19
03/15 PERSONALquarterly
Zur Interpretation des zugrunde liegenden Mechanismus
ist die Ursache für die höheren Löhne zentral. Der Theorie des
„Gift Exchange“ zufolge sind hohe Löhne Voraussetzung dafür,
dass sich Mitarbeiter besonders anstrengen. Huang und Cap-
pelli argumentieren dagegen, die hohen Löhne seien Folge der
von motivierten Mitarbeitern erwirtschafteten Überschüsse,
die zwischen Belegschaft und Firma verteilt werden können.
Aufbauend auf diese Erkenntnisse betrachten Englmaier et
al. (im Erscheinen) dieselbe Fragestellung im „Workplace Em-
ployee Relation Survey“, einer repräsentativen Befragung bri-
tischer Unternehmen. Anstatt eine Klassifizierung der Firmen
anhand von Selbsteinschätzungen vorzunehmen, nutzen die
Autoren harte Evidenz, indem sie darauf abstellen, ob Firmen
im Bewerbungsverfahren Persönlichkeitstests nutzen. Persön-
lichkeitstests basieren, anders als klassische IQ-Tests, in der
Regel auf den sog. „Big-5“-Indikatoren (auch Fünf-Faktoren-
Modell), einer in der Psychologie anerkannten Methode zur
Klassifizierung der Persönlichkeit in fünf Hauptdimensionen:
Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Ge-
wissenhaftigkeit und Verträglichkeit. In Laborstudien zeigten
Teilnehmer, die nach dem Fünf-Faktoren-Modell als besonders
offen und verträglich eingestuft wurden, selbst eine hohe Affi-
nität zu reziprokem Verhalten (Ben-Ner et al., 2004).
Anhand des Unterscheidungsmerkmals „Verwendung von Per-
sönlichkeitstests im Einstellungsverfahren“ wurde eine Reihe
an organisatorischen Strukturmerkmalen geprüft. Wie in Abb.3
ersichtlich zahlen Firmen mit Persönlichkeitstests, konsistent
mit der Theorie des „Gift Exchange“, seltener niedrige Löhne
(1) und stellen ihren Mitarbeitern oftmals werthaltige Benefits
zur Verfügung: Sie bieten ihren Mitarbeitern signifikant häu-
figer arbeitgeberfinanzierte Pensionspläne an (2) und leisten
im Krankheitsfall länger als gesetzlich vorgeschrieben Lohnfort-
zahlungen (3). Auch können Mitarbeiter dieser Firmen mehr
Trainingsmöglichkeiten wahrnehmen (4). Doch auch die Firmen
scheinen zu profitieren: So liegt die Arbeitsproduktivität signi-
fikant über dem Wert von Firmen ohne Persönlichkeitstests (5).
Interessanterweise gelten diese Ergebnisse nur für Persön-
lichkeitstests. Weder IQ-Tests noch die Nutzung von Pay-for-
Performance-Anreizen haben einen systematischen Einfluss
auf die getestete Organisationsstruktur von Firmen oder deren
Performance. Dies lässt die bisher noch nicht systematisch
erfasste Bedeutung von Persönlichkeitstests erahnen.
Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Englmaier und Leider (2012)
Abb. 2:
Ergebnisse der Feldstudie zu Determinanten von Gift Exchange
Arbeitsleistung
(Dateneingaberate)
Arbeitsleistung
(Dateneingaberate)
Arbeitsleistung
(Dateneingaberate)
(1)
(2)
(3)
Variablen
Gesamte Stichprobe
Hohe Verträglichkeit
Niedrige Verträglichkeit
Befähigung zur Dateneingabe
0.220***
0.0590
0.0590
(0.0272)
(0.0531)
(0.0502)
Lohnerhöhung erhalten
-3.531***
2.392
-4.142**
(1.118)
(2.675)
(1.681)
Kontext der Arbeit etabliert
-1526
4.856
-0.377
(1.357)
(3.004)
(1.799)
Interaktion: Lohnerhöhung X Kontext
6.456***
2.041
5.380**
(1.731)
(2.676)
(2.495)
Kontrollvariablen
Ja
Ja
Ja
Beobachtungseinheiten
57
20
37
Gesamteffekt: Lohnerhöhung & Kontext
2.925**
4.433**
1.237
2.925**
4.433**
1.237
Das Drittel der Individuen mit den höchsten Verträglichkeitswerten ist als hoch verträglich klassifiziert. Die Ergebnisse basieren auf
querschnittsbasierten Zeitreihenregressionen (FGLS) mit heteroskedastischer Panelstruktur und AR(1) Korrelationen.
Standardfehler sind in Klammern. Signifikanz: *** p <0.01, ** p <0.05, * p <0.1