PERSONALquarterly 3/2015 - page 33

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03/15 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Inwiefern gelingt es Unternehmen, dual Studierende an sich zu binden?
Methodik:
Online-Befragung von 214 Studierenden der Dualen Hochschule Baden-Würt-
temberg Stuttgart.
Praktische Implikationen:
Unternehmen sollten sich weniger auf off-the-Job-bezogene,
sondern vor allem auf on-the-Job-bezogene Aspekte konzentrieren, um dual Studierende ins
Unternehmen einzubetten. Hierzu steht eine Reihe von Einzelmaßnahmen (z. B. Unterstüt-
zung bei der Karriereplanung, Übertragung herausfordernder Aufgaben, aber auch die Förde-
rung von Kontakten zu Kollegen über die Arbeit hinaus) zur Verfügung.
Unstimmigkeit besteht jedoch in der Fachdiskussion, in-
wiefern die gesamthafte Einbettung eines Mitarbeiters ein
eigenständiges Konstrukt darstellt. Für die Urheber des Ein-
bettungsansatzes, Lee und Mitchell, ergibt sich die Gesamtein-
bettung als zusammengesetzter Indexwert aus der additiven
Verknüpfung der sechs Einbettungsfaktoren (berufliche und
private Beziehungen, Person-Job-Kompatibilität und Person-
Lebenswelt-Kompatibilität sowie unternehmens- und lebens-
weltbezogener Verzicht) (Lee/Mitchell/Sablynski/Burton/
Holtom, 2004, S. 721). Für andere stellt die Gesamteinbettung
ein eigenständiges Konstrukt dar, weshalb eine „globale Mes-
sung“ bevorzugt wird (Crossley/Bennett/Jex/Burnfield, 2007).
Bei dieser gesamthaften Messung wird auf eine Differenzie-
rung zwischen On-the-Job- und Off-the-Job-Einbettung sowie
zwischen Beziehungen, Passung und Opfer verzichtet und
die Einbettung vielmehr global erfasst. „I feel attached to this
organization“ oder „It would be difficult for me to leave this
organization“ sind hierfür beispielhafte Itemformulierungen
(Crossley/Bennett/Jex/Burnfield, 2007, S. 1035).
Die bislang vorgelegten empirischen Studien zur Überprüfung
der Einbettungstheorie haben insgesamt „ermutigende Ergeb-
nisse“ erbracht (Zhang/Fried/Griffeth, 2012, S. 220). In der 52
Einzelstudien umfassenden Meta-Analyse von Jiang u. a. findet
die zentrale Hypothese Unterstützung, wonach eine hohe Ein-
bettung die Kündigungsabsicht und Fluktuation der Mitarbeiter
reduziert. „Job embeddedness has emerged as a major predictor
of employee turnover“ (Jiang/Liu/McKay/Lee/Mitchell, 2012, S.
1085). Daher kann auch hinsichtlich des Bindungsausmaßes
dual Studierender vermutet werden, dass eine hohe Einbettung
die Kündigungsneigung der Absolventen reduziert.
Konzeption der empirischen Untersuchung
Im Rahmen einer Online-Erhebung
2
wurden im Mai 2014
Bachelor-Studierende der Studiengänge BWL-Industrie und
BWL-International Business der DHBW Stuttgart befragt. Ver-
wertbare Fragebögen liegen von 214 Studierenden vor, was
einer Rücklaufquote von 38% entspricht. Die Studierenden ent-
Quelle: in Anlehnung an: Mitchell/Holtom/Lee/Sablynski/Erez, 2001, S. 1104
Abb. 1:
Einbettungstheorie der Fluktuation
On-the-Job-Einbettung Off-the-Job-Einbettung
Beziehungen berufliche Beziehungen private Beziehungen
Passungen Person-Job-Kompatibilität Person-Lebenswelt-Kompatibilität
Opfer
unternehmensbezogener
Verzicht
lebensweltbezogener
Verzicht
und eine private, lebensweltliche Dimension (Off-the-Job-
Einbettung), wobei in beiden Dimensionen das Ausmaß der
Bindung von sozialen, psychologischen und ökonomischen
Faktoren abhängt (Lee/Mitchell/Sablynski/Burton/Holtom,
2004) (vgl. Abb. 1). Metaphorisch kann Einbettung hierbei als
Netz umschrieben werden, in das der Mitarbeiter verwoben
ist (Mitchell/Holtom/Lee/Sablynski/Erez, 2001, S. 1104). Der
soziale Bindungsfaktor ergibt sich aus der Anzahl und Inten-
sität menschlicher Beziehungen am Arbeitsplatz (berufliche
Beziehungen) bzw. im Privatleben (private Beziehungen). Der
psychologische Bindungsfaktor hängt von der erlebten Stim-
migkeit (Passung) der eigenen Persönlichkeit mit den Anfor-
derungen der Arbeitsstelle (Person-Job-Kompatibilität) sowie
des eigenen Selbstkonzepts mit der privaten Lebenssituation
(Person-Lebenswelt-Kompatibilität) ab. Und schließlich ergibt
sich der ökonomische Bindungsfaktor aus den finanziellen Op-
fern, die man im Falle einer Kündigung in Kauf nehmen müsste
(unternehmensbezogener und lebensweltbezogener Verzicht),
bspw. hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung, des bis-
lang zur Verfügung gestellten Dienstwagens oder der notwen-
digen Aufgabe einer geschätzten Wohnlage.
2 Fragebogenentwicklung, Datenerhebung und Teile der Auswertung wurden im Rahmen eines
Seminars an der DHBW Stuttgart von den oben genannten Studierenden unter Anleitung der Autoren
dieses Artikels durchgeführt.
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