CONTROLLER Magazin 03/2015 - page 21

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hier nicht weiter thematisiert werden (siehe
z. B. [Holl09], S. 13f.). Handelt es sich bei den
KMUs um Kapitalgesellschaften, sind mit der
Bilanz und GuV bereits Instrumente des externen
Rechnungswesens vorhanden. Einige KMUs
fallen nach HGB §267, Abs. 3 sogar in die
Kategorie großer Kapitalgesellschaften ohne
die weitreichenden Erleichterungen bei der
Aufstellung dieser Instrumente (vgl. [Lors09],
S. 13 ff.). Die Frage der Notwendigkeit der Ins-
trumente des externen Rechnungswesens stellt
sich mithin nicht, wenn ein ERP-System zum
Einsatz kommen soll. Die Einführung von Kos-
tenrechnungs- und Managementinstrumenten
hingegen ist bedarfsorientierter zu betrachten.
Von größerem Interesse für die Auswahl und
Gestaltung der Kostenrechnungs- und Control-
linginstrumente sind daher die
qualitativen
Kriterien von KMUs.
Wie in Abbildung 1 dar-
gestellt, werden diese häufig in die Kategorien:
Umfeld, Eigner- und Risikostruktur, Organisa-
tionsstruktur und Ressourcenbeschränkung
eingeteilt. Mittelständische Unternehmen se-
hen sich in ihrem
Umfeld
vor die gleichen Her-
ausforderungen gestellt wie Großunternehmen.
Die Globalisierung führt zu einem Internationa-
lisierungs- und Veränderungsdruck, kürzere In-
novationszyklen zu einer verstärkten Dynamik
(vgl. [Delo08], S. 10). Handelt es sich bei dem
KMU um einen Zulieferer von Großunterneh-
men, ist es integraler Bestandteil der Supply
Chains mit deren Anforderungen bei der Auf-
tragsabwicklung und -planung. Sofern nicht
eigenmotiviert, ist der Einsatz eines ERP-
Systems für logistische Prozesse damit eine
„Conditio-sine-qua-non“, will das Unternehmen
als Zulieferer fungieren.
Im Bereich der Eigner- und Risikostruktur wer-
den folgende Elemente als mittelstandspezi-
fisch postuliert, vgl. ([BeUl09], S. 309):
·
„Wirtschaftliche und rechtliche
Selbständigkeit des Unternehmens,
·
Einheit von Eigentum, Kontrolle und
Leitung sowie
·
Personenbezogenheit der
Unternehmensführung.“
Anders als das Umfeld wirken sich die qualitati-
ven Eigenschaften in diesem Bereich unmittel-
bar auf ein mittelstandsspezifisches Controlling
aus. In den meisten empirischen Untersuchun-
gen ist so die Institutionalisierung der Control-
ling-Aufgaben immer wieder Gegenstand (vgl.
z. B. [BeUl09], [BePS05], [ScDi07] oder
[RaMü05]). Eigentümer bzw. Geschäftsführer
übernehmen insbesondere in Kleinst- und
Kleinunternehmen Controlling-Aufgaben selbst,
mit zunehmender Größe werden diese jedoch
verstärkt dem Rechnungswesen oder speziali-
sierten Mitarbeitern in eigenen Controlling-
Abteilungen übertragen. Die Spreizung bei der
Wahrnehmung der Aufgaben führt zu folgenden
Anforderungen an das Controlling:
·
Nutzung und Verfügbarkeit für unter-
schiedliche fachliche Aufgabenträger
und Hierarchieebenen,
·
Einsatz und Weiterentwicklung bekannter
Instrumente, wie z. B. Bilanz und GuV,
BWA, Absatzplanung etc. sowie
damit verbunden
·
enge Kopplung des Controllings mit
dem externen Rechnungswesen, dessen
Instrumente und Aufgabenträger.
Letztlich spiegeln sich hierin schon qualitative
Kriterien aus den Bereichen
Organisations-
struktur und Ressourcenbeschränkung
wider. Aufgrund der geringen Spezialisierung in
KMUs und des durch seine technische Orientie-
rung zumeist eingeschränkten betriebswirt-
schaftlichen Know-hows des Managements (vgl.
[Schn93] S. 106), ist der Aufbau auf vorgefun-
denen Management-Instrumenten ratsam. Das
Controlling kann diese aus unterschiedlichen
Bereichen stammenden Instrumente für seine
Zwecke sodann zielgerichtet weiterentwickeln.
Die mittelständische
Eigner- und Risikostruk-
tur
mit eingeschränkten Möglichkeiten der
Unternehmensfinanzierung im Eigenkapital-
bereich macht die Betrachtung der Liquiditäts-
situation zu einem essenziellen Bestandteil des
Controlling-Instrumentariums. Neben die Beur-
teilung der Liquiditätssituation auf Basis des
Geschäftsbetriebs tritt, im Rahmen der vorherr-
schenden Fremdkapitalfinanzierung, die Aufbe-
reitung der Informationen aus den Unterneh-
mensplanungen für die Bankenkommunikation.
„Ein sachgerechtes leistungsfähiges Controlling
führt tendenziell zu einem besseren Rating.“
([BePS05], S 190).
Die geringe Spezialisierung in der
Organisa-
tionsstruktur
, zusammen mit der
Ressour-
cenbeschränkung
beim Personal, hat ferner
zur Folge, dass der Mittelstand in der Regel
nicht wissenschaftlich orientiert ist, er benö-
tigt vielmehr unmittelbare und verständliche
Information (vgl. [Dohm08], S. 126). Control-
ling-Anwendungen in ERP-Systemen konkur-
rieren hier mit den kurzen direkten Informa-
tionswegen zwischen den Beteiligten, was
wiederum in den IT-Systemen klare Abrech-
nungsstrukturen und Wertflüsse erfordert
(vgl. [Dohm08], S. 128). Controller nehmen
darüber hinaus in Unternehmen mit stark inte-
grierten IT-Systemen im externen und inter-
nen Rechnungswesen ihre Rolle als betriebs-
wirtschaftliche Berater stärker wahr (vgl.
[GrRR13], S. 68, [WeAG13], S. 89).
Abb. 1: Qualitative Kriterien und Controlling in KMUs nach Lingau ({Ling08}, S. 5)
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