CONTROLLER Magazin 1/2016 - page 46

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Realistic- und Best-Case) arbeiten, erhalten sie
sogar mehrere starre Planungen,
denn die un-
terschiedlichen ermittelten Einflüsse der
Risiken und Chancen lassen sich nicht in
eine zusammenhängende Gesamtplanung
übernehmen.
Wie dieser Artikel anhand des simplen Bei-
spiels der Cold Coffee Corporation AG gezeigt
hat, ist die stochastische Unternehmenspla-
nung weniger kompliziert als vielfach ange-
nommen. Selbstverständlich ist diese Metho-
de aufwändiger als die klassischen Methoden
der Risikobewertung, weshalb die Analyse ei-
nes Großunternehmens eine Herausforde-
rung darstellt. Aber die immensen Vorteile,
die eine risikoadjustierte Unternehmenspla-
nung auf Basis z. B. der Monte-Carlo-Simula-
tion mit sich bringt, sind überzeugend und
sollten von jedem Unternehmen genutzt wer-
den, denn Tools wie beispielsweise RiskKit
sind auch für kleinere Unternehmen er-
schwinglich.
Es bleibt die Frage, weshalb viele Risikoma-
nager bei dem Versuch, die stochastische
Szenarioanalyse einzuführen, scheitern. Ein
Grund hierfür könnte sein, dass vielen Unter-
nehmensleitern und Vorständen bereits das
grundlegende Verständnis für das Thema Ri-
sikomanagement fehlt und sie dies für eine
gesetzlich auferlegte Last halten. Ein anderer
Grund könnte die fehlende Integration des Ri-
sikomanagements in das Controlling und die
originäre Unternehmensplanung sein.
Risiko-
adjustierte Planung gehört immer noch
nicht zum Standardrepertoire des Cont-
rollings
und wird häufig nicht in der klassi-
schen Unternehmensplanung angewendet.
Fehlt dann die Verknüpfung zum Risikoma-
nagement, ist die Verknüpfung von Risiken
und Planung zu einer risikoadjustierten Pla-
nung bereits gescheitert. Was kann getan
werden, um diesen Zustand zu verbessern?
Zum einen
brauchen Unternehmen Risiko-
manager mit einer guten Ausbildung.
Zum
anderen sollten Risikomanagement und
die
Grundzüge der risikoadjustierten Planung
zum Standard in der Ausbildung eines je-
den Betriebswirtes
, Controllers, angehen-
den Unternehmenslenkers, eben all derjeni-
gen gehören, die später den Planungs- und
Entscheidungsprozess mitgestalten. Da dies
wertvollsten Verfahren
, das dem Risikoma-
nagement im Zuge der Analyse von Risiken
und der Unterstützung der Unternehmenspla-
nung zur Verfügung steht.
Fazit
Franz Kafka sagte einmal: „Wege, die in die
Zukunft führen, liegen nie als Wege vor uns.
Sie werden zu Wegen erst dadurch, dass man
sie geht.“
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Auf den in der Einleitung dieses Ar-
tikels erwähnten großen Entdecker Kolumbus
mag das bezüglich der Entdeckung Amerikas
zutreffend sein. Und auch heute gilt: Die Zu-
kunft ist ungewiss – und das Ungewisse liegt
in der Zukunft. Aber: Wollen Menschen nicht
seit Menschengedenken wissen, wie die Zu-
kunft aussieht und die Ungewissheit in Ge-
wissheit verwandeln? Schon in der Antike
wurden große Orakel befragt und die Men-
schen deuteten nach ihren Vorstellungen und
Hoffnungen, was das Orakel in seiner meist
ungenauen (und spekulativen) Aussage zu sa-
gen vermochte.
Verwunderlich ist, dass Unternehmen auch
heute noch ähnlich planen wie unsere Vorfah-
ren in der Antike. Planzahlen werden im Cont-
rolling meist mit Schätzungen hochgerechnet,
Schätzungen wie bei einem Orakel, nur dass
diese heute Vertrieb, Unternehmensleitung
oder ähnlich heißen. Eine wirklich fundierte und
belegbare Analyse liegt diesen Schätzungen
meist nicht zugrunde. Die Unternehmen, die le-
diglich über ein Risikomanagement mit einer
klassischen Risikoquantifizierung verfügen,
kommen dem Ziel einer realistischen Unterneh-
mensplanung kaum näher. Denn sie können le-
diglich binominale Zustände in die Planung
übernehmen, d. h. Risiken oder Chancen treten
ein oder sie treten eben nicht ein. Wenn diese
Unternehmen mit verschiedenen Cases (Worst-,
kostendeckenden Effekt auf den EBT hat.
Um den Einfluss der Risiken und Chancen auf
den EBT im Einzelnen beurteilen zu können,
bietet RiskKit die Möglichkeit, eine Sensiti-
vitätsanalyse durchzuführen
.
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Vorteile gegenüber klassischen
Bewertungsmethoden
Die Zukunft ist mit Sicherheit unsicher. Diese
Aussage gilt seit Menschengedenken und fin-
det sich deshalb auch in zahlreichen volks-
tümlichen Aphorismen wieder.
„Situationen,
die in der Zukunft liegen, sollten deshalb
nicht durch einen einzelnen Schätzwert
beschrieben werden
, denn dies vermittelt
eine Genauigkeit, der nicht entsprochen wer-
den kann.“
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Aus diesem Grund sollte ein
Unternehmen seine
Planrechnungen und
Analysen nicht auf ein einzelnes Szenario
ausrichten
, wie es im Rahmen der klassi-
schen Risikoanalyse auch heute noch in vie-
len Unternehmen üblich ist.
Mit Hilfe von Szenarien kann eine Vielzahl von
Entwicklungen analysiert und dargestellt wer-
den.
Es ist mit ihrer Hilfe möglich, die gan-
ze Bandbreite des Einflusses von Risiken
und Chancen auf die Planwerte abzubil-
den.
Durch die Verarbeitung von mehreren
tausend Szenarien im Rahmen der stochasti-
schen Szenarioanalyse (wie der Monte-Carlo-
Simulation) unter Einbeziehung von realitäts-
konformen Wahrscheinlichkeitsverteilungen
kann eine realitätsnahe Prognose der eingege-
benen Parameter (Risiko- und Chanceneinflüs-
se) erreicht werden. Durch die Berücksichti-
gung von Korrelationen, also Wechselwirkun-
gen, zwischen den Risiken und Chancen und
der Möglichkeit, Zusammenhänge und Auswir-
kungen statistisch sauber auszuwerten,
wird
die stochastische Szenarioanalyse zum
Autor
Dipl.-Kfm. (FH) Tim-Benjamin Bohmfalk M.A.
ist als Risiko- und Compliancemanager in einem deutschen
Einzelhandelsunternehmen tätig.
E-Mail:
Stochastische Szenarioanalyse
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