CONTROLLER Magazin 1/2016 - page 24

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Modelle bzw. Theorien sind eben immer „nur“
vereinfachte Abbilder der Realität. Dennoch
sind theoriegestützte Rechnungen besser als
völlig allein gelassen „im Nebel zu stochern“.
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Vgl. Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance,
2006, S. 769. Bei einem Termingeschäft wird
bereits heute festgelegt, zu welchem Kurs man
später Devisen kauft bzw. verkauft. Wenn wir
also bspw. auf Basis FCU ein attraktives Projekt
identifiziert haben, aber stark an demnächst
sinkende Wechselkurse in Preisnotierung glau-
ben, können wir uns auch in inländischen GE die
Attraktivität des Projektes sichern, indem wir
sofort bzw. von Periode zu Periode ein Termin-
geschäft abschließen, das uns erlaubt, zu einem
gegenwärtigen (quasi „eingefrorenen“) Kurs
fremde Währungen verkaufen zu dürfen (be-
dingtes Termingeschäft) bzw. zu müssen (unbe-
dingtes Termingeschäft). Vgl. für ein einfaches
Beispiel Kesten, R., Grundlagen der Unterneh-
mensfinanzierung, 2012, S. 175-177 und S.
198-199. Natürlich funktioniert diese Strategie
nicht mit einem einzigen in t=0 abgeschlosse-
nen Terminkontrakt, wenn es sich um ein sehr
langlebiges Projekt handelt. Ferner ist zu be-
denken, dass ein inländisches Management oft-
mals die Möglichkeit hat, generierte FCU-Beträ-
ge im Ausland verzinslich zu reinvestieren und
einen günstigeren Wechselkurs abzuwarten
oder gar in andere Devisen umzuschichten.
Ergänzend lassen sich Sensitivitätsanalysen
erstellen, die für jede Projektphase (bspw. Er-
richtungsphase, Nutzungsphase, Entsorgungs-
und Liquidationsphase) kritische Wechselkurse
hinsichtlich eines heimischen Mindestkapital-
wertes bestimmen, die dann mit den aktuellen
Erwartungen abgeglichen werden können. Ab-
schließend kann man sagen, dass man – gut
entwickelte Devisenmärkte und professionelles
Finanzmanagement unterstellt – im Wechsel-
kursrisiko in der Regel kein K.O.-Kriterium für
Auslandsinvestitionen sehen sollte.
vergleichbare Shareholder im Ausland von un-
serem Investitionsprojekt fordern würden. Inso-
fern nutzen wir am Ende doch den gleichen
theoretischen Hintergrund, der auch zur Wech-
selkursprognose herangezogen werden kann,
empirisch aber ab und an auf wackeligen Füßen
steht. Doch ganz ohne Theorie eine Entschei-
dungsunterstützung anzubieten ist eine noch
schlechtere Handlungsalternative.
Die bisherigen Ausführungen basieren auf der
Annahme sog. flexibler Wechselkurse. Dies be-
deutet, dass sich die Kurse allein nach Angebot
und Nachfrage auf dem Devisenmarkt bilden.
Daneben existieren auch Kurssysteme mit fes-
ten oder in definierten Bandbreiten schwanken-
den Austauschverhältnissen zwischen zwei
Währungen. Diese weisen allerdings meistens
einen zeitlich begrenzten Charakter auf, da die-
se Wechselkurse durch die Politik künstlich er-
zwungen werden (bspw. gab es in den 1990er
Jahren eine 1:1-Bindung des argentinischen
Peso an den US-Dollar, die aber 2002 aufgrund
hoher Staatsverschuldung gegenüber dem
Ausland, wirtschaftlicher Rezession und fehlen-
dem Vertrauen ausländischer Geldgeber wieder
aufgegeben werden musste; in Bandbreiten
fixiert ist derzeit bspw. der chinesische Ren-
mimbi Yuan gegenüber dem US-Dollar, was an-
gesichts der Wirtschaftskraft Chinas bislang
funktioniert; auch der Euro wird gern als sog.
Ankerwährung genutzt, bspw. von Dänemark,
Bulgarien oder Bosnien und Herzegowina).
Aus Sicht der Praxis gilt es dann, den weiteren
Fortbestand von festen Wechselkursen einzu-
schätzen, indem eine strategische Umweltana-
lyse auf makroökonomischer Ebene initiiert
wird. Freilich keine leichte Aufgabe, die sicher
nicht der Kernkompetenz von Controllern zuzu-
ordnen ist. Aber auch hier gilt: Rechnen Sie in
Auslandswährung und leiten Sie eine Rendite-
forderung von vergleichbaren Auslandsinvesto-
ren ab. Denn die feste Anbindung an die In-
landswährung ist gleichbedeutend mit der Exis-
tenz eines Hedgingkontraktes – nur halt gratis.
Fußnoten
1
Vgl. näher Loderer, C., Bewertung Band 1,
2010, S. 383-394; Brealey/Myers/Allen, Cor-
porate Finance, 2006, S. 769-771.
kursprognosen sollten wir also, wenn es denn
geht, vermeiden. Und in vielen Fällen können
wir uns eine Prognose aus gutem Grund erspa-
ren: Wir können uns meistens gegen unliebsa-
me Wechselkursschwankungen durch Einsatz
von derivativen Finanzinstrumenten (unbeding-
te Devisentermingeschäfte sowie Devisenoptio-
nen) schützen oder im umgekehrten Fall sogar
von positiven Kurserwartungen (völlig unabhän-
gig von der Frage, ob wir unser Auslandsprojekt
realisieren wollen) profitieren.
Dank derivativer Finanzinstrumente (die freilich
nicht immer für alle Wechselkurse bzw. Wäh-
rungsgebiete im gewünschten Umfang verfüg-
bar sind) können wir separat auf Basis der ope-
rativen Cashflows in Fremdwährung rechnen
und eine Entscheidung treffen. So weisen Bre-
aley/Myers/Allen treffend darauf hin, dass es
für ein inländisches Unternehmen unsinnig
wäre, ein Auslandsprojekt nur deshalb realisie-
ren (ablehnen) zu wollen, weil das Management
an günstige (ungünstige) Wechselkursentwick-
lungen glaubt. Statt ggf. eine „ausländische In-
vestitionsruine“ zu schaffen, sollte man in so ei-
nem Fall lieber gleich auf ein derivatives Finanz-
produkt ausweichen und die Devise per Termin-
geschäft kaufen (verkaufen).
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Lösungsweg 2 ist
also dann ideal, wenn wir unterstellen dürfen,
dass sich die im Laufe des Projektlebenszyk-
lusses einstellenden Wechselkursänderungen
gegenüber der Planung absichern („hedgen“)
lassen. Freilich sind die Absicherungsauszah-
lungen bei der Investitionsrechnung zu erfas-
sen (wovon wir im Beispiel ausgehen).
Allerdings hat Lösungsweg 2 auch offenbart,
dass wir als Inländer Diskontierungszinssätze
benötigen, die sich auf das Ausland beziehen.
Haben wir es mit risikoneutralen Investoren zu
tun, ist das praktisch relativ leicht umzusetzen:
Wir können uns bspw. an den beobachtbaren
Umlaufrenditen öffentlicher Anleihen mit ihren
jeweiligen Restlaufzeiten orientieren, um die si-
cheren Zinssätze im In- und Ausland zu schät-
zen. Bei risikoavers eingestellten Investoren
müssen wir mindestens die Renditeforderung
der heimischen Investoren für vergleichbare In-
vestitionen im Heimatland kennen, wovon wir
im Fallbeispiel praxisnah ausgegangen sind.
Sodann müssen wir uns auf die Erkenntnisse
der ZPT stützen und eine (zumindest logisch)
kompatible Renditeforderung aufstellen, die
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