CONTROLLER Magazin 03/2015 - page 15

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Fahrkünsten 10 Jahre später allenfalls zu
Wochenendausfahrten genügt.
Biel:
Als Vielleser kann man den Eindruck ge-
winnen, dass relativ viele Autoren, Hochschul-
lehrer und andere Experten,
die IFRS partiell
und manchmal auch pauschal missbilligen
und vielfach auch herabsetzend beurteilen.
Beispielsweise ist im Vorwort des vermutlich
auflagenstärksten IFRS-Kommentars (von Lü-
denbach/Hoffmann/Freiberg im Haufe-Verlag
in der aktuellen 12. Auflage) u. a. die Rede da-
von „in der Londoner IASB-Garküche schmo-
renden Produkte“ oder von „besonders extra-
vangante Verabschiedungs- und Anwendungs-
szenarien“. Vor Kurzem erschien eine etwa 300
Seiten umfassende außerordentlich kritische
Analyse und Kommentierung der internationa-
len Rechnungslegung mit Tendenz zur Abrech-
nung (Haaker, Andreas: IFRS – Irrtümer, Wider-
sprüche und unerwünschte Konsequenzen,
NWB Studium, Herne 2014 – Rezension im
Controller Magazin 3/15). Es ließen sich noch
zahlreiche weitere Veröffentlichungen und
Autoren anfügen. Daher die Frage: Sind diese
kritischen Würdigungen faktengestützt oder
haben wir es eher mit einer etwas diffusen
Stimmung zu tun?
Amann/Geissbühler:
In der Tat,
Ihr Eindruck
täuscht Sie nicht
. Wir halten diese zwischen-
zeitlich vielfach geäußerten kritischen Meinun-
gen hingegen teilweise für überzogen. Vor-
weg, auch wir sind Vertreter klarer Standpunk-
te sowie klarer Worte. Allerdings sind die
IFRS-Regelungen zunächst in den richtigen
Kontext einzuordnen.
Biel:
… heißt dies vielleicht, es kommt auch
darauf an, ob die IFRS zum Unternehmen und
zur jeweiligen Rechnungslegung und zum Aus-
sageziel „passen“?
Amann/Geissbühler:
Ja, wir müssen schon un-
terscheiden.
Denn die Standards sind nun
einmal nicht unbedingt für die breite Masse
der Unternehmen geschrieben, sondern pri-
mär für kapitalmarktorientierte Konzerne.
Wer aber meint, er müsse – aus welchen Grün-
den auch immer – den organisierten Kapital-
markt durch die Emission von Aktien oder
Schuldverschreibungen in Anspruch nehmen,
hat sich den dortigen Spielregeln zu unterwerfen.
Dass diese im Einzelfall sehr komplex sind, ins-
besondere die Regelungen zur Kaufpreisallokati-
on nach IFRS 3, die diversen Spielarten von Im-
pairmenttests entsprechend den Vorgaben des
IAS 36 oder einzelne Regelungen zur sachge-
rechten Bilanzierung latenter Steuern nach IAS
12 und, vielleicht auch in einigen Fällen tatsäch-
lich zu komplex, z. B. bei den jüngst verabschie-
deten Neuregelungen zur Bilanzierung von Fi-
nanzinstrumenten nach IFRS 9 sowie die Neue-
rungen des IFRS 15 zur Umsatzrealisierung, stellt
unseres Erachtens nicht die grundsätzliche Sinn-
haftigkeit der IFRS für deren Anwender –
die
ka-
pitalmarktorientierten Unternehmen – in Frage.
Biel:
Sollte also die freiwillige Anwendung der
IFRS gut überlegt werden?
Amann/Geissbühler:
Wer als Unternehmen
die
IFRS freiwillig anwendet
, hat sich sicher-
lich im Vorfeld über das Verhältnis der im Ver-
gleich zum HGB unstrittig um ein Vielfaches hö-
heren Kosten und dem damit einhergehenden
hoffentlich verbundenen nochmals höheren
zusätzlichen Nutzen Gedanken gemacht. Dass
die IFRS
für KMU im Zweifel nicht geeignet
sind
, dürfte auch nach unserer Auffassung
nicht umstritten sein.
Biel:
Sicher ist es sinnvoll, zu differenzieren,
wie Sie ja auch zum Ausdruck bringen. Bitte
lassen Sie uns kurz und bündig mögliche Grün-
de und Ursachen der Kritik durchgehen.
As-
pekt 1:
Sehen Sie im IFRS-Regelwerk im rele-
vanten Umfange
sachliche Fehler, Inkorrekt-
heiten oder Unrichtigkeiten?
Amann/Geissbühler:
Unseres Erachtens gibt
es diese tatsächlich. An erster Stelle sehen
wir hier die sofortige erfolgswirksame Erfas-
sung eines sog. „Bargain Purchases“ (oder
„Schnäppchenkauf“) nach den Regelungen des
IFRS 3
bei Unternehmenszusammenschlüssen.
Einen solchen wird es nach unserer langjähri-
gen Erfahrung in der Praxis kaum geben. Dass
diese Regelung dann nach unserer Beobach-
tung von einzelnen Unternehmen in der Vergan-
genheit ggf. „adressatenorientiert überdehnt“
wurde, war (und ist) leider nicht im Sinne der
Erfinder. Vergleichbare bilanzielle Gestaltungs-
spielräume können sich in der Praxis bei der
Folgebewertung von bedingten Kaufpreis-
bestandteilen nach
IFRS 3 i.V.m. IAS 39
, bei
der erfolgswirksamen Bewertung bestimmter
finanzieller Verbindlichkeiten sowie bei der Fol-
gebewertung sog. als Finanzinvestition gehalte-
ner Immobilien nach
IAS 40
ergeben.
Biel:
Aspekt 2:
Manche Kritiker sprechen von
„Irrtümern“
, was bedeuten würde, es lägen
hier und da falsche Vorstellungen oder fälsch-
lich für richtig gehaltene Gedanken zugrunde.
Sehen Sie hierfür Anhaltspunkte?
Amann/Geissbühler:
Generell halten auch wir
– insoweit übereinstimmend mit den Kritikern
stichtagsbezogene erfolgswirksame Be-
wertungen von Vermögenswerten
über An-
schaffungskosten hinaus dann für problema-
tisch, wenn diese ausschließlich auf Basis
von Modellparametern und nicht aufgrund vor-
handener Preise an einem aktiven Markt wie
z. B. einer Börse zustande kommen. In solchen
Fällen spricht in der Tat sehr viel dafür, solche
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