PERSONALquarterly 3/2015 - page 29

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Rangabweichung der gesamten studentischen Stichprobe: M
= 2.2; SD = 0.58). Als einzige Gruppe unter den Studierenden
mit marginal besseren Schätzungen erwies sich die Gruppe der
Psychologiestudierenden. Sie verschätzten sich im Schnitt um
1.9 (SD = 0.59) Rangplätze.
Neben dem Wissen der Studierenden wurde über die Schät-
zung der Einsatzhäufigkeit der Personalauswahlverfahren auch
die Erwartung der Studierenden in Bezug auf die Praktiken in
der Personalauswahl erfragt. Es zeigte sich auf deskriptiver Ebe-
ne, dass die Studierenden hinsichtlich der Einsatzhäufigkeit we-
nig zwischen den Verfahren differenzieren und die tatsächliche
Einsatzhäufigkeit oftmals falsch einschätzen (siehe Abb. 3).
Implikationen für Wissenschaft und Praxis
In Hinblick auf die Validitätseinschätzung der Personalmana­
ger(-innen) konnten frühere Ergebnisse bestätigt werden, die
wiederholt Überschätzungen von wenig validen Verfahren sowie
Unterschätzungen von sehr validen Verfahren gefunden hatten.
Der Vergleich der Validitätseinschätzungen beider Gruppen
zeigte, dass die Fehleinschätzungen des Validitätsrangs bei
Personalmanager(-inne)n zwar größer ausfielen als bei Studie-
renden, das tatsächliche Ausmaß des gefundenen Unterschieds
aber trotzdem relativ klein war. Trotz einer aktuellen wissen-
schaftlichen Ausbildung und entgegen unserer Annahme
konnten die Studierenden kaum treffendere Einschätzungen
der Validität erzielen. Am schlechtesten informiert waren so-
wohl Studierende als auch Personalmanager(-innen) über die
Validität psychologischer Testverfahren zur Erfassung der In-
telligenz und der Persönlichkeit.
Es drängt sich die Vermutung auf, dass dieser Befund nicht
ausschließlich auf reine Informationsmängel zurückzuführen
ist. Die allgemein verbreitete Einstellung, dass Ergebnisse
psychologischer Tests die Komplexität der Fähigkeiten und
Eigenschaften einer Person einerseits nicht erfassen und an-
dererseits diskriminierend sind (Highhouse, 2008), könnte an
dieser Stelle eine gute Erklärung liefern. Gerade in Hinblick
auf den bestehenden Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeit-
nehmermarkt ist es somit für die praktische Personalauswahl
heute nicht ausreichend, eine Entscheidung für ein bestimm-
tes Personalauswahlverfahren lediglich basierend auf der zu
erwartenden Validität zu treffen. Daneben müssen vor allem
auch Aspekte der Praktikabilität Berücksichtigung finden.
Hierzu zählt vor allem die Akzeptanz des Verfahrens unter den
Bewerbern (welche für psychometrische Testverfahren oftmals
geringer ist), aber auch die Kosten (König et al., 2010). Denn
findet ein Personalauswahlverfahren vor allem für höhere Po-
sitionen keinen Anklang unter den Bewerbern, kann es noch
so valide sein, es wird dennoch nicht zum Erfolg des Unterneh-
mens beitragen, da es zu viele qualifizierte Bewerber bereits
im Vorhinein abschreckt. So stellt die innerhalb dieses Artikels
5
4,5
4
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0 Arbeitsprobe Assessment Center
Fachwissenstest
Intelligenztest
Persönlichkeitstest
Strukturiertes
Interview
Unstrukturiertes
Interview
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 2:
Mittlere Abweichung des geschätzten vom tatsächlichen Validitätsrang pro
Auswahlinstrument in Abhängigkeit von der befragten Personengruppe
Mittlere Rangabweichung
Personalmanager(-innen)
Studierende
1...,19,20,21,22,23,24,25,26,27,28 30,31,32,33,34,35,36,37,38,39,...60
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