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Stellen sich die nächstfälligen Kontrakte auf der
Zeitachse preislich günstiger dar, so befindet
sich die Terminkurve in Backwardation. Dies
bedeutet, dass beim Rollen des zu sichernden
Rohstoffvolumens (Rohstoffexposure) Gewinne
entstehen. Denn für die Rohstoffpreissicherung
bedeutet dies, dass zum einen auf Termin billi-
ger im Vergleich zur Kassa eingekauft werden
kann und zum anderen zusätzlich die für das
Termingeschäft geforderten Sicherheiten und
die restliche Überschussliquidität in der Zwi-
schenzeit mit Verzinsung angelegt werden kön-
nen. Umgekehrt kommt es dann zu Verlusten,
wenn die Terminkurve im Contango aufwärts
gerichtet ist. Ein Contango führt beim Überrol-
len in den nächsten Termin zu sogenannten
Rollverlusten. Die letzten Jahre waren dadurch
geprägt, dass die Mehrheit der gehandelten
Rohstoffe eine Terminkurve im Contango auf-
wies, wodurch das Sicherungsergebnis deut-
lich beeinträchtigt wurde.
Empirische Analyse: Vergleich
von rollierenden Sicherungsstra-
tegien mit der Kassastrategie
Steht eine sichere Kalkulationsbasis und da-
mit die Sicherheit des Rohstoffpreises im Vor-
dergrund, bieten sich Termingeschäfte wie
Futures oder Forwards an. Die Tatsache, dass
sich aus der Notwendigkeit des Rollens Ge-
winne oder Verluste ergeben können, bedeu-
tet für die Preissicherung, dass sich das Si-
cherungsergebnis keineswegs nur aus der rei-
nen Kassa-Preisentwicklung des Rohstoffs
ergibt. So kommt die sogenannte Rollrendite
als zweite Ertragskomponente hinzu. Im Falle
des Contango ergibt sich ein Negativ-Effekt,
im Falle der Backwardation werden positive
Effekte generiert, wenn eine Rohstoffpreisab-
sicherung gegenüber dem ungesicherten Ein-
kauf von Rohstoffen (Kassastrategie) vergli-
chen wird.
Interessant ist daher die Frage nach der Vorteil-
haftigkeit von verschiedenen systematischen
Sicherungsstrategien gegenüber einem ungesi-
cherten Einkauf (Kassastrategie). Dieser Ver-
gleich wird beispielhaft anhand historischer
Terminpreise für drei an der London Metal Ex-
change (LME) gehandelten Metallkontrakte auf
Kupfer, Aluminium und Nickel für folgende,
über Datastream zur Verfügung stehende, Zeit-
räume überprüft:
·
Kupfer, Aluminium: September 1995 bis De-
zember 2013, 220 Monate
·
Nickel: Dezember 1999 bis Dezember 2013,
169 Monate
Abbildung 7 zeigt den Preisverlauf der Kassa
sowie ausgewählter Terminkontrakte auf Kup-
fer. Sehr gut ist zu erkennen, dass die stark
steigenden Preise in den Jahren ab 2002 von
kontinuierlich bestehenden Backwardation-
Strukturen am Terminmarkt begleitet waren. In
dieser Phase war die Versorgungslage durch
die kontinuierlich stark steigende Nachfrage
der chinesischen Volkswirtschaft an Kupfer von
chronischen Engpässen gekennzeichnet. Um-
gekehrt gilt, dass in Perioden von zurückgehen-
den bzw. sich seitlich bewegenden Preisen die
Contango-Struktur vorherrschend ist.
Interessant ist die Häufigkeitsstatistik für Con-
tango-Strukturen für diese drei Metalle. Aus
Abbildung 8 geht hervor, dass diese Situation
für Aluminium mit 71% Anteil als Normalfall be-
trachtet werden kann. Umgekehrt ist der Be-
fund bei Nickel. Hier lagen im beobachten Zeit-
raum nur in 26% der Monate Contango-Kurven
vor. Offensichtlich ist bei diesem Metall die
Backwardation die übliche Marktsituation. Bei
Kupfer sind die Anteile von Contango mit 46%
gegenüber der Backwardation im beobachteten
Zeitraum eher ausgeglichen, die Backwardati-
Abb. 7: Kassa- und Terminpreisentwicklung für Kupfer an der LME 1993-2013; Quelle: Datastream
Abb. 8: Anteil Contango-Strukturen bei den untersuchten LME-Metallen
CM Januar / Februar 2016