CONTROLLER Magazin 03/2015 - page 31

29
Problem
Investitionsentscheidungen werden
in der Praxis zumeist alleine auf Basis ihrer
ökonomischen Auswirkungen getroffen.
Ziel
Das Ziel ist die systematische Integration
der ökonomischen, ökologischen und sozialen
Folgen von Investitionen in die Entscheidung.
Methode
Die
Nachhaltige Wirtschaftlichkeits-
beurteilung (NWB)
.
Beschreibung
Der Druck von Politik und Gesell-
schaft auf Unternehmen, mit ihrer Strategie zu
einer nachhaltigen Lebensgestaltung beizutra-
gen, nimmt ständig zu. Unter nachhaltigem Wirt-
schaften wird dabei vereinfacht die Schaffung
und Erhaltung von ökonomischem, ökologi-
schem und sozialem Wert (Triple Bottom Line)
durch das Geschäftsmodell des Unternehmens
verstanden. Eine einmalige Spende oder unko-
ordinierte gute Taten im Bereich Umweltschutz
und Soziales im Sinne eines Green Washings
werden von den Kunden leicht durchschaut und
überzeugen zumeist wenig. Vielmehr müssen
ökonomische, ökologische und soziale Ziele sys-
tematisch in das Zielsystem des Unternehmens
integriert, in konkrete Maßnahmen überführt
und schließlich nachgehalten werden. In den
letzten Jahren haben v.a. Großunternehmen die
Bedeutung der Nachhaltigkeit für den Unterneh-
menserfolg erkannt und sich konkrete Ziele z. B.
zur Reduktion der Treibhausgasemissionen ge-
setzt und kommuniziert. Nur sehr selten werden
aber die Auswirkungen von Investitionsentschei-
dungen auf die Triple Bottom Line systematisch
bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
Hier setzt die
NWB
an. Die
NWB
basiert auf der
Überlegung, dass Investitionsentscheidungen
durch den Verbrauch von unternehmensinternen
und -externen Ressourcen grundsätzlich alle
Dimensionen der Nachhaltigkeit beeinflussen.
Damit erscheint es notwendig, die Auswirkungen
der Investitionen auf den Arbeitsplatz, das Unter-
nehmen und die Gesellschaft im Sinne einer
ebenenbezogenen Wirtschaftlichkeit systema-
tisch und ganzheitlich bei der Entscheidung zu
berücksichtigen. Hierzu kann die klassische
Wirtschaftlichkeitsbeurteilung auf Basis des
Kapitalwertes wie folgt erweitert werden:
·
Identifikation der unternehmensexternen
Ressourcenverbräuche wie CO
2
-Ausstöße,
Wasser und Gesundheit,
·
Bewertung der Ressourcenverbräuche
soweit wie möglich in Euro, alternativ in
anderen Größen wie Punkte,
·
Ermittlung von Kapitalwerten und ggf.
Punktwerten für die internen und externen
Ressourcenverbräuche und
·
Verknüpfung der Einzelergebnisse zu einem
Gesamtergebnis und einer Entscheidung.
Ist die Identifikation der externen Ressourcen-
verbräuche noch vergleichsweise einfach, er-
scheint der Versuch der weitgehenden Mone-
tarisierung der Ressourcenverbräuche in der
Praxis zunächst als eine unlösbare Aufgabe.
Bei genauerer Analyse zeigt sich jedoch, dass
es für viele externe Effekte insb. im Bereich der
Logistik Richtlinien (z. B. zu den volkswirt-
schaftlichen Kosten von CO
2
-Emissionen) oder
neuere Studien (z. B. zu Unfall-, Klimawandel-
und Lärmkosten von Personentransporten)
gibt, welche eine Abschätzung der Kosten er-
lauben. Erst wenn diese Schätzung zu vage er-
scheint, sollte auf Punktwerte zurückgegriffen
werden.
Handlungsempfehlung
Die im Unternehmen
bestehenden Methoden zur Investitionsbeur-
teilung sollten in Abhängigkeit von der Bedeu-
tung der Nachhaltigkeit für den Erfolg des Un-
ternehmens schrittweise im Sinne der
NWB
er-
weitert werden.
Ausblick
Zukunftsstudien zeigen, dass die
nachhaltige Unternehmensführung in den
nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewin-
nen wird. Von politischer Seite ist mit einer zu-
nehmenden Internalisierung der externen Kos-
ten (z. B. Steuern) durch Gesetze zu rechnen.
Darüber hinaus nimmt der Druck zur ganzheit-
lichen Berichterstattung unter Einbezug der ex-
ternen Ressourcenverbräuche weiter zu (Inte-
grated Reporting). Die hier skizzierte
NWB
kann
durch die Identifikation und Bewertung der
Auswirkungen von Entscheidungen auf ökono-
mische, ökologische und soziale Ziele die not-
wendige Transparenz zur ganzheitlichen Beur-
teilung von Investitionen liefern. So verstanden
kann sie als erster Schritt zum Aufbau eines
Nachhaltigkeitscontrollings dienen.
Ausgewählte Literatur
Müller, A. (2011): Nachhaltigkeits-Controlling,
Berlin.
Wiesehahn, A. (2013): Nachhaltigkeitscont-
rolling bei Logistikdienstleistern: Grundlagen,
ausgewählte Instrumente und Entwicklungs-
perspektiven, in: Schneider, C. (Hrsg.): Control-
ling für Logistikdienstleister, 2. Aufl., Hamburg,
S. 374-389.
Wiesehahn, A. (2013): Nachhaltigkeit im
öffentlichen Nahverkehr und die Rolle des Con-
trollings, in: Schneider, C. (Hrsg.): Unterneh-
menssteuerung und Controlling im ÖPNV,
Hamburg, S. 103-119.
Nachhaltige Wirtschaftlichkeits-
beurteilung
von Andreas Wiesehahn
Autor
Prof. Dr. Andreas Wiesehahn
ist seit 2010 Professor für Rechnungswesen und Controlling an der
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Seine Lehr- und Forschungsschwer-
punkte liegen im Nachhaltigkeitscontrolling allgemein und insb. in der
Logistik und im Nachfolgecontrolling. Er ist u. a. Mitglied im Füh-
rungsteam des Arbeitskreises Transport und Logistik des ICV und Mit-
glied des Arbeitskreises der Controlling-Professuren an Hochschulen.
E-Mail:
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Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
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