03/15 PERSONALquarterly
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sind Persönlichkeitsfaktoren von Belang, die mit fehlender Wi-
derstandsfähigkeit einhergehen. So tendieren beispielsweise
furchtsame, unsichere und depressive Führungspersönlich-
keiten stärker zu destruktivemVerhalten (Mawritz et al., 2014b;
Tepper et al., 2006). Und schließlich liegt ein Zusammenhang
zwischen explizit „toxischen“ Persönlichkeitseigenschaften
und destruktiver Führung nahe. Empirische Ergebnisse zeigen
dementsprechend, dass Führungskräfte mit psychopathischen
Zügen und hohem Aggressionspotenzial häufiger destruktiv
handeln (Boddy, 2011; Kant et al., 2013).
Darüber hinaus kommen Eigenschaften der Geführten als
Prädiktoren destruktiver Führung in Betracht. So weisen Tep-
per und Kollegen (2006) darauf hin, dass manche Mitarbei-
ter aufgrund persönlicher Schwächen als besonders einfache
und ungefährliche Ziele erscheinen können („passive Opfer“).
Dementsprechend sind ängstliche Mitarbeiter mit geringem
Selbstwertgefühl, negativer Emotionalität und mangelnder kol-
legialer Unterstützung besonders häufig von destruktiver Füh-
rung betroffen (Neves, 2014; Kant et al., 2013). Andere Geführte
hingegen scheinen destruktives Verhalten durch ihre eigene
(vermeintliche oder tatsächliche) Feindseligkeit herauszufor-
dern („provozierende Opfer“). Destruktive Führung tritt dem-
nach verstärkt gegenüber Mitarbeitern auf, die persönliche
Konflikte mit ihren Vorgesetzten haben und deren Grundwerte
und Ansichten der Führungsperson widersprechen (Tepper et
al., 2011). Eine besondere Rolle spielt weiterhin die (wahrge-
nommene) Arbeitsleistung der Mitarbeiter – darauf soll jedoch
weiter unten gesondert eingegangen werden.
Außerdem wird destruktive Führung stark von Eigenschaf-
ten der Führungssituation geprägt. Die empirische Forschung
konzentrierte sich in dieser Hinsicht lange auf Prozesse „ver-
schobener Aggression“, bei denen Führungskräfte ihre Frus-
tration an eigentlich unbeteiligten Mitarbeitern abreagieren.
Vorgesetzte neigen folglich eher zu destruktivem Führungs-
verhalten, wenn sie sich im Unternehmen ungerecht behan-
delt fühlen oder sie selbst Opfer destruktiver Führung sind
(Liu et al., 2012; Tepper, 2007). Des Weiteren können Werte
und Normen des Unternehmens ein Klima schaffen, das ne-
gativer Führung zuträglich ist. So ist es wenig überraschend,
dass destruktive Führung häufiger in Unternehmen auftritt,
die von einem Klima der Feindseligkeit geprägt sind (Mawritz
et al., 2014a). Und schließlich wird destruktive Führung wahr-
scheinlicher, wenn sich Führungskräfte bei der Arbeit überfor-
dert und ausgebrannt fühlen (Byrne et al., 2014). Übertrieben
schwierige, unrealistische Leistungsziele erscheinen dabei als
besonders bedeutsamer Risikofaktor (Mawritz et al., 2014b).
Destruktive Führung als strategisches Instrument?
Ein interessanter – wenn auch beunruhigender – Gedanke zur
Entstehung destruktiver Führung bezieht sich auf die mögliche
Wirksamkeit solchen Verhaltens. So könnte feindselig-aggres-
sive Führung als strategisches Instrument zur Bestrafung leis
tungsschwacher Mitarbeiter Verwendung finden, um dadurch
größere Anstrengungen zu stimulieren und klare Leistungs-
standards zu kommunizieren (Ferris et al., 2007). In der Tat
deuten empirische Ergebnisse darauf hin, dass Vorgesetzte
sich gegenüber leistungsschwachen Mitarbeitern häufiger
destruktiv verhalten (Tepper et al., 2011). Andererseits tritt
dieser Effekt vor allem gegenüber Mitarbeitern auf, die für die
Zielerreichung der Führungskraft selbst zentral sind, während
andere Mitarbeiter sich allein durch hohe Arbeitsleistung nicht
effektiv vor destruktiver Führung schützen können (Walter
et al., 2015). Damit scheint destruktive Führung tatsächlich
strategische Elemente zu beinhalten – solche Überlegungen
reichen jedoch als alleiniger Erklärungsansatz nicht aus. Und
Quelle: Reduzierte Darstellung auf Basis von Schyns/Schilling (2013): 147
Abb. 2:
Auswirkungen destruktiver Führung
Anmerkungen: Die Werte stellen meta-analytische Korrelationskoeffizienten (r)
dar. Als Faustregel deuten Werte unter |0,2| auf einen geringen Zusammenhang
hin, während Werte zwischen |0,2| und |0,4| auf einen mittleren und Werte
größer als |0,4| auf einen starken Zusammenhang hindeuten. Alle dargestellten
Zusammenhänge sind statistisch signifikant.
Zusammenhang mit
destruktiver Führung (r)
Mitarbeiterbezogene Konsequenzen
Selbstwertgefühl
-0,17
Wohlbefinden
-0,35
Stress
0,24
Arbeitsleistung
-0,20
Arbeitsbezogene Konsequenzen
Arbeitseinstellungen (allgemein)
-0,32
Arbeitszufriedenheit
-0,34
Unternehmensbezogene Konsequenzen
Organisationale Gerechtigkeit
-0,32
Bindung an das Unternehmen
-0,21
Kontraproduktives Arbeitsverhalten
0,38
Fluktuationsneigung
0,31
Führungskraftbezogene Konsequenzen
Einstellungen gegenüber der Führungskraft
-0,57
Widerstand gegen die Führungskraft
0,30