personalmagazin bAVspezial 4/2017 - page 21

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
04/17 spezial bAV
zum Teilrentner und würde damit seinen
Anspruch auf gleichzeitige Betriebsren-
te verlieren. Bei einer Teilzeitarbeit beim
bisherigen Arbeitgeber würde sich aller-
dings ohnehin die Frage stellen, ob der
Teilrentner überhaupt schon eine Be-
triebsrente erhalten könnte, denn er wä-
re gleichzeitig Arbeitnehmer. Hier sind
verschiedene Fallgestaltungen denkbar.
In der Praxis hat das bislang kaum ei-
ne Rolle gespielt, weil es wegen der
eingeschränkten Hinzuverdienstmög-
lichkeiten in der gesetzlichen Renten-
versicherung kaum zu nennenswerter
gleichzeitiger Teilzeitarbeit gekommen
war. Das wird sich künftig aber wohl
ändern.
Offene Fragen und Lösungsansätze
Im Folgenden werden nur einige der zu
bedenkenden und gegebenenfalls auch
gesetzlich noch zu regelnden Fragen
hier aufgeführt:
•Was gilt beim Einbezug der bAV? Zu-
nächst ist zu klären, wie sich die Wei-
terarbeit beim bisherigen Arbeitgeber
auf das bAV-Anrecht auswirkt. Besteht
vielleicht arbeitsrechtlich sogar ein An-
spruch auf Fortführung? Hier stellen
sich eventuell Fragen im Zusammen-
hang mit dem sogenannten Lohngleich-
heitsgebot, welche einhergehen mit der
Frage, ob – je nach Gestaltung der Ver-
BERND WILHELM
LL.M.
Syndikusrechtsanwalt, Leiter
Geschäftsbereich Beratung
bei der Longial.
sorgungszusage – eine Altersdiskrimi-
nierung vorliegen könnte, wenn Zeiten
nach dem Renteneintritt keine Berück-
sichtigung mehr finden?
Bezogen auf den einzelnen Durchfüh-
rungsweg stellen sich weitere Fragen,
wenn Arbeitnehmer weiter arbeiten und
gleichzeitig (Teil-)bAV beziehen:
• Was gilt zum Beispiel bei der Direkt-
zusage: Kann der Arbeitgeber für die
bereits bezogene Rente den Barwert zu-
rückstellen, obwohl § 6a EStG das nur
für Ausgeschiedene zulässt? Diese Fra-
ge bedarf der gesetzlichen Klarstellung.
Auch die Auswirkungen auf die handels-
und steuerbilanzielle Rückstellungsbil-
dung bei Direktzusagen sind zu klären,
wenn die Weiterarbeit zum weiteren
Anwachsen des Anrechts führen kann.
• Sind bei der Direktversicherung Ver-
träge denkbar, die bei Rentenbezug die
Zuwendung weiterer Beiträge vorsehen?
Hier bleibt abzuwarten, ob es bis zum
Inkrafttreten der Flexi-Rente am 1.7.
2017 entsprechende Angebote der Bran-
che geben wird.
Zu klären ist auch, was passiert, wenn
ein Arbeitnehmer bei seinem bisherigen
Arbeitgeber ausscheidet und nach Bezug
einer (vorgezogenen) Alters- oder Invali-
ditätsrente bei einem anderen Arbeitge-
ber eine Arbeit antritt. In diesen Fällen
stellt sich zumindest nicht mehr per se
die grundsätzliche Frage der Paralleli-
tät von gleichzeitigem Anwartschafts-
erwerb und Leistungsbezug, weil bei
einem Arbeitgeberwechsel das Anrecht
beim bisherigen Arbeitgeber nicht wei-
ter anwächst.
Schließlich bleibt die praktische Fra-
ge, ob sich dieser Sachverhalt abbilden
lässt? Wie bewerkstelligen die Systeme
zur Personalverwaltung und Abrech-
nung die Parallelität von Beschäftigung
und Rentenbezug? Auch diese Frage hat
sich aufgrund der eingeschränkten Hin-
zuverdienstmöglichkeiten bislang kaum
gestellt.
Gesetzgeberische Klarheit ist nötig
Die Gestaltungsmöglichkeiten der Fle-
xirente werden eine steigende Nach-
frage nach Altersteilzeit und den damit
zusammenhängenden Leistungen, vor
allem der bAV, zur Folge haben. Vie-
le Fragen dazu sind noch offen. Wün-
schenswert wäre, dass der Gesetzgeber
vor dem Hintergrund der steigenden Be-
deutung der bAV und der aktuellen Ren-
tendiskussion hier für Klarheit sorgt.
RECHENBEISPIEL
Wie die Berechnung der Flexirente aufgrund der neuen Gesetzeslage erfolgt, illustriert dieses Fallbeispiel aus der Gesetzesbegründung.
Vollrente:
1.200 Euro monatlich
Hinzuverdienstdeckel:
525 Euro
+
höchste Entgeltpunkte aus den
15 Kalenderjahren vor Beginn der
ersten Rente wegen Alters
X Bezugsgröße 2016
=
525 + 0,8520 (Beispiel) X 2.905 EUR
= 3.000 Euro.
Fall a:
Hinzuverdienst beträgt 18.000 Euro pro Jahr
(= 1.500 Euro monatlich)
Die Hinzuverdienstgrenze ist um 18.000 – 6.300
Euro pro Jahr = 11.700 Euro pro Jahr übertroffen,
hiervon kommen 40 Prozent zur Anrechnung:
1.200 Euro – 40 Prozent X 11.700 Euro / 12
= 1.200 – 390 Euro = 810 Euro.
Der Hinzuverdienstdeckel ist
nicht überschritten,
denn 810 + 1.500 ist kleiner als 3.000.
Die Teilrente beträgt 810 Euro beziehungsweise
67,5 Prozent der Vollrente.
Fall b:
Hinzuverdienst beträgt 42.000 Euro pro Jahr
(= 3.500 Euro monatlich)
Die Hinzuverdienstgrenze ist um 42.000 – 6.300
Euro pro Jahr = 35.700 Euro pro Jahr übertroffen,
hiervon kommen 40 Prozent zur Anrechnung:
1.200 Euro – 40 Prozent X 35.700 Euro / 12
= 1.200 – 1.190 Euro = 10 Euro.
Der Hinzuverdienstdeckel
ist überschritten,
denn 10 + 3.500 ist größer als 3.000.
Die Teilrente von 10 Euro muss um den über-
steigenden Betrag von 510 Euro gekürzt wer-
den, es besteht kein Rentenanspruch mehr.
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