PERSONALquarterly 3/2015 - page 53

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03/15 PERSONALquarterly
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Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie
Unser Rezensenten-Team wird darüber hinaus an dieser Stelle
auch richtungsweisende Veröffentlichungen aus weiteren Publi-
kationen darstellen.
Neues aus Top-Journals
F
orschung zu Risikoeinstellungen und ihren Auswir-
kungen auf Entscheidungen unter Unsicherheit erfreut
sich großer Beliebtheit. Der Grund: Individuelle Risiko-
einstellungen beeinflussen die Entscheidungsfindung
in den unterschiedlichsten Kontexten. Neuere Studien zeigen,
dass die Bereitschaft, Risiken einzugehen, nicht nur unter äl-
teren (d.h. früher geborenen) Kohorten über den gesamten Le-
bensverlauf hinweg geringer ausgeprägt ist (Kohorteneffekt),
sondern auch im Lebensverlauf abnimmt (Lebenszykluseffekt).
Für alternde Bevölkerungen könnte der Lebenszykluseffekt
weitreichende ökonomische und politische Konsequenzen ha-
ben. Auch das Personalmanagement wäre betroffen: Risikoein-
stellungen beeinflussen die Wirksamkeit von Anreizen, zum
Beispiel die Anreizwirkung leistungsbezogener Vergütung.
Es ist allerdings zweifelhaft, ob das (chronologische) Alter per
se einen kausalen Effekt auf Risikoeinstellungen hat. In empi-
rischen Studien dient das Alter i. d. R. lediglich als Indikator für
unbeobachtete Prozesse, denen eine hohe Korrelation mit die-
semunterstellt wird. Hier knüpfen Bonsang und Dohmen an: Die
Autoren argumentieren, dass der beobachtete Zusammenhang
zwischen dem Alter und Risikoeinstellungen (teilweise) auf die
Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit mit steigendem
Alter zurückgeht. Für diese Erklärung spricht bspw. der Be-
fund, dass mit höherer kognitiver Leistungsfähigkeit riskantere
Investitionsentscheidungen einhergehen. Dabei sind kognitive
Fähigkeiten mit dem biologischen Alterungsprozess verbunden,
aber nicht vollständig durch das chronologische Alter bestimmt.
Die Autoren gehen der Frage, ob der Effekt des Alters auf die
Risikobereitschaft (teilweise) auf die Abnahme kognitiver Fähig-
keiten zurückzuführen ist, auf Basis einer Umfragestudie nach,
deren Stichprobe repräsentativ für die Bevölkerung 50+ in elf eu-
ropäischen Ländern ist. Die (finanzielle) Risikoeinstellung wur-
de mittels der Bereitschaft, Risiken bei Anlageentscheidungen
einzugehen, gemessen. Kognitive Fähigkeiten wurden mittels
dreier Tests zu Lernen/Erinnerung, Wortflüssigkeit und rech-
nerischen Fähigkeiten erhoben. Zusätzlich kontrollierten die
Autoren weitere Einflüsse (Geschlecht, Bildung, Vermögen etc.).
Da die kognitiven Tests aus praktischen Gründen relativ kurz
gehalten sind, sind diese keine perfekten Indikatoren für die
kognitive Leistungsfähigkeit. Zudem ist von einem nicht uner-
heblichen Ausmaß „störender“ Einflüsse auf dieMessung auszu-
gehen (sog. Messfehler). Es ist allerdings möglich, den Einfluss
des Messfehlers auf die Ergebnisse zu berücksichtigen. Die
Resultate entsprechender Regressionsanalysen deuten darauf
hin, dass 85% des negativen Effekts des Alters auf die finanzi-
elle Risikoeinstellung auf den Einfluss kognitiver Fähigkeiten
zurückzuführen ist. In anderen Worten: Verantwortlich für die
Beobachtung sinkender Risikobereitschaft im Lebensverlauf
ist größtenteils die mit dem Alterungsprozess einhergehende
Abnahme kognitiver Fähigkeiten. Allerdings: Der beobachte-
te Zusammenhang zwischen kognitiven Fähigkeiten und der
Risikoeinstellung kann nicht als kausaler Effekt interpretiert
werden, denn auf Basis der verfügbaren Daten ist nicht auszu-
schließen, dass beide Faktoren von physiologischen Prozessen
beeinflusst werden, die einen Schein-Zusammenhang herstel-
len. Dennoch sind die Befunde in ihrer Reichweite bemerkens-
wert: Aggregiert auf die Ebene von Bevölkerungen ergibt sich
die Implikation, dass alternde Bevölkerungen aufgrund zwei-
er gegenläufiger Trends nicht in dem Maße wie auf Grundla-
ge früherer Erkenntnisse prognostiziert risikoscheuer werden:
Später geborene Kohorten verfügen bei gleichem Lebensalter
über eine höhere kognitive Leistungsfähigkeit – bedingt durch
den gestiegenen Wohlstand, der sich u. a. in mehr Bildung und
einem besseren Gesundheitszustand ausdrückt. Zusätzlich fällt
der Alterungsprozess und damit auch die Abnahme kognitiver
Fähigkeiten im Lebensverlauf sehr wahrscheinlich bei später
geborenen Kohorten langsamer aus.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs,
Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
Risikoeinstellung und
(kognitives) Altern
Eric Bonsang
(Maastricht University),
Thomas Dohmen
(University
of Bonn, Maastricht University): „Risk attitude and cognitive aging“.
Journal of Economic Behavior & Organization, Vol. 112, pp. 112-126.
1...,43,44,45,46,47,48,49,50,51,52 54,55,56,57,58,59,60
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