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Einbettung von dual Studierenden und Bleibeabsicht
Zunächst interessiert das Ausmaß der Gesamteinbettung. Ins-
gesamt berichten die Studierenden über ein mittleres Aus-
maß an Einbettung in ihre Partnerunternehmen (vgl. Abb.
2). Demgegenüber erreicht die Bleibeabsicht einen höheren
Mittelwert als die Gesamteinbettung. Beide Größen stehen
mit einem Korrelationskoeffizient in Höhe von ,65 in starkem
Zusammenhang.
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Bei den Dimensionen sind die Person-Le-
benswelt-Kompatibilität sowie berufliche Beziehungen bzw.
Beziehungen privater Natur am stärksten ausgeprägt.
Einen Eindruck über den Zusammenhang zwischen den ein-
zelnen Dimensionen und der Gesamteinbettung liefert eine
Regressionsanalyse. Damit wird untersucht, welche der sechs
Dimensionen die Gesamteinbettung überzufällig beeinflussen.
Auf jene sollte man sich bei der Ableitung von Maßnahmen zur
Steigerung der Einbettung konzentrieren. Das Ergebnis der
Analyse zeigt, dass die Gesamteinbettung nur durch die Di-
mensionen Person-Job-Kompatibilität (p < ,01) und berufliche
Beziehungen (p < ,05) signifikant beeinflusst wird. Dabei ist
der Einfluss der Person-Job-Kompatibilität (
β
= ,65) erheblich
größer als jener der beruflichen Beziehungen (
β
= ,13).
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Off-the-
Job-bezogene Größen beeinflussen hingegen die Gesamtein-
bettung nicht signifikant. Mit dem gewählten Modell können
53% der Streuung der Gesamteinbettung erklärt werden.
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Die
Ergebnisse weisen also darauf hin, dass Aspekte des Unterneh-
mens/der Arbeitsstelle für die Steigerung der Gesamteinbet-
tung von Relevanz sind, wohingegen der privaten Lebenswelt
keine nennenswerte Bedeutung zukommt. Einen ähnlichen
Befund liefert die oben angeführte Metastudie von Jiang et al.
(2012); hier wurde für die On-the-Job-Embeddedness ein deut-
lich stärkerer negativer Einfluss auf die Kündigungsabsicht
ermittelt als für die Off-the-Job-Einbettung.
Identifikation homogener Gruppen von Studierenden
In einem weiteren Analyseschritt geht es darum, die heterogene
Gesamtgruppe der Studierenden bezüglich der Einbettung in ho-
mogene Teilgruppen aufzuteilen, um Typen von Studierenden zu
bilden. Hierzu wurden die Befragtenmittels einer Clusteranalyse
zu in sich homogenen, aber untereinander heterogenen Gruppen
zusammengefasst (Backhaus et al., 2011, S. 397). Es konnten
drei Gruppen (Cluster) von Studierenden identifiziert werden:
Die „Rundum Eingebetteten“, die „Eher beruflich als privat Ein-
gebetteten“ und die „Primär in die private Lebenswelt Eingebet-
teten“. Abb. 3 gibt eine Übersicht über das von den Mitgliedern
des jeweiligen Clusters berichtete Ausmaß an Einbettung bzw.
Bleibeabsicht. Die Gruppen lassen sich wie folgt beschreiben:
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Die Gruppe der „Rundum Eingebetteten“, die insgesamt 47%
der Stichprobe ausmacht, zeichnet sich durch ein hohes Maß
an Gesamteinbettung sowie eine hohe Bleibeabsicht aus. So-
wohl die On-the-Job-Einbettungsdimensionen als auch die
off-the-Job-bezogenen Aspekte erreichen relativ hohe Werte.
Die Studierenden dieses Clusters sind offenbar beruflich wie
privat gut eingebettet und beabsichtigen, beimUnternehmen
zu bleiben.
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Die „Eher beruflich als privat Eingebetteten“ (24% der
Stichprobe) zeigen dagegen eine relativ niedrige Gesamt-
einbettung. Die Bleibeabsicht erreicht ein mittleres Niveau.
Bezüglich der Einbettungsdimensionen weist diese Gruppe
bei den arbeitsplatzbezogenen Aspekten mittelhohe Werte
auf, bei den Off-the-Job-Faktoren von allen Clustern hingegen
die niedrigsten. Die Studierenden dieses Clusters fühlen sich
am Unternehmensstandort weniger zu Hause; Familie und
Freundeskreis wohnen nicht in der Nähe des Arbeitsplatzes.
Sie empfinden ihre private Lebenssituation als signifikant
weniger stimmig als die anderen Gruppen (p jeweils < ,01).
Die Studierenden dieses Clusters sollten also relativ anfällig
für einen Wechsel zu Unternehmen sein, deren Standort eine
Verbesserung der privaten Lebenssituation erlaubt.
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Das Cluster der „Primär in die private Lebenswelt Eingebet-
teten“ schließlich umfasst 29% der Stichprobe. Es zeichnet
sich durch die im Vergleich mit den beiden anderen Grup-
pen geringste Gesamteinbettung und Bleibeabsicht aus. Bei
den arbeitsplatzbezogenen Dimensionen zeigt dieses Cluster
deutlich niedrigere Werte als die Studierenden der beiden
zuvor beschriebenen Gruppen. Bei den Faktoren der privaten
Lebenswelt sind dagegen hohe Werte zu verzeichnen. Die
in diesem Cluster zusammengefassten Studierenden sind
damit eher schwach an das Unternehmen, aber stark an ihre
private Umgebung gebunden. Die geringe Gesamteinbettung
und Bleibeabsicht deuten indes darauf hin, dass eine hohe
private Einbettung nicht genügt, um diese Studierenden dau-
erhaft an die Unternehmen zu binden. Sie können damit als
anfällig für den Wechsel zu Unternehmen gelten, bei denen
sie in ihre private Lebenswelt eingebettet bleiben, die aber
eine bessere berufliche Einbettung erhoffen lassen.
Zur näheren Beschreibung der identifizierten Gruppen dient
eine Analyse ausgewählter demografischer Merkmale der Stu-
dierenden und Charakteristika der Partnerunternehmen. Dabei
zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Cluster-
zugehörigkeit und Unternehmensgröße mit Vorteilen zugunsten
von Großunternehmen (p < ,01) (vgl. Abb. 4). Unternehmen ab
5.000 Mitarbeitern erreichen im Vergleich zu kleineren Unter-
nehmen den höchsten Anteil an „Rundum Eingebetteten“. Auch
der Anteil an „Eher beruflich als privat Eingebetteten“ liegt bei
Großunternehmen erheblich über jenem kleinerer Betriebe. ​Das
legt den Schluss nahe, dass Großunternehmen Studierende häu-
figer überregional rekrutieren oder dass sich Studierende, die
3 Der Korrelationskoeffizient kann Werte zwischen 0 (kein Zusammenhang) und +/-1 (perfekter posi-
tiver bzw. negativer Zusammenhang) annehmen.
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β
-Wert = standardisierter Regressionskoeffizient. Je höher der standardisierte Regressionskoeffi-
zient, desto größer ist der Beitrag der jeweiligen Variablen zur Erklärung der abhängigen Variable
Gesamteinbettung.
5 Die Ergebnisse bleiben bei Kontrolle der Variablen Unternehmensgröße, Jahrgang und Geschlecht der
Studierenden stabil.
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