CONTROLLER Magazin 1/2016 - page 42

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Problem:
Die Entwicklung einer Geschäftsidee
vom ersten Gedanken bis hin zum reifen Pro-
dukt erfordert erhebliche Finanzmittel. Dem
stehen meist geringe Umsätze und häufig ne-
gative Ergebnisse gegenüber. Die damit oftmals
nicht mehr mögliche Fremdfinanzierung über
Banken stellt die Unternehmen vor erhebliche
Schwierigkeiten.
Ziel:
Erschließung alternativer Finanzierungs-
quellen bei gleichzeitig geringen Finanzierungs-
kosten, Verbesserung der Finanzierungsstruktur
und Begrenzung des Einflusses der Investoren.
Methode:
Crowdfunding, das ist die Finanzie-
rung eines Projektes oder eines Unternehmens
durch eine große Zahl von Investoren bzw. Un-
terstützern über das Internet.
Beschreibung:
Zwischen kapitalsuchenden Un-
ternehmen und Investoren ist eine Crowdfun-
dingplattform als Vermittler tätig – sie präsen-
tiert die Finanzierungsangebote ausgewählter
Unternehmen auf ihrer Internetseite, stellt Ver-
tragsmuster zur Verfügung und übernimmt oft
auch beratende Funktionen. Spendenfinanzier-
tes (Donation-based) Crowdfunding unterstützt
oft karitative oder soziale Projekte. Belohnungs-
basierte Crowdfinanzierung (Reward-based
Crowdfunding) bietet zwar eine Gegenleistung,
teilweise aber mit hohem ideellen Anteil, z. B.
eine signierte CD. Darlehensmodelle (Crowdlen-
ding) liegen oft an der Grenze zum Einlagenge-
schäft, das Banken vorbehalten ist. Beim hier
diskutierten Crowdinvesting gewährt das Unter-
nehmen dem Investor eine erfolgsabhängige
Verzinsung sowie die Partizipation an der Wert-
steigerung. Anfänglich waren atypische stille
Beteiligungen und Substanzgenussrechte die
vorherrschenden Finanzierungsinstrumente im
Crowdinvesting. Zur Umgehung der kostenin-
tensiven Prospektpflicht wurden die Emissions-
volumina bei 100.000 € (Deutschland) bzw.
250.000 € (Österreich) begrenzt. Mit qualifizier-
ten partiarischen Nachrangdarlehen wurde bald
eine Regelungslücke gefunden, die 2015 vom
Gesetzgeber geschlossen wurde, allerdings mit
erweiterten Ausnahmeregelungen.
So unterliegen heute Finanzierungen in Deutsch-
land erst ab 2,5 Mio. € der Prospektpflicht,
Kleinanleger müssen ab 1.000 € in einer Selbst-
auskunft ein liquides Vermögen von 100.000 €
oder monatliches Nettoeinkommen nicht weni-
ger als 50% des Investments nachweisen (§2a
VermAnlG). In Österreich regelt das AltFG eine
vereinfachte Prospektflicht ab 1,5 Mio. € Emissi-
onsvolumen, volle Prospektpflicht gilt ab 5 Mio. €,
eine Selbstauskunft ist erst ab einem Einzel-
investment von 5.000 € notwendig. In Deutsch-
land wie in Österreich besteht ein Rücktritts-
recht von 14 Tagen.
Handlungsempfehlung:
Für Unternehmen er-
öffnet sich die Chance, Risikokapitalgeber auch
für kleine und riskante Finanzierungen zu gewin-
nen. Qualifizierte Nachrangdarlehen und Subs-
tanzgenussrechte bergen für Investoren eigen-
kapitalähnliche Risiken (z. B. Gefahr des Total-
verlusts), eröffnen aber auch Chancen (Partizipa-
tion an der Wertsteigerung des Unternehmens).
Aus Sicht des Finanzcontrollings verbessert sich
die Finanzierungsstruktur bei vergleichsweise
günstigen Finanzierungskosten und ohne Verlust
von Einfluss. Neben diesem Finanzierungseffekt
ist der Marketing- und der Marktforschungs-
effekt des Crowdfunding hervorzuheben. Bei der
Auswahl der Crowdfundingplattform ist beson-
ders auf Kosten, Bekanntheit und Erfahrung des
Anbieters zu achten.
Ausblick:
Das Finanzierungsvolumen im Crowd-
investing ist immer noch sehr überschaubar
(kumuliert ca. 40 Mio. € in Deutschland, Stand
März 2015). Gerade für innovative Startups
wird daher mit einem starken Wachstum des
Crowdfunding gerechnet. Geschäftsleitung und
Controlling sind zunehmend mit Kenntnissen im
Bereich alternativer Finanzierungen, der Unter-
nehmensbewertung sowie in der strategischen
Finanzkommunikation gefordert.
Literaturempfehlung
Beck R (2014): Crowdinvesting. Die Investition
der Vielen, 2. Aufl., Düsseldorf.
Für-Gründer.de (2014): Crowdinvesting-Moni-
tor,
crowdfinanzierung-q1-2015/, abgerufen am
14.8.2015.
Hahn C (Hrsg, 2014): Finanzierung und Besteu-
erung von Start-up-Unternehmen. Wiesbaden.
Wardrop, Z et. al. (2015): Moving Mainstream.
The European Alternative Finance Benchmar-
king Report. Cambridge.
Sprecher dieser Artikelreihe: Prof. Dr. Nicole Jekel,
Daum (Rechnungswesen, Projektcontrolling), Prof.
Dr. Nicole Jekel (Performance, Marketing-Control-
ling, Gamification), Prof. Dr. Heike Langguth (Finan-
zierung, Investition, Unternehmensbewertung), Prof.
Dr. Hans Schmitz (Controlling und IT, Controlling und
Verhalten), Prof. Dr. Carsten Wilken (Controlling für
den Mittelstand)
Autor
Prof. (FH) Dr. Markus Ilg
hat bei zeb/rolfes.schierenbeck Banken im Controlling beraten,
ist seit 2009 Hochschullehrer für Controlling und seit 2013 Stu-
diengangsleiter für die betriebswirtschaftlichen Bachelor- und
Masterstudiengänge an der FH Vorarlberg. Er ist Mitglied im
Arbeitskreis der Controlling-Professuren an Hochschulen.
E-Mail:
Crowdfunding – Chancen und
Risiken für Unternehmen und
Investoren, Herausforderungen
für Finanzcontroller
von Markus Ilg
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