Wirtschaft und Weiterbildung 5/2019 - page 35

Interessant ist daher auch die Positionie-
rung des neuen Online-MBAs der Ross
School in Michigan. So legt die Schule
bei den Bewerbern ähnlich strenge Zulas-
sungskriterien an wie bei ihrem Vollzeit-
MBA. Und die Onlinestudenten können
auch an den Karriere- und Recruiting-
Aktivitäten teilnehmen und so mithilfe
der Schule einen neuen Job finden. Damit
wird der Online-MBA offenbar immer
mehr zur Alternative für den Vollzeit-
MBA. Die Ross School rechnet zum Start
mit 60 Studenten vor allem aus dem eige-
nen Bundesstaat Michigan. Dass Online-
MBAs nicht unbedingt auch mehr inter-
nationale Studenten anziehen, zeigt auch
das Ranking der Financial Times zu den
zehn besten Online-MBAs.
So kommen an den fünf US-Schulen im
Durchschnitt lediglich 6,8 Prozent der
Studenten aus dem Ausland. Ganz anders
ist das bei den europäischen Program-
men. Hier hat die spanische IE Business
School 94 Prozent internationale Stu-
denten und an der britischen Warwick
Business School sind es 70 Prozent.
Dabei verbergen sich hinter dem Begriff
Online-MBA unterschiedliche Formate.
Da sind einmal die klassischen Fernuni-
versitäten, die früher ihre Studienbriefe
per Post verschickten und sie heute on-
line zur Verfügung stellen, aber oft nur
wenig Interaktionsmöglichkeiten bieten.
Weiter gibt es reine Onlineprogramme
wie etwa den I-MBA an der University
in Illinois. Am häufigsten sind jedoch
die Blended-Learning-Programme, also
Onlinestudiengänge mit wenigen und
meist kurzen Präsenzphasen.
„Um den Netzwerkeffekt zu maximieren,
braucht man Präsenzphasen“, sagt John
Colley, Associate Dean für den MBA an
der Warwick Business School. Die briti-
sche Schule gehört zu den Pionieren des
Online-MBA.
Mehr als ein Fernstudium
Schon seit mehr als 30 Jahren gibt es den
Distance Learning MBA, anfangs noch als
klassisches Fernstudium. „Wir vergeben
nur einen MBA-Abschluss, egal wie man
ihn erwirbt, ob im Vollzeit-, Teilzeit- oder
Onlinestudium“, betont Colley. Um ein
interaktives Onlineprogramm aufzuset-
zen, braucht es eine Lernplattform wie
sie zum Beispiel die US-Firmen „2U”,
„EdX” und „Coursera” anbieten. Bis Ende
2019 sollen insgesamt mindestens zehn
Business Schools bei ihrem Online-MBA
auf 2U setzen, darunter mit dem Univer-
sity College London erstmals auch eine
europäische Schule.
Der große Nachteil: Die Plattformanbieter
kassieren in der Regel mehr als die Hälfte
der Einnahmen aus den Studiengängen,
obwohl die Schulen ihr eigenes Lehrma-
terial stellen. Das macht das Studium
entsprechend teuer. So kostet der MBA@
UNC an der amerikanischen Kenan-Flag-
ler Business School 124.345 US-Dollar.
Und der Online-MBA an der Ross School
schlägt mit 123.088 US-Dollar zu Buche.
„Heute nützen viele Schulen die Plattfor-
men kommerzieller Anbieter, die ihren
Studiengang managen“, erklärt Warwick-
Manager Colley.
Viele glaubten, ein Online-MBA sei ein
einfacher Weg, um Geld zu verdienen.
Doch das sei ein Irrtum. „Es ist leicht,
in den Onlinemarkt einzusteigen, aber
schwierig, es auch gut zu machen“, so
Colley. Denn das erfordere nicht nur ein
enormes Investment, man müsse auch
das Material ständig aktuell halten und
brauche Topprofessoren für den Unter-
richt. Er glaubt daher, dass etliche Schu-
len den Onlinemarkt wieder verlassen
werden.
Dagegen sieht sich Warwick, das auf
seine eigene Lernplattform „my.wbs“
setzt und vor Kurzem im Ranking der
Financial Times zu den besten Online-
MBAs bereits zum zweiten Mal auf
Platz 1 landete, gut positioniert. Derzeit
studieren insgesamt 880 Teilnehmer in
dem Programm, darunter auch 34 Deut-
sche. Jedes Jahr beginnen rund 350 neue
Studenten in zwei Kohorten. Das Pro-
gramm läuft an zwei Standorten: einmal
in London in dem 310 Meter hohen Wol-
kenkratzer „The Shard“, wo Warwick
R
1...,25,26,27,28,29,30,31,32,33,34 36,37,38,39,40,41,42,43,44,45,...68
Powered by FlippingBook