PERSONALquarterly 2/2015 - page 30

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PERSONALquarterly 02/15
SCHWERPUNKT
_CHANGE
existiert auch der Weg der peripheren Einstellungsänderung.
Hier werden nicht rationale und fundierte Argumente zur Ein-
stellungsbildung herangezogen, sondern vor allem periphere
Hinweisreize, wie soziale Urteile anderer und eigene Emotionen
oder Ängste, die gegenüber dem Einstellungsobjekt bestehen.
Zur Einstellungsänderung zugunsten flexibler Bürostruk-
turen sollten beide Verarbeitungswege der Mitarbeitenden
angesprochen werden. Die Möglichkeit der zentralen Verar-
beitung könnte durch wissenschaftlich begründete Informa-
tionen motiviert werden, in denen die Vorteile des flexiblen
Bürokonzepts reflektiert und inhaltlich argumentiert werden.
Wissenschaftliche Informationen zum flexiblen Bürokonzept
sind deshalb der erste Ansatzpunkt für eine Intervention zur
Einstellungsänderung der betroffenen Mitarbeitenden im
Change-Projekt. Der periphere Weg der Verarbeitung könnte
angeregt werden, indem Beurteilungen und Erfahrungen von
Personen aus anderen Bereichen oder Branchen mitgeteilt wer-
den, die selbst positive Erfahrungen mit flexiblen Bürostruk-
turen gemacht haben. Der Vergleich sollte sich auf die soziale
Beurteilung und die wahrgenommenen Normen auswirken. Er-
fahrungsberichte zum flexiblen Bürokonzept sind deshalb der
zweite Ansatzpunkt für eine Intervention zur Einstellungsän-
derung im Change-Projekt. Deshalb sollten begründete empi-
rische Befunde zur Machbarkeit flexibler Bürostrukturen (z.B.
intensive Zusammenarbeit und Kommunikation, Boutellier/
Ullman/Schreiber/Naef, 2008) sowie glaubwürdige Best-Prac-
tice-Beispiele die kognitiven Einstellungen der Mitarbeitenden
positiv beeinflussen.
Hypothese 1. Wissenschaftliche Informationen und Erfah-
rungsberichte verändern die kognitiven Einstellungen zum
flexiblen Büro positiv.
Häufig besteht auf Mitarbeiterseite ein emotionaler Wi-
derstand gegenüber Veränderungen, der auf Befürchtungen,
Bedenken oder auf Angst vor Unsicherheit beruht (Doppler/
Lauterburg, 2008). Um diesem emotionalen Widerstand zu
begegnen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter im Change-
Prozess zu berücksichtigen, sollten ebenfalls wissenschaftlich
fundierte Informationen bzgl. der Vorteile des Flexible Office
als auch Erfahrungsberichte den Betroffenen die Sicherheit
geben, dass die neue Bürostruktur wenige Risiken und persön-
liche Nachteile nach sich zieht.
Hypothese 2. Wissenschaftliche Informationen und Erfah-
rungsberichte verändern die affektiven Einstellungen zum
flexiblen Büro positiv.
Durch die oben beschriebenen kognitiven und affektiven
Einstellungsänderungen kann man das Denken und Fühlen
der Mitarbeitenden gegenüber dem Veränderungsprozess ver-
ändern. Unklar ist jedoch, ob sich dies auch in einstellungskon-
sistentem Verhalten ausdrückt. Zahlreiche Studien belegen,
dass der Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhal-
ten oft schwach und unzureichend ist (Aronson et al., 2004).
Um späteres Verhalten vorherzusagen, beziehen so genannte
Drittvariablenansätze verhaltensbezogene Einstellungen und
Intentionen in die Modelle mit ein.
Gemäß der Theorie des geplanten Handelns (Aijzen/Madden,
1986) entschließt sich eine Person, ein bestimmtes Verhalten
auszuführen, wenn sie selbst das Ergebnis als positiv einschätzt
(kognitive und affektive Einstellung gegenüber dem Verhalten)
und wenn relevante Bezugspersonen ebenfalls eine positive
Einstellung zeigen (soziale Norm). Der dritte Einflussfaktor ist
die Verhaltenskontrolle, d.h. die von den Betroffenen wahrge-
nommene Möglichkeit, das Ergebnis überhaupt beeinflussen
und nutzen zu können. Im Kontext der Einführung flexibler
Büros geht es um die Frage, ob die Veränderung die eigene
Arbeitsausführung beeinflusst und ob potenziell auftretende
Hindernisse und negative Beeinträchtigungen revidiert wer-
den können. Um verhaltensbezogene Einstellungen zu ändern,
sollte deshalb die Partizipation der Mitarbeitenden am Change-
Prozess berücksichtigt werden. Möglichkeiten bieten beispiels-
weise ein Beschwerdemanagementsystem oder die direkte
Beteiligung der Betroffenen. Partizipation sollte den Beteiligten
das Gefühl geben, Kontrolle über die Veränderung zu haben
und Korrekturen sowie Anpassungen vornehmen zu können,
um auch zukünftig erfolgreich in der neuen Bürostruktur ar-
beiten zu können (Frieling, 2002). Während die oben beschrie-
benen Interventionen der wissenschaftlichen Information und
der Erfahrungsberichte stärker die kognitiven und affektiven
Einstellungen beeinflussen, sollte die Partizipation sich stärker
auf die verhaltensbezogenen Einstellungen auswirken.
Hypothese 3. Die Möglichkeit zur Partizipation verändert die
verhaltensbezogenen Einstellungen zum flexiblen Büro positiv.
Vignettenstudie zur Wirksamkeitsprüfung der Interventionen
Die oben aus der Theorie abgeleiteten Einflussfaktoren auf
Einstellungen zum Veränderungsprozess – wissenschaftliche
Informationen, Erfahrungsberichte und Partizipation – sollten
im realen Fall den Change-Prozess flankieren. Um vorab die
Wirksamkeit dieser Interventionsmaßnahmen abschätzen zu
können, wurde mittels einer empirischen Studie deren Wirk-
samkeit geprüft. Methodisch sollten dabei so genannte Vignet-
ten verwendet werden, die in der organisationalen Forschung
auch als Policy-Capturing bekannt sind (Karren/Woodard/
Barringer, 2002). Bei dieser Technik versetzen sich Probanden
in mögliche Szenarien und beurteilen, wie diese ihr Denken,
Fühlen und Verhalten beeinflussen würden. Der Ansatz ist
insofern experimentell, als dass die einzelnen Situationen ei-
gene unabhängige Situationen darstellen (Versuchsgruppen),
die bezüglich der Wirkung auf Einstellungen und Verhalten
geprüft werden. Im hier beschriebenen Projekt erhielten die
Probanden eine Beschreibung eines möglichen Change-Pro-
zesses aus dem Einzelbüro ins flexible Büro. Variiert wurde die
Art der Intervention oder Begleitmaßnahme, die entweder aus
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