Wirtschaft und Weiterbildung 5/2019 - page 24

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wirtschaft + weiterbildung
05_2019
titelthema
Wie Zimbardo und Sword geht es den
meisten Autoren des Buches nicht primär
um eine „Ferndiagnose“ der Persönlich-
keit von Donald Trump, sondern um eine
Analyse der Verhaltensmuster, die der
US-Präsident oftmals in beängstigendem
Ausmaß zeigt. Schon früh während des
Wahlkampfs sei es nicht sein Ziel gewe-
sen, eine Diagnose zu stellen, sondern
die Menschen auf die Gefahren und mit
extremem Narzissmus verbundenen Ver-
haltensweisen aufmerksam zu machen,
schreiben Zimbardo und Sword.
Es geht „nur“ um Verhalten –
nicht um die Persönlichkeit
Dazu gehöre eine extrem herablassende
Haltung, grobe Übertreibungen (Lügen),
tyrannisches und schikanöses Verhalten,
Eifersucht, ein fragiles Selbstwertgefühl,
fehlende Empathie und die Neigung, die
Welt unter dem Blickwinkel „Wir gegen
die anderen“ zu sehen. Dabei sei Trump
nicht nur ein extremer Narzisst, sondern
auch ein extremer Gegenwarts-Hedonist.
Diese Menschen lebten ganz im gegen-
wärtigen Augenblick und verschwende-
ten keinen Gedanken an die Konsequen-
zen ihrer Handlungen. Sie sagten alles,
was ihr Ego aufpumpt. Auf einen impulsi-
ven Gedanken folge eine impulsive Hand-
lung und wenn die Person mit den Kon-
sequenzen konfrontiert werde, schalte sie
auf stur.
Hat sie auch noch eine Machtposition,
dann würden die anderen alles tun, um
die impulsive Handlung zu leugnen oder
der Person Rückdeckung zu geben. Bei
Trump entfessele ein impulsiver Gedan-
ken eine Flut von Tweets, die andere
dann wiederum anspornen, seine ge-
dankenlosen Aktionen in die Realität
umzusetzen. Beispiel sei sein wahnwit-
ziger Tweet, wonach Obama während des
Wahlprozesses seine Telefone abgehört
haben soll. Das führte dazu, dass sein
Stab alles daransetzte, irgendwelche Be-
weise dafür zu finden, die diese falsche
und verleumderische Behauptung real
werden lassen sollen. Längst gibt es zahl-
reiche Situationen, in denen Trump oder
seine Berater behaupteten, er habe eine
Aussage nicht gemacht - während Jour-
nalisten diese aufgezeichnet hatten oder
es einen entsprechenden Tweet gab. Ver-
brämt wird die Strategie mit dem Begriff
„alternative Fakten“. Schon seit 2011 war
Trump einer der lautstärksten Wortführer
der Verschwörungstheorie, dass Barack
Obama kein gebürtiger US-Staatsbürger
sei, schreibt die Psychiaterin Luba Kess-
ler, ein Argument, dass vom landesweiten
politischen Rechtsaußenrand vertreten
wurde. Diese erste sichtbare politische
Unwahrheit habe eine Perversion des po-
litischen Diskurses eingeleitet, die letzt-
lich zu seiner Wahl führte, so die Psych-
iaterin.
Warum können sich Lügen
so lange halten?
Warum fasste diese Unwahrheit Fuß?
Kessler verweist auf die „Vorurteile einer
angeborenen und eingewurzelten Art von
Stereotypisierung“ in der amerikanischen
Gesellschaft, verbunden mit der „sorgen-
vollen Beschäftigung mit Andersheit“, die
im Zeitalter des Terrorismus und massi-
ver globaler Migration geschürt wird. Die
Trumpsche Weltsicht stelle einen zermür-
„Ein einzelner Mensch kann tatsächlich
Einfluss auf die Entstehung einer populis-
tischen Strömung innerhalb einer ganzen
Nation haben“, behaupten der emeritierte
Stanford-Professor Philip Zimbardo und
seine Co-Autorin Rosemary Sword. Und
nirgends ließe sich das besser beobachten
als beim Trump-Effekt.
Innerhalb kurzer Zeit hätten sich Trumps
menschenverachtende Verhaltensweisen
auch in andere Lebensbereiche einge-
schlichen bis zum Mobbing durch Er-
wachsene aus religiösen und rassistischen
Gründen. Es seien zum Beispiel deutlich
mehr jüdische Friedhöfe geschändet und
mehr Moscheen niedergebrannt worden.
Kinder von Immigranten und Studenten
mit Migrationshintergrund hätten ständig
Angst - immerhin ein Drittel aller Schüler
in den USA haben Eltern, die in einem
anderen Land geboren sind.
Auf der anderen Seite gab es aber auch
Kinder, die den Namen Trump nutzten,
um ihre Mitschüler zu verhöhnen und gar
zu bedrohen. Dabei spiegelte das Verhal-
ten der Kinder natürlich auch den Um-
gangston, den sie von zu Hause kannten,
wider. So zeigt die Statistik laut Swort,
dass ein kleiner, aber aktiver Teil der Be-
völkerung sich mehr herausnehme als
sonst und immer mehr Gefallen an Hass-
verbrechen finde. „Sie werden immer
dreister, weil sie glauben, sich Trumps
Zustimmung zu den Vergehen rechts-
extremer oder antisemitischer Gruppen
ganz und gar sicher sein zu können“,
schreiben die Autoren. Dass Trump die
Angriffe auf Muslime nicht verurteile, sei
für die Täter ein weiteres Zeichen dafür,
dass der „oberste Mann im Staat ihr bös-
artiges Verhalten billigt“.
Trumps Verhaltensmuster
begünstigen Populismus
POPULISMUS/USA.
In ihrem Buch „Wie gefährlich ist Donald Trump“ analysieren die
Autoren die Verhaltensmuster des Machtmenschen Trump und deren Auswirkungen auf
Gesellschaft und Politik. Ungezügelte Selbstbezogenheit und radikale Rücksichtslosigkeit
begünstigen einen populistischen und letztlich autokratischen Politikstil.
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