PERSONALquarterly 2/2015 - page 39

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Auch wenn die Fallzahl der zwei betrachteten Unternehmen
gering ist (was eine der wesentlichen Grenzen der Studie ist),
lassen sich auf Basis des konzeptionellen Bezugsrahmens und
der 43 Interviews interessante praktische Implikationen für Per-
sonaler und TM-Experten ableiten. Obwohl Talent Management
(z.B. in Deutschland) oft dazu genutzt wird, in Form von Förder-
programmen und Mentoringprogrammen insbesondere Frauen
in ihrer Karriere zu unterstützen, zeigen unsere Ergebnisse in
den zwei Unternehmen, dass sich in verschiedenen TM-Charak-
teristika und -Praktiken genderspezifische Verzerrungen und
geschlechtsspezifische Diskriminierungsrisiken identifizieren
lassen und Frauen und Talente mit einer eher stereotypen femi-
ninen Werteorientierung dadurch benachteiligt werden können.
Ein größeres Bewusstsein über diese versteckten Verzerrungen
und Diskriminierungsaspekte mit Hilfe der in unserer Studie
aufgeführten Annahmen und TM-Charakteristiken kann TM-
Experten helfen, die im Unternehmen angewendeten Praktiken
systematisch kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen, um die
Chancengleichheit für Talente jeglichen Geschlechts zu erhöhen
und eine „Think talent – think male“-Problematik zu vermei-
den. Darüber hinaus können Firmen das geschlechtsspezifische
Diskriminierungsrisiko in Auswahlprozessen für Talentförder-
programme durch die frühzeitige Offenlegung von Kriterien
und Prozessen vorbeugen und weitere weibliche Führungskräf-
te (ggf. auch externe) in Auswahlprozesse mit einbinden, um
einen möglichen gleichgeschlechtlichen oder männlichen Bias
auszugleichen. Und letztlich ist die Einführung einer offiziellen
Geschlechterquote für Talentförderprogramme ein effektives Ins­
trument zur Sicherstellung der Chancengleichheit. Jedoch sollte
vor Einführung derartiger Maßnahmen die Unternehmenskultur
der Organisation berücksichtigt werden, um Frustration und De-
motivation bei den MitarbeiterInnen zu vermeiden.
Gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwick-
lung und eines intensiven Wettbewerbs um gut ausgebildete
Fach- und Führungskräfte in Deutschland ist die Notwendig-
keit für Unternehmen groß, qualifizierte MitarbeiterInnen und
Talente im Unternehmen zu halten und mit einem effektiven
und chancengerechten Talent Management zu fördern.
SUMMARY
Research question:
How can a gender bias and a sex-related discri-
minatory risk in TM be conceptualised, and under which conditions
may TM be considered inclusive with respect to gender? Do firms
pursue different TM approaches with respect to gender inclusion, and
if so, how do they differ?
Methodology:
Comparative case study, including 43 interviews in
the German media industry.
Practical implications:
Talent management should be revisited
regularly to avoid a gender bias and detect discriminatory aspects and
to avoid a „think talent – think male“ phenomenon.
PROF. DR. MARION FESTING
Rektorin, Lehrstuhl für Personalmanage­
ment und Interkulturelle Führung
ESCP Europe, Campus Berlin
E-Mail:
DR. ANGELA KORNAU
Research Affiliate, Lehrstuhl für Personalma­
nagement und Interkulturelle Führung
ESCP Europe, Campus Berlin
E-Mail:
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DR. LYNN SCHÄFER
Geschäftsführerin Talent Management
Institut
ESCP Europe, Campus Berlin
E-Mail:
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