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02/15 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Wie können kritische Einstellungen zum anstehenden Veränderungsprozess
– der Einführung von flexiblen Büros – positiv beeinflusst werden?
Methodik:
Der Einfluss von (1) wissenschaftlichen Informationen zum flexiblen Büro, (2)
Erfahrungsaustausch sowie (3) Mitarbeiterpartizipation wird in realitätsnahen Szenarien
experimentell geprüft.
Praktische Implikationen:
Die Interventionen haben einen positiven Einfluss auf die
Einstellung zum Veränderungsprozess. Der Szenarioansatz ist eine gute Methode, um in der
Praxis die Wirkung möglicher Maßnahmen vor der Umsetzung zu prüfen.
Kognitiv basierte Einstellungen beziehen sich auf die Bewer-
tungen und rationalen Annahmen zu Vor- und Nachteilen, wel-
che eine Person gegenüber einem Einstellungsobjekt hat. Im
Kontext flexibler Büros sollten die Mitarbeitenden überzeugt
sein, dass die flexiblen Büros mehr Vorteile als Nachteile für
die Bewältigung der eigenen Arbeitsaufgaben mit sich bringen.
Affektiv basierte Einstellungen sind hingegen Bewertungen,
die auf Emotionen und Wertvorstellungen beruhen (Aronson/
Wilson/Akert, 2004). Im Kontext der flexiblen Büros geht es
um Ängste, Zu- und Abneigung oder erwartete Zufriedenheit,
die mit dem flexiblen Bürotypus in Verbindung gebracht wer-
den. Die dritte Komponente (d.h. verhaltensbezogene Einstel-
lungen) bezieht sich auf die Selbstwahrnehmung hinsichtlich
möglichen Verhaltens (Bem, 1972). Im Zusammenhang mit
dieser Studie beschreiben verhaltensbezogene Einstellungen,
ob Mitarbeitende bereit sind, in den Veränderungsprozess als
Testpersonen zu gehen und ihre alten Einzelbüros aufzugeben.
Alle drei Komponenten der Einstellung sollen im Change-Pro-
zess beeinflusst werden und sich in eher positiven kognitiven
und affektiven Einstellungen sowie einer Teilnahmebereit-
schaft am Pilotprojekt äußern. Denn ist die Einstellung von
Betroffenen gegenüber dem Veränderungsobjekt negativ, wird
die geplante Veränderung nicht unterstützt und der Change-
Prozess droht zu scheitern (Kaune, 2010).
Zur Erreichung einer positiven Einstellung von Personen
gegenüber Change-Prozessen werden in der Literatur zahl-
reiche Einflussgrößen diskutiert, beispielsweise die Schulung
der Mitarbeitenden, Informationen und Kommunikation, Füh-
rungsverhalten oder die Partizipation der Betroffenen (Vahs,
2009). Im Folgenden sollen Ansatzpunkte zur Veränderung
kognitiver, affektiver und verhaltensbezogener Einstellungen
im Detail erläutert werden.
Veränderung von Einstellungen
Bei der Bildung einer Einstellung werden Informationen und
Argumente auf zwei Wegen verarbeitet. Petty und Cacioppo
(1986) sprechen von einer zentralen Verarbeitung, wenn Per-
sonen bereitstehende Informationen tiefgründig elaborieren
können und dabei die verfügbaren Argumente kritisch und
sorgfältig abwägen und reflektieren. Neben dem zentralen Weg
ro sowohl die persönliche und soziale Einzigartigkeit (distinc-
tiveness) beeinträchtigt ist, als auch der eigene soziale und
persönliche Status nicht deutlich wird.
Hintergrund dieser Studie war die Einführung flexibler Bü-
rostrukturen in einem Dienstleistungsunternehmen mit 1.500
Mitarbeitenden. Entgegen der Erwartung des Managements
war die Mehrheit der Abteilungen nicht bereit, sich auf die fle-
xible Bürostruktur einzulassen und als Pilotbereich an der Ein-
führung teilzunehmen. ImChange-Projekt wurde deshalb nach
konkreten unterstützenden Interventionen gesucht, um sowohl
die Einstellung zum flexiblen Büro als auch die Bereitschaft zur
Teilnahme am Pilotprojekt zu beeinflussen. Außerdem sollte
die Wirksamkeit dieser Interventionen mit Hilfe einfacher, si-
tuationsnaher Szenarien (Vignetten) experimentell vorgetestet
werden, um die Nachhaltigkeit möglicher Interventionsmaß-
nahmen vorab zu prüfen.
Ausgehend vom Einstellungsbegriff werden im Folgenden af-
fektive, kognitive und verhaltensbezogene Einstellungskompo-
nenten dargestellt und Ansatzpunkte zur Veränderung dieser
Komponenten theoriebasiert abgeleitet. Im empirischen Teil
wird die Wirkung der Ansatzpunkte geprüft, um abschließend
die praktische Umsetzung im Change-Projekt aufzuzeigen.
Kognitive, affektive und handlungsbezogene Einstellungs-
komponenten
In der organisationspsychologischen Forschung gibt es eine
Vielzahl von Begriffen, um Einstellungen zum Veränderungs-
prozess zu beschreiben (z.B. Widerstand gegenüber Verände-
rungen, Akzeptanz von oder auchUmgangmit Veränderungen).
In dieser Studie folgen wir der Definition von Eagly/Chaiken
(1998, S. 269), die Einstellungen als psychische Tendenz be-
schreiben, „die dadurch zum Ausdruck kommt, dass man ein
bestimmtes Objekt mit einem gewissen Grad von Zuneigung
oder Abneigung bewertet“. Nach dem Dreikomponentenmodell
der Einstellung von Rosenberg/Hovland (1960) bestehen diese
Einstellungen aus einer kognitiven (z.B. kognitive Meinungsäu-
ßerung), einer affektiven (z.B. Gefühlsäußerungen) und einer
handlungsbezogenen Komponente (z.B. Verhaltensabsichten).
Für die Bereitschaft, den Veränderungsprozess (hier: flexibles
Büro) zu unterstützen, sind alle drei Komponenten relevant.
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