personalmagazin bAVspezial 4/2017 - page 18

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SPEZIAL BAV
_SOZIALPARTNERMODELL
spezial bAV 04/17
D
ie Meinungen zur Tarifrente
sind unterschiedlich - unsere
Expertenstatements geben
aus verschiedenen Perspek-
tiven Einordnungshilfe und Tipps, was
KMU jetzt beachten sollten.
Alternativen prüfen
Wenn nach Verabschiedung des Be-
triebsrentenstärkungsgesetzes
zwi-
schen Gewerkschaften und Arbeitge-
berverbänden die ersten sogenannten
Sozialpartnermodelle vereinbart und
aufgesetzt sind, stellen sich für deutsche
KMU viele Fragen: Ist die tarifvertrag-
lich organisierte reine Beitragszusage
trotz der obligatorischen Zusatzbeiträge
zum eigentlichen Finanzierungsbeitrag
der Firma für sie wirklich vorteilhaft?
Welche Attraktivität hat eine solche
Lösung angesichts einer fehlenden Ga-
rantie der Leistungshöhe für die eige-
nen Mitarbeiter? Ob und unter welchen
rechtlichen Voraussetzungen ist die
Umstellung bestehender Versorgungs-
zusagen auf eine reine Beitragszusage
zulässig? Und für nicht tarifgebundene
Unternehmen stellt sich die Frage, ob sie
überhaupt eine tarifliche Versorgungs-
Von
Katharina Schmitt
(Red.)
lösung nutzen können oder wollen.
Das geltende Recht erlaubt schon heu-
te eine Gestaltung von Versorgungs-
zusagen, bei denen Haftungsrisiken
des Unternehmers faktisch vollständig
vermieden werden (zum Beispiel bei
einer Beitragszusage mit Mindestlei-
stung über einen Pensionsfonds oder
einer kongruent rückgedeckten Unter-
stützungskasse). Es erlaubt, vor allem
im Unterschied zu einem von Tarif-
vertragsparteien geschaffenen bAV-
Sozialpartnermodell, eine dem firmen-
individuellen Bedarf und Geschmack
entsprechende Gestaltung der bAV. Das
dürfte gerade für KMUs von Bedeutung
sein, weil nur so die bAV als Soziallei-
stung ihres Unternehmens verstanden
werden wird und Bindung erzeugt.
Der Rat an KMU, die ihren Mitarbei-
tern bereits eine bAV anbieten, kann
damit nur sein: Prüfen Sie, ob die vorhan-
dene Gestaltung der Altersversorgung
beziehungsweise Entgeltumwandlungs-
versorgung noch der eigenen Perso-
nalstrategie entspricht und ob sie auch
keine oder allenfalls geringe Rechts- und
Finanzierungsrisiken beinhaltet.
Falls diese „TÜV-Untersuchung“
zum eigenen bAV-System auf Basis der
heutigen Rahmenbedingungen zum
Ergebnis kommt, dass Anpassungs-
bedarf besteht, sollte eine Abwägung
erfolgen: das bestehende betriebliche
Versorgungssystem rechtlich und finan-
zierungstechnisch zukunftsfähig ma-
chen versus für neue Mitarbeiter eine
Beitragszusage gemäß dem für die Bran-
che geltenden Sozialpartnermodell ein-
richten. Meine Vermutung ist, dass diese
Abwägung in den allermeisten Fällen
zum Ergebnis führen wird, die vorhan-
dene eigene betriebliche Altersversor-
gung anzupassen und für alleMitarbeiter
damit ein einheitliches firmeneigenes
Versorgungssystem zu behalten.
Dr. Peter A. Doetsch, Spezialkanzlei
für bAV Dr. Doetsch, Wiesbaden
Neuer Finanzierungskompromiss nötig
Die Tarifrente ist das eigentliche renten-
politische Prestigeobjekt der Koalition.
Sie ist nicht der sechste Durchführungs-
weg, aber das vierte kapitalgedeckte
System seit der Riester-Reform. Von
der klassischen arbeitgeberseitigen So-
zialleistung kommend, änderten wir
von einer über einen individualisierten
Markt vermittelten Privatrente hin zu
einer ebenfalls überwiegend auf Verkauf
basierenden Entgeltumwandlung. Die-
se Modelle gelangen absehbar an ihre
Grenzen. Nun bietet sich unser ausge-
bautes System der Tarifautonomie an.
Ein Rentensystem mit einem dualen
Kern – Staat und Betrieb – wäre der
Anschluss an die Rentenarchitektur in
nahezu allen erfolgreichen Ländern.
Die Tarifparteien sollen Referenzen
setzen. Tarifliche Lösungen sind auch
betrieblich durch Bezug auf den ein-
Nicht grämen - Chancen nutzen
STATEMENTS.
Das Sozialpartnermodell kommt – was bedeutet das für die KMU? Was
müssen Unternehmen jetzt tun, was sollten sie tun? Drei Experten nehmen Stellung.
„Wägen Sie ab: Das bestehende Versor-
gungssystem zukunftsfähig machen
versus Tarifrente für neue Mitarbeiter.“
Dr. Peter A. Doetsch, Spezialkanzlei für bAV Dr. Doetsch
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