CONTROLLER Magazin 03/2015 - page 8

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ger widersprüchliche Meinungen nicht zu- oder
zumindest nicht an sich heranlassen. Das Ideal-
bild des Controllers, der mit unabhängiger
Meinung auf Augenhöhe des Managements
agiert, scheitert dann an der hierarchischen
Unterstellung des Controllers. Controller sehen
sich daher häufig Situationen ausgesetzt, in
denen sie zwischen
Jobsicherheit bzw. Kar-
riereperspektive und dem Berufsethos
„mit einer unabhängigen, ungefärbten
Meinung der Wahrheit verpflichtet“ wäh-
len müssen.
Sattelberger schreibt dazu: „Wo
Anerkennung und Karriere vom Urteil des
Vorgesetzten abhängen, ist
die Führungs-
spitze eines Unternehmens bald von wind-
schlüpfrigen Jasagern umgeben
.“
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Vier verschiedene Auslegungen
der Rolle des Sparringspartners
Leitbilder und Rollenbeschreibungen geben
Controllern wie Managern wichtige Orientie-
rung. Sie sind jedoch idealisiert und greifen für
die konkrete Ausgestaltung der Rolle in einem
Unternehmen zu kurz. Einerseits gibt es nicht
„den“ Controller, sondern vielfältige Controller-
Funktionen (Leiter Controlling, Beteiligungs-
Controller, dezentraler Vertriebs-Controller,
etc.). Andererseits hängt die Rolle des Control-
lers vom jeweiligen Unternehmensumfeld
(Wachstumsphase vs. Restrukturierung) und
vor allem von der Person des Managers ab. Für
die Controlling-Leiter ist dies primär der CEO.
Wie in jeder Partnerschaft gilt es, den Partner
zu ergänzen.
Controller müssen daher die
Rolle des Sparringspartners, in Abhängig-
keit der Fähigkeiten und des Verhaltens
des CEOs, unterschiedlich leben
, um damit
die Leistungsfähigkeit des Managements zu er-
höhen: Diversity als Erfolgsfaktor im Zusam-
menwirken von Controller und Manager. Für
Controller ist es wichtig zu erkennen, in welcher
Situation sie sind und was sie zu tun haben,
denn ein CEO wird normalerweise nicht offen
über seine Fähigkeiten und noch weniger über
seine Schwächen sprechen.
Es gibt vier Typen von CEOs.
Von der Durch-
setzungsstärke kann man vereinfacht zwischen
„starken“ und „schwachen“ CEOs unterschei-
den. Starke CEOs sind eigeninitiativ, haben ent-
sprechendes Selbstvertrauen, klare Ziele, die
Fähigkeit, Mitarbeiter für ihre Ziele und Maß-
nahmen zu begeistern und auch die Kraft,
Maßnahmen bei Widerstand durchzusetzen.
Sie sind gut vernetzt und sitzen fest im Sattel.
Durch die Erfolge der Vergangenheit traut man
ihnen viel zu und sie haben entsprechende
Macht. Schwache CEOs haben hingegen ent-
weder eine schwächere Persönlichkeit oder
sind neu in ihrer Funktion. Erstere sind unsiche-
rer, entscheidungsschwächer und risikoscheu-
er. Sie trauen sich weniger zu und verfolgen oft
weniger anspruchsvolle Ziele bzw. scheuen
Konflikte. Neuen CEOs fehlt meist das erforder-
liche Netzwerk, zudem müssen sie sich in ihrer
Funktion erst beweisen, um den nötigen Res-
pekt zu erlangen. CEOs unterscheiden sich
nicht nur bezüglich ihrer Stärke, sondern auch
hinsichtlich ihrer Denkweise, Unternehmens-
kenntnisse und analytischen Fähigkeiten. Auf
der einen Seite gibt es „eingeschränkte“, eng
denkende, CEOs. Sie werden ihrer Gesamtver-
antwortung nicht gerecht, weil sie eher auf jene
Bereiche fokussieren, in denen sie sich ausken-
nen oder die ihnen emotional nahe sind. Kommt
der CEO aus dem Vertrieb, wird er sein Augen-
merk stärker auf Themen wie Umsatzsteige-
rung oder Kundenbindung legen als auf techno-
logische oder produktionsseitige Themen. In
gleicher Weise sind dem eingeschränkten CEO
das Werk vor Ort, die Mitarbeiter, die er sieht
oder seine alte Abteilung emotional näher als
die Auslandstochter in Übersee.
„Ausgewogene“ CEOs kümmern sich hingegen
um die wichtigen, nicht delegierbaren Themen,
ver Entscheidungsvorbereiter sein oder gar
mitentscheiden? Auch wenn die Rolle des
Sparringspartners ein Spannungsverhältnis
für Controller mit sich bringt, wird sie heute als
die wirkungsvollere gesehen, die Unternehmen
erfolgreicher macht.
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Anspruch und Wirklichkeit
der Controllerrolle?
Das gezeichnete Idealbild der Rolle des Cont-
rollers ist in der Praxis von zwei wesentlichen
Faktoren abhängig. Einerseits müssen Control-
ler den Anspruch an diese Rolle von sich aus
stellen und die dafür nötigen Fähigkeiten auf-
weisen. Sowohl beim Wollen als auch beim
Können gibt es in der Praxis Defizite.
Nur we-
nige Controller entsprechen heute dem
skizzierten Idealbild und erfüllen beide Kri-
terien.
Andererseits wird die Rolle des Con-
trollers
vom Controlling-Verständnis und
der Persönlichkeit des Managements be-
schränkt.
Die Rolle des Sparringspartners und
der damit verbundene unabhängige Blick des
Controllers ist für die Führungskräfte nicht sel-
ten unbequem. Offene, controlling-orientierte
Manager fordern die eigenständige Meinung
guter Controller geradezu ein, um Fehlent-
scheidungen und Irrationalität zu vermeiden.
Führung ist jedoch nicht nur mit der Sorge um
den Erfolg des Unternehmens, sondern auch
mit Sorge um das eigene Ansehen, Einkom-
men oder Macht verbunden. Die Erfahrung
zeigt, dass gerade starke, erfolgreiche Mana-
Abb. 1:Auslegung der Rolle des Controllers in Abhängigkeit des CEOs
Die Rolle von Controllern
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