PERSONALquarterly 3/2015 - page 10

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PERSONALquarterly 03/15
SCHWERPUNKT
_ANREIZ UND VERGÜTUNG
V
ariable Vergütungssysteme zählen zu den zentra-
len Instrumenten des Personalmanagements. Ihre
Hauptaufgabe besteht darin, die Ziele und Interes-
sen des einzelnen Mitarbeiters mit denen der Ge-
samtorganisation weitmöglichst in Einklang zu bringen. Dies
wird typischerweise dadurch erzielt, dass Mitarbeiter bei Errei-
chen von Zielvorgaben auf individueller Basis, auf Team- und
Abteilungsbasis oder auf Ebene der Gesamtorganisation zu-
sätzlich zum Festgehalt erfolgsabhängige Zahlungen erhalten.
Die Leistungsbeurteilung kann dabei subjektiv erfolgen oder
auf objektiven Kennzahlen basieren. Wertschöpfendes Verhal-
ten der Mitarbeiter soll dadurch motiviert werden, dass die
variablen Gehaltskomponenten nur bei entsprechender Leis­
tung der Mitarbeiter gezahlt werden. Aber auch eine höhere
Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen beziehungswei-
se die Gewinnung neuer, produktiverer Mitarbeiter sind mit
dem Einsatz variabler Vergütungssysteme verbunden (Lazear,
2000). Der Einsatz variabler Vergütungssysteme wird immer
wieder durchaus kritisch diskutiert. Dennoch sprechen sehr
viele empirische Befunde für eine positive Wirkung gut ge-
stalteter Vergütungssysteme auf Leistung und Unternehmens­
erfolg (für einen Überblick siehe etwa Biemann et al., 2011).
Bislang liegen jedoch wenig repräsentative Erkenntnisse über
die tatsächliche Verbreitung und detaillierte Ausgestaltung von
variablen Vergütungssystemen in Deutschland vor, die auf groß-
zahligen repräsentativen Datensätzen beruhen und dabei auch
die Wahrnehmung der Mitarbeiter einbeziehen. Der vorliegende
Beitrag gibt (i) einen Einblick in die Häufigkeit, Ausgestaltung
und Nutzungsintensität von variablen Vergütungssystemen in
deutschen Betrieben und zeigt (ii) Zusammenhänge mit Bin-
dung und Engagement von Mitarbeitern in diesen Betrieben auf.
Empirische Grundlage
Die diesem Artikel zugrunde liegende Untersuchung basiert
auf Daten der ersten Befragungswelle des neuen Linked Per-
sonnel Panel (LPP), eines repräsentativen Arbeitnehmer-
Arbeitgeber-Datensatzes, welcher im Rahmen des Projektes
„Arbeitsqualität und wirtschaftlicher Erfolg“ entstanden ist.
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Variable Vergütung in Deutschland –
ein Überblick
Von
Dr. Patrick Kampkötter, Katharina Laske
und
Prof. Dr. Dirk Sliwka
Das Projekt wurde initiiert vom Bundesministerium für Arbeit
und Soziales (BMAS) und wird durchgeführt in Kooperation
mit dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB)
der Bundesagentur für Arbeit, dem Zentrum für Europäische
Wirtschaftsforschung (ZEW) und dem Seminar für ABWL und
Personalwirtschaftslehre der Universität zu Köln.
Der repräsentativ erhobene Datensatz besteht aus einer Be-
triebsbefragung von 1.219 privatwirtschaftlichen Betrieben
mit mindestens 50 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
sowie einer Mitarbeiterbefragung von ungefähr 7.500 zufäl-
lig gezogenen Mitarbeitern aus denselben Betrieben. Die hier
analysierte erste Befragungswelle wurde im Jahr 2012/2013
erhoben. Die LPP-Betriebsbefragung erfasst neben Angaben
zu den Themenfeldern Rekrutierung, Mitarbeiterentwicklung
und Unternehmenskultur auch detaillierte Informationen
zur Mitarbeitervergütung. Der Mitarbeiterfragebogen enthält
ausführliche Angaben über die wahrgenommenen Arbeits-
bedingungen, den sozioökonomischen Hintergrund und die
Persönlichkeitseigenschaften der Befragten wie auch psycho-
logische Konstrukte z. B. zur Messung der Mitarbeiterbindung.
Die Befragung erfolgte auf freiwilliger Basis, jedoch zeichnet
sich das LPP durch eine hohe Teilnahmebereitschaft bei Betrie-
ben und Arbeitnehmern aus.
Variable Vergütungssysteme auch für Mitarbeiter ohne
Führungsverantwortung weit verbreitet
Aktuell nutzen 58 Prozent aller befragten Betriebe ein Gehalts-
system mit variablen Komponenten. Dabei steigt die Nutzungs-
häufigkeit mit der Betriebsgröße an. Während 53 Prozent der
kleinen Betriebe mit 50 bis 99 Beschäftigten ein solches Ge-
haltssystem nutzen, sind es bei den Betrieben mit 500 und mehr
Mitarbeitern sogar 80 Prozent. Dieser Zusammenhang mit der
Betriebsgröße ist über alle Branchen hinweg zu beobachten.
Das LPP erlaubt eine differenzierte Betrachtung der Nutzung
variabler Vergütungssysteme getrennt nach Mitarbeitern mit
Führungsverantwortung und Mitarbeitern ohne Führungsver-
antwortung. Es ist zu erwarten, dass variable Vergütung im
Bereich der Führungskräfte eine deutlich größere Rolle spielt
als bei Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung. Ursache
dafür ist, dass Mitarbeiter mit steigender Hierarchieebene ty-
1 Details zum Datensatz finden sich in Bellmann et al. (2014).
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