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          nehmen mittels Bilanz-Rating sollte laufend,
        
        
          idealerweise vierteljährlich, mit jedem Quar-
        
        
          talsreport beobachtet werden. So kann das
        
        
          Management gegensteuern, bevor Dritte die
        
        
          negative Entwicklung erkennen und die Kon-
        
        
          sequenzen ziehen. So wird das Bilanz-Rating
        
        
          im Konzern Teil der quartalsweisen Abwei-
        
        
          chungsanalyse und des Reportings.
        
        
          5. Debitorenmanagement
        
        
          Die Kreditgewährung an Kunden stellt häufig
        
        
          eines der größten Risiken für das Unternehmen
        
        
          dar.
        
        
          Der Forderungsausfall eines Schlüssel-
        
        
          kunden kann existenzgefährdend sein.
        
        
          Die
        
        
          automatischen Kreditinformationssysteme ha-
        
        
          ben sich in den vergangenen Jahren weiterent-
        
        
          wickelt und sind inzwischen häufig mit den
        
        
          CRM-Systemen verknüpft. Die Gefahr hierbei
        
        
          ist, dass man sich auf die vollautomatischen
        
        
          Systeme auch bei Risiken verlässt, bei denen
        
        
          man besser persönlich genauer hinsieht. Es
        
        
          empfiehlt sich deshalb, für die detailliertere
        
        
          Analyse, eine Peer Group an Kunden zu definie-
        
        
          ren, für die zusätzliche Kontrollen wie die Abfra-
        
        
          ge von Kennzahlen mittels Selbstauskunfts-
        
        
          bogen und das Bilanz-Rating obligatorisch sind.
        
        
          In diesen Fällen wird das Debitorenlimit oder
        
        
          das Liefervolumen an eine Kreditfreigabe nach
        
        
          angemessenem Rating geknüpft.
        
        
          Kommt es zur Zahlungsstörung, ist dies An-
        
        
          lass, von dem Kunden den aktuellen Jahres-
        
        
          abschluss und betriebswirtschaftliche Aus-
        
        
          wertungen zu fordern, um eine Stundungs-
        
        
          vereinbarung zu begründen. Dies bietet so-
        
        
          dann die Gelegenheit, die Kreditwürdigkeit
        
        
          mittels eines qualifizierten Bilanzratings zu
        
        
          bestimmen.
        
        
          6. Vertriebssteuerung
        
        
          Unternehmen berücksichtigen bei ihren Ver-
        
        
          triebsaktivitäten häufig die wirtschaftliche Be-
        
        
          deutung, die ein Kunde für das Unternehmen
        
        
          hat. Vertriebsstrukturen mit einem Key-Account-
        
        
          Management haben dies zum Ziel. So ist zu ent-
        
        
          scheiden, ob die „richtigen“ Kunden im Fokus
        
        
          des Unternehmens stehen. Bei der Kundenwert-
        
        
          ermittlung, bei der Kriterien wie Kundende-
        
        
          ckungsbeitrag, Kundenlebenszyklus, Kunden-
        
        
          portfolio und Kundenwert betrachtet werden,
        
        
          darf das Kundenrisiko nicht außer Betracht
        
        
          bleiben. Es hat Einfluss auf die Konditionen. Die
        
        
          Risikokosten sollten Teil der Kalkulation sein.
        
        
          Das Bilanz-Rating unterstützt die Einschätzung
        
        
          dieses Risikos. Auf der Grundlage der so er-
        
        
          rechneten Ausfallwahrscheinlichkeit in Prozent
        
        
          kann die erforderliche Risikoprämie abgeleitet
        
        
          werden.
        
        
          Die Verschlechterung der Bonität einer Kunden-
        
        
          beziehung, belegt mittels Bilanz-Rating,
        
        
          sollte
        
        
          zur Anpassung des Konditionenpakets füh-
        
        
          ren
        
        
          . Im Zweifel wäre eine Lieferung nur noch
        
        
          gegen Vorkasse zu vertreten.
        
        
          7. Einkaufssteuerung
        
        
          Seit dem Unglück in Fukushima ist den Verant-
        
        
          wortlichen in vielen deutschen Unternehmen
        
        
          bewusst geworden, wie zerbrechlich die Liefer-
        
        
          kette sein kann. Es wurden zahlreiche Supply-
        
        
          Chain-Management-Projekte gestartet. Hierbei
        
        
          wurden auch Anstrengungen unternommen,
        
        
          die Lieferanten-Bonität in die Betrachtung ein-
        
        
          zubeziehen. Der Rückgriff auf automatisierte
        
        
          Kreditinformations-Systeme endete jedoch
        
        
          häufig in Enttäuschung. Die Krise eines wichti-
        
        
          gen Lieferanten wurde häufig nicht oder zu spät
        
        
          erkannt. Dem Autor sind zahlreiche Fälle be-
        
        
          kannt, dass der plötzliche Lieferantenausfall zu
        
        
          Lieferengpässen oder zum Ausfall einer Modul-
        
        
          produktion geführt hat.
        
        
          Auch hier gilt der Grundsatz,
        
        
          dass strategi-
        
        
          sche Risiken proaktiv zu managen sind
        
        
          .
        
        
          Dies bedeutet, dass die Peer Group der Eng-
        
        
          pass-Lieferanten zu definieren ist. So wie es
        
        
          die Daimler AG bereits im Jahre 2006 begon-
        
        
          nen hat, werden viele Unternehmen neben den
        
        
          Instrumenten Audit und Lieferbürgschaften
        
        
          auch eigene Bonitätsanalysen anstellen. Zeit-
        
        
          nahe Selbstauskunftsprozesse und das Bilanz-
        
        
          Rating der Jahresabschlüsse der strategischen
        
        
          Lieferanten werden zum Standard.
        
        
          
            Fazit
          
        
        
          Das Bilanz-Rating kann somit auch als ein Ins-
        
        
          trument für das Risikomanagement im Unter-
        
        
          nehmen betrachtet werden. Es ergänzt den
        
        
          ganzheitlichen Ansatz von inzwischen häufig
        
        
          eingesetzten Monte-Carlo-Simulationen. Die
        
        
          primäre Aufgabe der Monte-Carlo-Simulation
        
        
          ist die Bestimmung des aggregierten Gesamt-
        
        
          risikoumfanges über alle Risikokategorien hin-
        
        
          weg. Auch die Wahrscheinlichkeit von exis-
        
        
          tenzbedrohenden Betriebsunfällen und zahl-
        
        
          reichen internen und externen Gefahrenpoten-
        
        
          zialen lässt sich mit Monte-Carlo-Analysen
        
        
          und anderen Instrumenten einschätzen.
        
        
          Die
        
        
          Ausfallwahrscheinlichkeit von Unterneh-
        
        
          men bzw. von Forderungen gegenüber
        
        
          diesen bildet das Bilanz-Rating inzwi-
        
        
          schen sehr verlässlich ab.
        
        
          Dies gilt sowohl
        
        
          für das eigene Unternehmen und somit dessen
        
        
          Kreditwürdigkeit wie auch für die Geschäfts-
        
        
          partner in der Wertschöpfungskette und für
        
        
          Kunden. Schließlich liefert das Bilanz-Rating
        
        
          für das Risiko- und Kreditmanagement einen
        
        
          wichtigen Baustein, um eine differenzierte
        
        
          Kreditlimit- und Zahlungszieleinräumung für
        
        
          Kunden sowie die Absicherung der Absatz-
        
        
          wie auch Liefergeschäfte durchzuführen. Für
        
        
          das ganzheitliche Risikomanagement sind
        
        
          diese Ergebnisse auf einer Zwischenebene zu
        
        
          aggregieren, um im nächsten Schritt im Rah-
        
        
          men der vom IDW PS 340 geforderten Aggre-
        
        
          gation auf Gesamtunternehmensebene be-
        
        
          rücksichtigt zu werden.
        
        
          
            Autor
          
        
        
          Dieter Pape
        
        
          ist Rating Analyst/Wirtschaftsprüfer bei der URA Rating
        
        
          Agentur, München.
        
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          
            Bilanz-Rating