PERSONALquarterly 3/2015 - page 9

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03/15 PERSONALquarterly
zu unserem Thema: Was wären denn wichtige weitere Elemente
einer sinnvollen und guten Bankenregulierung?
Harald Hau:
Das sinnvollste Element besserer Bankenregulierung
ist eine höhere Eigenkapitalfinanzierung der Banken – ein As-
pekt, der von den Kollegen Admati und Hellwig sehr nachhaltig
dargelegt wurde.
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Die akademische Finanzforschung findet immer mehr Hinweise
darauf, dass Banken aufgrund regulativer Gestaltungsfreiheiten
(etwa bei der Anwendung interner Risikomodelle) die Regulie-
rung von Eigenkapitalanforderungen praktisch aushebeln kön-
nen. Das Gleiche kann man auch bei der Regulierung durch so
genannte Risikogewichte feststellen, die oft auf zweifelhafter
Risikobewertung durch Ratingagenturen beruhen.
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Die Ban-
kenaufsicht war hier bisher völlig überfordert, solch faktische
Aushebelung von Bankenregulierung auch nur zu identifizie-
ren, geschweige denn, dem entgegenzuwirken. Eine realistische
Einschätzung der Fähigkeiten der Bankenaufsicht verlangt nach
höheren regulativen Anforderungen an das Eigenkapital. Ein
solcher Kapitalpuffer würde die Bankeigner motivieren, vorsich-
tiger zu investieren, da dann sie selbst und nicht der Steuerzah-
ler die Kosten eines Kreditausfalls zu tragen hätten.
Ein zweiter wichtiger Ansatz ist die schon erwähnte Transparenz
der Bankaktiva. Im Zeitalter von „Big Data“ ist es heute technisch
möglich, sämtliche Bankaktiva bis auf die Wertpapier- und Ein-
zelkreditebene in einen öffentlich zugänglichen Datenspeicher
zu überführen. Aktienfonds unterliegen in den meisten Ländern
einer solchen Offenlegungspflicht bereits – Großbanken leider
nicht. Die Vorteile wären jedoch enorm: Die Aktienkurse von
Banken würden eventuelle Risikofaktoren früher und umfang-
reicher widerspiegeln, was die Arbeit der Aufsichtsräte und die
Qualität von Governance ganz allgemein verbessern dürfte. Die
technisch oft überforderte und politisch gelähmte Bankenauf-
sicht könnte durch öffentliche Kontrolle ergänzt werden. Das wil-
lentliche Versagen der Bankenaufsicht unter politischem Druck,
auch „Forbearance“ genannt, könnte eingedämmt werden. Kurz-
um: Bankentransparenz zu schaffen wäre ein sehr viel erfolgver-
sprechenderer und einfacherer Regulierungsansatz verglichen
mit der Regulierung von Bonussystemen.
3 Siehe insbesondere A. Admati und M. Hellwig, 2014, The Bankers‘ New Clothes: What’s Wrong with
Banking and What to Do about It,
4 Siehe insbesondere M. Efing and H. Hau, 2015, Structured Debt Ratings: Evidence on Conflicts of
Interest, Journal of Financial Economics, 116 (2015), 46-60.
PROF. DR. HARALD HAU
Geneva School of Economics and Management (GSEM)
of the University of Geneva
E-Mail:
Harald Hau studierte nach dem Abitur von 1987 bis 1990 als Sti-
pendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes Volkswirtschafts-
lehre an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Danach besuchte er die University of Virginia in Charlottesville,
wo er einen Master of Arts in Economics erwarb. 1996 machte er
seinen Ph.D. bei Kenneth S. Rogoff an der Princeton University. Er
war dann Assistant Professor an der École supérieure des sciences
économiques et commerciales (Frankreich) und dem INSEAD in
Fountainebleau and Singapore. Seit 2011 ist er Professor für Econo-
mics und Finance an der Universität Genf, wo er stellvertretender
Direktor des Geneva Finance Research Institute ist. Darüber hinaus
ist er Lehrstuhlinhaber am Swiss Finance Institute.
Forschungsaufenthalte führten ihn an das Institute for International
Economic Studies in Stockholm, das Centre for Economic Policy Re-
search in London, die Norges Bank in Oslo, das Hong Kong Institute
for Monetary Research und zum Internationalen Währungsfonds in
Washington, D.C. Außerdem war er Gastprofessor an der Haas School
of Business der University of California, Berkeley, und dem Center for
Economic Studies in München. Er veröffentlichte u. a. in „The Ame-
rican Economic Review“, „Review of Financial Studies“, „The Journal
of Finance“ und „Journal of Financial Economics“.
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