PERSONALquarterly 3/2015 - page 20

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PERSONALquarterly 03/15
SCHWERPUNKT
_ANREIZ UND VERGÜTUNG
In einem ähnlichen Kontext untersucht Kolaska (2014)
Komplementaritäten zwischen Lohnhöhe und Ermessens-
spielräumen, die Mitarbeitern gewährt werden, sowie deren
Arbeitsproduktivität. Firmen, die ihre Mitarbeiter großzügig
entlohnen und ihren Mitarbeitern ein hohes Maß an Ent-
scheidungsrechten zubilligen, profitieren nur dann von hoher
Arbeitsproduktivität ihrer Belegschaft, wenn sie im Einstel-
lungsverfahren mittels Persönlichkeitstests selektieren. Wenn
Firmen jedoch viel zahlen und den „richtigen“ Mitarbeitern
Ermessensspielräume zubilligen, so weisen diese signifikant
höhere Arbeitsproduktivität auf.
Alle drei Studien, Huang und Cappelli (2010), Englmaier et al.
(2015) und Kolaska (2014), sind außer Stande, kausale Aussa-
gen wie „Weil Firmen auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen
selektieren, sind sie erfolgreicher“ zu treffen. Sie dokumentie-
ren lediglich Korrelationen. So wären auch andere Wirkungs-
zusammenhänge denkbar: An sich schon erfolgreiche Firmen
könnten offener gegenüber neuen Trends im HR-Management
sein und als Folge daraus Persönlichkeitstests einführen. Nach
dieser Erklärung wäre der Firmenerfolg nicht Folge, sondern
Voraussetzung für Mitarbeiterscreening nach Persönlichkeit.
Querschnittsdaten, die durch Umfragen leicht verfügbar sind
und auf die alle drei Papiere vertrauen, haben Grenzen. Kau-
sale Aussagen könnten hingegen getroffen werden, wenn ein
natürliches Experiment, bspw. infolge einer Gesetzesänderung,
die nur einen Teil ansonsten vergleichbarer Firmen betrifft und
Auswirkungen auf bspw. die Nutzung bestimmter Testverfahren
hat, Firmen in vergleichbare Kontroll- und Behandlungsgruppen
teilt. Vielversprechender und womöglich leichter implementier-
bar sind Untersuchungen, in denen bewusst exogene Variation
durch den Studienleiter herbeigeführt wird. Fallstudien, in wel-
chen innerhalb einer Firma Veränderungen im HR-Management
durchgeführt werden, haben für die Firma den Vorteil, dass die
Ergebnisse unmittelbar anwendbar sind. Hierbei bieten sich zum
einen Vorher-nachher-Vergleiche an, bei denen zu einem be-
stimmten Zeitpunkt eine interne Politikänderung durchgeführt
und diese Implementierung und Auswertung wissenschaftlich
begleitet wird. Zum anderen können innerhalb einer Firma ver-
schiedene zufällig ausgewählte Arbeitsstätten in eine Kontroll-
und eine Treatment-Gruppe aufgeteilt werden, bei denen nur in
der Treatmentgruppe eine bestimmte Maßnahme durchgeführt
wird. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Firmen und der
Wissenschaft wäre hierfür wünschenswert und birgt noch große
Erkenntnispotenziale mit beachtlichem Anwendungswert.
Inzwischen liefern auch Experimente über Firmen hinweg
wertvolle Erkenntnisse. Ein Beispiel für ein solches Vorge-
hen ist die Studie von Bloom et al. (2013). Die Autoren un-
tersuchten Komplementaritäten zwischen Firmenerfolg und
Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Englmaier et al. (im Erscheinen)
Abb. 3:
Ergebnisse der WERS Untersuchung
1
2
3
4
5
Variablen
Stundenlohn
< 4.5 GBP
Arbeitgeber-
finanzierter
Pensionsplan
Erweiterte Lohn-
fortzahlung im
Krankheitsfall
Tage für
Trainingsmaß-
nahmen
Arbeits-
produktivität
Persönlichkeitstests
-1,44***
0,44***
0,36**
0,26*
0,26*
0,55
0,17
0,16
0,14
0,14
IQ-Tests
-0,075
0,24**
0,13
0,087
-0,089
0,27
0,11
0,11
0,088
0,099
Pay-for-Performance
0,025
0,29***
0,34***
0,14
0,19*
0,25
0,11
0,11
0,097
0,11
Kontrollvariablen
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Beobachtungseinheiten
2104
2275
2275
1888
2147
Spalte (1) gibt Poisson Regressionsergebnisse des Anteils der Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens mit einem Stundenlohn
unter 4,5 GBP pro Stunde auf Persönlichkeitstests, IQ-Tests, Pay-for-Performance-Anreize und Kontrollvariablen wieder.
Spalten (2)-(5) zeigen Probit Regressionen der Wahrscheinlichkeit von arbeitgeberfinanzierten Pensionsplänen, erweiterter Lohn-
fortzahlung im Krankheitsfall und Arbeitsproduktivität oberhalb des Marktmedians auf dasselbe Set an unabhängigen Variablen.
Die Anzahl der Trainingstage (3) wurde mittels Ordered Probit geschätzt.
Signifikanz: *** p <0.01, ** p <0.05, * p <0.1
1...,10,11,12,13,14,15,16,17,18,19 21,22,23,24,25,26,27,28,29,30,...60
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