personalmagazin bAVspezial 4/2017 - page 20

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SPEZIAL BAV
_FLEXIRENTENGESETZ
spezial bAV 04/17
Niemand hat an die bAV gedacht
HINTERGRUND.
Die Flexirente erlaubt mehr Teilzeitarbeit während der Rente. Offen
bleibt, wie Teilrenten und Hinzuverdienste mit der Betriebsrente kombiniert werden.
Von
Bernd Wilhelm
E
inige Regelungen des „Gesetzes
zur Flexibilisierung des Über-
gangs vom Erwerbsleben in den
Ruhestand und zur Stärkung
von Prävention und Rehabilitation im Er-
werbsleben“ (Flexirentengesetz) gelten
bereits seit dem 1.1.2017, weitere treten
zum 1.7.2017 in Kraft. Ziel des Gesetzes
ist, den Übergang vom Erwerbsleben in
den Ruhestand zukünftig flexibler zu ge-
stalten und gleichzeitig die Attraktivität
für ein Weiterarbeiten über die reguläre
Altersgrenze hinaus zu erhöhen. Leider
gilt dies nur für die gesetzliche Renten-
versicherung. Regelungen zur betriebli-
chen Altersversorgung (bAV) enthält die
gesetzliche Neuregelung nämlich nicht,
sodass sich viele Fragen stellen.
Was ist neu bei der Flexirente?
Die Flexirente gewährt ein bisher nicht
gekanntes Maß an Flexibilität für die Be-
schäftigten:
• Rentner können nun nach Erreichen
der Regelaltersgrenze in der gesetzli-
chen Rentenversicherung, also spätes-
tens ab der Vollendung des 67. Lebens-
jahres, durch Hinzuverdienste weitere
Entgeltpunkte erwerben, wenn sie auf
die Versicherungsfreiheit in der gesetz-
lichen Rentenversicherung verzichten.
• Als Rentenbezieher vor Erreichen der
Regelaltersgrenze ist man demnächst
entweder Vollrentner oder Teilrentner
– bei Überschreiten der Jahreshinzu-
verdienstgrenze von 6.300 Euro – und
bezieht bis zum Zeitpunkt der nächsten
Überprüfung eine gekürzte Vollrente.
• Die Anrechnung des Hinzuverdienstes
auf die Rente vor Erreichen der Regelal-
tersgrenze erfolgt in zwei Stufen (siehe
Rechenbeispiel auf Seite 17). Hinzuver-
dienst oberhalb von 6.300 Euro pro Jahr
wird im ersten Schritt zu 40 Prozent auf
die Rente angerechnet. Liegt die so ge-
kürzte Rente zusammen mit dem Hinzu-
verdienst dann noch oberhalb des indi-
viduellen Hinzuverdienstdeckels, wird
sie um 100 Prozent des übersteigenden
Betrages gekürzt, im Extremfall fällt sie
ganz weg.
• Der Hinzuverdienstdeckel wird be-
rechnet, indem die monatliche Be-
zugsgröße mit den Entgeltpunkten des
Kalenderjahres mit den höchsten Ent-
geltpunkten aus den letzten 15 Kalen-
derjahren vor Beginn der ersten Rente
wegen Alters vervielfältigt wird. Min-
destens beträgt er 6.300 Euro zuzüglich
des Jahresbetrags der Vollrente. Neu be-
rechnet wird er jährlich zum 1. Juli.
• Versicherte können den Teilrenten-
prozentsatz auch frei wählen, er darf
allerdings nicht höher sein als der, der
sich bei Anrechnung des Hinzuver-
dienstes ergeben würde.
• Für jeden Hinzuverdienst vor der Re-
gelaltersgrenze gilt in Zukunft Versi-
cherungspflicht in der gesetzlichen Ren-
tenversicherung, das heißt, es werden
Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile
fällig.
• Der Zeitraum, in dem Versicherte in
Zukunft zu erwartende Rentenabschlä-
ge auf die vorgezogene Altersrente (be-
ziehungsweise eine etwaige Teilrente)
der gesetzlichen Rentenversicherung
per Einmalbeitrag „abkaufen“ können,
wird vom 55. auf das 50. Lebensjahr
vorgezogen.
• Arbeitgeber müssen für Beschäftigte,
die die Regelaltersgrenze erreicht ha-
ben und versicherungsfrei sind, für fünf
Jahre keine Arbeitslosenversicherungs-
beiträge bezahlen. Der Grund, nämlich
der Anreiz zur Beschäftigung älterer
Arbeitnehmer, wurde vorher als Grund
für die Nichtbefreiung von den Arbeits-
losenversicherungsbeiträgen angeführt.
Gesetzliche Teilrente und bAV
Die neue Flexibilität in der gesetzli-
chen Rentenversicherung wird viele Be-
schäftigten in den Jahren vor der Rente
Überlegungen in Hinsicht auf einem
flexiblen Ausstieg aus dem Berufsleben
beziehungsweise auf Teilzeitarbeit in
der bisher ausgeübten Tätigkeit anstel-
len lassen. In diesem Zusammenhang
wird auch die Frage aufkommen, ob
sich die Teilrente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung, der Teilzeit-Hin-
zuverdienst und die (Teil-)Rente aus der
betrieblichen Altersversorgung mitein-
ander kombinieren lassen.
Über die Schnittstellen zur betrieb-
lichen Altersversorgung schweigt sich
das Gesetz aber aus. Handlungsbedarf
besteht dennoch. Das ergibt sich alleine
schon aus dem heutigen Wortlaut des §
6 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG).
Danach hat ein Arbeitnehmer nur dann
einen Anspruch auf eine vorgezogene
Betriebsrente, wenn er die Altersrente
aus der gesetzlichen Rentenversiche-
rung als Vollrente in Anspruch nimmt.
Überschreitet er in Zukunft die Hinzu-
verdienstgrenze, wird er automatisch
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