH BARRICK, THURGOOD, SMITH, COURTRIGHT
DREI HEBEL FÜR ENGAGEMENT
Motivierende
Arbeitsplatzgestaltung
Personalstrategie und
-praktiken
Transformationales Führen
durch CEO
Kollektives organisatio­
nales Engagement
Unternehmens-
leistung
Strategische Umsetzung
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