76
lungen rein finanziell abgewickelt wird.
Da
Finanzderivate meist finanziell abgerechnet
werden, ist in diesen Fällen ein zusätzliches,
physisches Geschäft parallel notwendig.
Im Vergleich zu Finanz-Futures weisen Roh-
stoff-Futures Besonderheiten auf. Bei Finanz-
Futures, beispielsweise auf einen Aktienindex
wie dem DAX, ist die Differenz zwischen Ter-
minkurs und Kassapreis aufgrund von Verzin-
sungsüberlegungen stets positiv. Hingegen ist
diese Differenz bei Futures auf Rohstoffen, wie
z. B. Rohöl oder Metallen, deutlich höher und
kann auch negativ sein. Gründe für diese grö-
ßere Differenz sind neben den Finanzierungs-
kosten vor allem Lagerkosten sowie Kosten für
Transport und Versicherung.
All die Kosten, die im Zusammenhang mit der
Lagerung des Rohstoffes auftreten, werden in
den sogenannten Cost of Carry zusammenge-
fasst. Aufgrund der Cost of Carry notiert der
Terminkurs des Futures im Normalfall über dem
aktuellen Kassakurs. Diese Marktsituation ist in
Abbildung 4 gezeigt und wird als Contango be-
zeichnet.
Zu beachten ist, dass die Cost of Carry mit län-
geren Laufzeiten der Terminkontrakte zuneh-
men. Somit ist ein nächstfälliger Terminkon-
trakt teurer; man spricht von einer Terminkurve
in Contango (vgl. Abbildung 5).
Bei Rohstoffen, insbesondere bei Energieroh-
stoffen, kann es jedoch auch vorkommen,
dass die Terminkurse unterhalb der Kassaprei-
se liegen. Diese Marktsituation wird mit dem
Begriff „Backwardation“ bezeichnet. Typisch
für eine Backwardation-Situation ist die uner-
wartete Verknappung des Angebots, bei-
spielsweise durch politische Unruhen, Streiks
oder Auswirkungen von Wetterphänomenen.
22
Diese Ursachen führen dazu,
dass die Wert-
haltigkeit von physischem Besitz, welcher
auf Lager gehalten wird und sofort verfüg-
bar ist, zunimmt.
In diesem Fall spricht man
davon, dass der „Convenience Yield“ (ent-
spricht der Verfügbarkeitsrendite) höher ist als
die „Cost of Carry“. Backwardation-Situatio-
nen entstehen grundsätzlich durch Transport-
schwierigkeiten oder knappe Lagerbestände.
Auf lange Sicht geht der Markt von einer Beru-
higung der angespannten Versorgungslage
aus, so dass die Terminkontrakte sukzessive
niedriger notieren (vgl. Abbildung 6).
Die bisherige Darstellung hat deutlich ge-
macht, dass die Terminkurvenstruktur bei der
Rohstoffpreissicherung besondere Aufmerk-
samkeit verdient. Aus ihr heraus lassen sich
wichtige Hinweise auf die fundamentale Daten-
konstellation gewinnen.
Ist die Versorgungs-
lage eher angespannt, wächst kurzfristig
der Preisdruck.
In diesem Gemengelage ver-
läuft die Terminkurve oftmals in Backwardati-
on. Sind die Lagerbestände hingegen ausrei-
chend und die kurzfristige Marktversorgung
weitgehend problemlos gegeben, ist die Ter-
minkurve aufgrund der Cost of Carry im Con-
tango aufwärts gerichtet.
Aus den Betrachtungen zu Contango und Back-
wardation leitet sich unmittelbar ab, dass die
Kosten einer Rohstoffsicherung nicht nur von
der Wertentwicklung der Kassapreise abhängig
sind. Es wird deutlich, dass der Verlauf der Ter-
minkurve einen erheblichen, keineswegs zu un-
terschätzenden Anteil am Sicherungsergebnis
im Rohstoffbereich bestimmt. Rohstoffpreissi-
cherung über Futures-Kontrakte bedeutet,
dass kontinuierlich Terminkontrakte zu unter-
schiedlichen Fälligkeiten gekauft werden müs-
sen. Dies hat zur Folge, dass vor dem jeweiligen
Fälligkeitstermin ein Tausch in den Folgekon-
trakt erforderlich wird, um den Preis fortlaufend
sichern zu können. Diesen Vorgang nennt man
„Rollen“. Es besteht dabei die Möglichkeit, dass
das Rollen ohne größere Wertveränderung er-
folgt. Häufig ist dies aber nicht der Fall.
Immer
dann, wenn sich der Preis des neuen Kon-
trakts, in den gerollt wird, vom bisherigen
unterscheidet, entstehen Gewinne oder
Verluste.
Abb. 6: Backwardation Terminkurve am Beispiel Kupfer 30.12.2005
Abb. 5: Contango Terminkurve am Beispiel Kupfer 31.12.2002
Management von Rohstoffpreisrisiken