Wirtschaft und Weiterbildung 5/2019 - page 30

personal- und organisationsentwicklung
30
wirtschaft + weiterbildung
05_2019
bekam ich von Twitter per Mail die Nach-
richt, dass mir Leute folgen – unbekannte
und nur wenige bekannte Menschen.“
Die Zahl der Follower stieg schnell, je
mehr Nachrichten von unserem Twitter-
Einsteiger abgesetzt wurden. Sogar nam-
hafte Experten wollten auf einmal lesen,
was Pape zu schreiben hatte.
Mit den Worten „Jetzt gib Dir Mühe,
keinen Unsinn zu schreiben“ setzte sich
der Erlangener erst einmal gehörig unter
Druck. „Öffentliches Schreiben verlangt
nach meinem Anspruch mehr Reflexion
als eine nur für mich selbst gemachte
Notiz. Man vergewissert sich mehr, ob
das denn auch wirklich so ist, prüft eher
nach, sucht die Quelle noch einmal auf.
Schließlich will man sich ja auch nicht
blamieren.“
Twittern zwingt zum
konzentrierten mitschreiben
Es dürfte niemanden überraschen, dass
Pape natürlich auch Antworten und
Kommentare zu seinen Tweets bekam.
Manchmal (aber selten) sei sogar eine
richtige Twitter-Konversation entstanden.
„Irgendwann begann ich, meine Notizen
auf Konferenzen als Twitter-Tweets zu
schreiben. Das ist mehr Herausforderung
als normales Mitschreiben, schließlich
muss man jede Aussage in wenige Zei-
chen fassen“, berichtete Pape über den
Moment, als er anfing, Twitter als Lern-
werkzeug zu entdecken.
Man müsse sich sehr konzentrieren, um
das Gehörte auf den Punkt zu bringen
und während des Twitterns auch noch
einmal über den Inhalt nachdenken.
„Wie beim Mitschreiben im Studium da-
mals, dachte ich zunächst, zuhören und
kurzgefasst schreiben – beides geht nicht.
Aber mit ein wenig Übung ging es dann
doch.“ Heute falle ihm auf, dass er an
der Menge seiner Tweets während eines
Vortrags ablesen könne, wie viel interes-
santes Neues für ihn dabei gewesen sei.
Es gebe Vorträge, da könne er ohne Un-
terlass Tweets absetzen und andere, da
falle ihm beim besten Willen kein einzi-
ger passender Tweet ein.
Was hat das alles mit Lernen
zu tun?
Twitter kann man laut Pape auch als eine
Art „Zeitung“ für ein bestimmtes Fachge-
biet verstehen - vorausgesetzt man folgt
auch den wichtigsten Experten dieses
„Twitter und Lernen, das passt offenbar
für viele immer noch nicht zusammen“,
wunderte sich Karlheinz Pape, Berater
für Corporate Learning aus Erlangen und
Gründer und Mitglied der Corporate Lear-
ning Community, auf dem „Corporate
Learning Camp 2019“ in Hamburg.
Papes Start in die Welt des Twitterns war
nach eigenen Aussagen ganz entspannt.
Er wollte zuerst einmal nur neugierig
lesen, was andere schreiben. Er hörte sich
um, wem man auf Twitter folgen könnte,
wenn das eigene Interesse sich auf The-
men wie Personalentwicklung und Wis-
sensmanagement beschränkt. „Ich folgte
so zwischen zehn bis 20 Experten meh-
rere Monate lang.“ Da die meisten Twit-
terer nicht täglich schreiben, hatte Pape
Zeit für erste Analysen: „Mir fiel auf, dass
viele Tweets nur kurz ein Thema anrissen
und einen Link zu einem Blog anboten,
wo es weitere Informationen gab.“
Die (damals) nur 140 Zeichen einer Twit-
ter-Botschaft waren gut für eine kurze
Übersicht und andererseits war der Blog
gut für ausführliche Darstellungen. Pape
kam das vor wie Zeitunglesen. „Dort
überfliege ich ja auch erstmal die Über-
schriften, und nur bei einigen Stichwor-
ten bleibe ich hängen und lese den Arti-
kel darunter. Und wie bei einer Zeitung
reicht es oft für die eigene Orientierung,
nur die Überschriften gelesen zu haben.“
Und da die Zeichen beim Twittern be-
schränkt seien, müsse jeder Schreibende
auf den Punkt kommen, quasi den Ex-
trakt liefern, wenn er etwas vermitteln
wolle. Pape: „Das war mir von Anfang
an sympathisch.“ Doch irgendwann mel-
dete sich sein Gerechtigkeitsempfinden:
„Du kannst nicht nur immer nehmen,
du musst auch mal geben. Also wagte
ich meine ersten Tweets. Und plötzlich
Twitter als Lern-Booster
WISSENSMANAGEMENT.
Der Kurznachrichtendienst Twitter gilt laut der legendären
Umfrage der britischen E-Learning-Expertin Jane Hart seit Jahren als eines der besten
Learning Tools. Was macht Twitter so attraktiv für Lerner? Und warum nutzen es dann so
wenige Weiterbildungsinteressierte in Deutschland?
Karlheinz Pape.
Er wirbt für seinen Work-
shop „Twitter als intensives Learning Tool
– ein persönlicher Erfahrungsbericht“.
1...,20,21,22,23,24,25,26,27,28,29 31,32,33,34,35,36,37,38,39,40,...68
Powered by FlippingBook