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Von der Strategie zum Einkauf – vom Einkauf
zum (Online)Shop – vom Shop zur Logistik und
von der Logistik zum Kunden
Diesen „einfachen“ Satz gilt es im Online- und
Versandhandel umzusetzen – und dies stellt je-
den Tag eine große Herausforderung dar. Im
Gegensatz zum stationären Handel sind hier
wesentlich mehr Kennzahlen zur Bewertung der
Performance heranzuziehen, um zu erkennen,
welche Prozesse zur Leistungssteigerung opti-
miert werden müssen. In erster Linie müssen
alle KPIs, die im E-Commerce relevant sind, ge-
sammelt und definiert werden – denn Umsatz
ist hier nicht gleich Umsatz.
Viele Abteilungen sprechen hier von unter-
schiedlichen Umsätzen. Während im eCommerce
und Online-Marketing die Bestellumsätze rele-
vant sind, ist für die Finanzabteilung der Umsatz
excl. Umsatzsteuer nach Stornierungen (Ver-
sandumsatz) und Retouren relevant.
Je nach Abteilung kommt es hier auf die
Verantwortung der jeweiligen Kennzahl an.
Der Einkauf blickt auf die Bestellumsätze nach
Artikelreduzierungen, da er diese selbst steu-
ern kann. Für das Online-Marketing sind die
Bestellumsätze nach Gutscheinrabatten inter-
essant, um zu überprüfen, ob eine Aktion (z. B.
Gutschein-Code) aus einer Printwerbung er-
folgreich war.
Einführung einer KPI-Bible
Im ersten Schritt sollten alle relevanten Kenn-
zahlen gesammelt und in einer sogenannten
KPI-Bible festgehalten werden. Selbstverständ-
lich sollten bei der Erstellung der KPI Bible alle
relevanten Abteilungen mit einbezogen werden.
Die KPI-Bible dient als Nachschlagewerk im
Unternehmen,
damit jeder Mitarbeiter die
Möglichkeit hat, sich über alle Kennzahlen
zu informieren
, ähnlich einer Formelsamm-
lung in der Naturwissenschaft. Somit kommt es
zu keinen Komplikationen bei der Analyse von
Reports und diversen Auswertungen.
Des Weiteren haben auch Berichtsempfänger
aus fachfremden Abteilungen die Möglichkeit,
sich einen Überblick zu verschaffen.
Aufbau der KPI-Bible:
1. Name der Kennzahl
2. Beschreibung / Definition
3. Berechnung
4. Beispiel
5. Benchmark
6. Quelle (z. B. SAP, Google Analytics, etc.)
7. Verantwortlicher MA
In jedem Report sollte die KPI-Bible im An-
hang zu finden sein. Auf diese Weise wird eine
einheitliche „Controllingsprache“ festgelegt
und Komplikationen in der Kommunikation
minimiert.
Kennzahlenbewertung
mit der Vester-Matrix
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Nachdem alle Kennzahlen festgelegt wurden,
müssen diese nach Priorität zur Steuerung be-
wertet werden. Hier hat sich die Vester-Matrix
(Papiercomputer) bewährt. Abbildung 1 zeigt
das typische Ergebnis einer Sensitivitätsana-
lyse eines Online- und Versandhändlers.
Die
KPIs im linken oberen Bereich (hohe Aktiv-
summe bei glz. niedriger Passivsumme)
sind die wirksamsten Stellhebel
, die Kenn-
zahlen im rechten unteren Bereich sind reaktive
Kennzahlen, d. h. die typischerweise ein Ergeb-
nis zeigen aber nicht direkt wirken können.
Kennzahlen im rechten oberen Quadranten
können kritisch sein, denn diese bewirken viel,
sind aber auch stark fremdbeeinflusst und
somit schwer kontrollierbar.
Schlüsselkennzahl Besucher
Was für den stationären Handel der Kunde
auf der Verkaufsfläche ist, ist für den eCom-
merce hierbei
der Traffic bzw. Besuche auf
der Website.
Viele Komponenten spielen
beim Websiteaufbau eine nicht unerhebliche
Rolle, damit der Besucher möglichst lange auf
der Website bleibt, viele Seiten aufruft und
zuletzt natürlich einen Kauf tätigt.
Vorab ist natürlich intensives Marketing not-
wendig, damit der potenzielle Kunde über-
haupt die Website besucht. Zunächst muss
allerdings festgelegt werden, wie viele Besu-
cher benötigt werden, um den Zielumsatz des
Online-Shops zu erreichen.
Nachdem der Umsatz, hier Bestellumsatz, fest-
gelegt wurde, kommen die Kennzahlen AOV
(Average Order Value = Ø Wert des Waren-
korbs) und die Conversion Rate (Anzahl der Be-
sucher, die einen Kauf getätigt haben, ausge-
drückt in %) ins Spiel. Für den Average Order
Value und die Conversion Rate sollten die letz-
ten 12 Monate analysiert werden, um einen
Ziel- bzw. Planwert festzulegen. Mit diesen bei-
Controlling im eCommerce
Welche Kennzahlen im Onlinehandel
analysiert und gesteuert werden
von Kristoffer Ditz
CM Januar / Februar 2016